AssCompact suche
Home
Assekuranz
11. Juni 2014
Neuerliche Diskussion um Pflichtversicherung gegen Naturgefahren

Neuerliche Diskussion um Pflichtversicherung gegen Naturgefahren

Die heftigen Gewitter und Regenfälle der vergangenen Nächte rufen erneut in Erinnerung, welches Ausmaß Schäden durch Naturereignisse annehmen können. Dementsprechend geht auch die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Naturgefahren weiter. Erst vor wenigen Tagen hatte die Naturgefahrenkonferenz der deutschen Versicherer in Berlin zu diesem Thema getagt.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat seine kritische Haltung zu einer möglichen Pflichtversicherung gegen Naturgefahren aufrechterhalten. Im Rahmen der Naturgefahrenkonferenz der deutschen Versicherer am 03.06.2014 in Berlin forderte GDV-Präsident Alexander Erdland, anstelle einer solchen die Bevölkerung mithilfe breit angelegter Informationskampagnen stärker zu sensibilisieren. Im Februar hatte sich bereits das EU-Parlament gegen die Einführung einer europaweiten Pflichtversicherung ausgesprochen. Ende Juni wird sich die deutsche Justizministerkonferenz erneut mit dem Thema beschäftigen.

Um möglichst viele Menschen aktiv auf ihre individuelle Risikosituation aufmerksam zu machen, fordert der GDV neben einer Informationskampagne ein gemeinsam mit Bund und Ländern, Verbraucherschützern und der Wasserwirtschaft betriebenes Naturgefahrenportal. Denn „die eigene Betroffenheit durch Überschwemmungen unterschätzen die Menschen meist“, unterstrich Erdland die Position des GDV. Das betreffe vor allem diejenigen, die fernab eines Flusses wohnten, wenngleich bei der letzten Hochwasserkatastrophe anhaltender Starkregen die meisten Schäden verursacht habe. Daraus resultierend betrafen etwa 85% der Schäden weitab von Flüssen entfernte Gebiete. Eine aktuelle Studie zur Klimaforschung zeigt, dass das Hochwasserrisiko weiter steigen wird. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte es dreimal so viele Schadenereignisse geben wie in der Vergangenheit.

Daher gelte das Argument nicht, die Versicherer würden im Hinblick auf Naturgefahrenrisiken nicht zeichnen bzw. eine positive Risikoselektion vornehmen, führte Erdland weiter aus. Für die meisten Gebäude würde Versicherungsschutz für Überschwemmungen angeboten, aber nur etwa jedes dritte Haus sei dagegen abgesichert. Weil also offensichtlich ein Mangel an Nachfrage herrscht, biete eine Pflichtversicherung nicht die richtige Lösung. Die Erfahrungen aus Großbritannien mit der Installation einer solchen zeigten, dass die Anreize für Eigenschutz und Prävention staatlicherseits wie auch individuell verloren gehen, wenn der Ersatz jedes Schadens sichergestellt ist.

Dann würden die Schäden zunehmen und damit die Versicherungsbeiträge steigen. Eine Pflichtversicherung böte auch einen Freifahrtschein, das Bauen in hochwassergefährdeten Gebieten fortzusetzen. Schließlich würden die Steuerzahler durch eine Pflichtversicherung nicht entlastet, denn die Mittel aus staatlichen Hilfspaketen flössen zum Großteil in die Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur, die aber traditionell nicht versichert werde.

„Der beste Schutz der Menschen sind Prävention und Versicherung zusammen“, fasste der GDV-Präsident sein Statement zusammen. Denn wirtschaftlich betrachtet böte es für alle Beteiligten Vorteile, durch geeignete Schutzmaßnahmen die Folgen einer Katastrophe zu verringern, als nur die Schäden im Nachhinein zu regulieren.

Text: Stefanie Steible, freie Journalistin