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04/2015
28. April 2015
Nur für Nischenplayer: das Haftungsdach bei der Honorar-Anlageberatung

Nur für Nischenplayer: das Haftungsdach bei der Honorar-Anlageberatung

Die Honorarberatung: für Verbraucher und für manche Vermittler ein „babylonisches Sprachgewirr“ an Berufsbezeichnungen. Der Anschluss an ein Haftungsdach im Bereich der Honorar-Anlageberatung verspricht hier nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch umfassende Unterstützung bei dem komplexen Themengebiet der Finanzanlagenberatung. Allerdings sollte dieser Schritt wohlüberlegt sein, denn Mischmodelle sind möglich.

Interview mit Christian Hammer, Geschäftsführer der NFS Netfonds Financial Service GmbH

Lediglich 15 Institute sind Mitte März bei der BaFin im Honorar-Anlageberater-Register eingetragen. Die NFS Netfonds Financial Service GmbH und die GSAM + Spee Asset Management AG sind die beiden einzigen Haftungsdächer im Register. Warum gibt es diese Zurückhaltung?

Der Gesetzgeber schreibt eine organisatorische, personelle und funktionelle Trennung vor, wenn man weiterhin beide Bereiche der Anlageberatung (provisionsgestützte Anlageberatung sowie Honorar-Anlageberatung) anbieten will. Um diesen gesamten Prozess zu trennen bzw. aufzubauen, bindet man natürlich Ressourcen. Klar ist, dass sich das Geschäftsmodell aktuell nicht trägt und auch kurzfristig nicht mit Erträgen zu rechnen ist. Es ist aber eine Investition in die Zukunft. Ein Blick nach Brüssel zeigt, dass wir uns in den nächsten Jahren weiter in diese Richtung entwickeln werden. Die jetzt gesammelten Erfahrungen wollen wir nutzen, um auch zukünftig unsere Stellung als Marktführer zu bewahren.

Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile für einen Honorar-Anlageberater im Haftungsdach gegenüber dem Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO?

Will man sich diesem neuen Bereich widmen, sehe ich als professionelle Lösung nur den Honorar-Anlageberater. Es geht hier nicht um den Namen: Ob Honorar-Anlage- oder Honorar-FINANZanlagenberater spielt für den Endkunden keine Rolle. Die meisten Berater positionieren sich am Ende gegenüber dem Kunden als Honorarberater, auch wenn das fachlich nicht der richtige Terminus ist. Der wesentliche Punkt liegt in dem Umfang der möglichen Beratungsdienstleistung. Hauptaufgabe des Honorar-Anlageberaters ist es, den Kunden in allen Asset-Klassen umfangreich und mit der richtigen Erlaubnis zu beraten. Gerade Kunden, die Zertifikate, Anleihen oder andere komplizierte Produkte im Portfolio haben, benötigen Anlageberatung und Aufklärung. Ein Neukunde bringt ja meist kein Cashkonto mit, sondern ein Portfolio voller Unzufriedenheit. Und hier muss der Berater gewappnet sein und sich nicht über mögliche gesetzliche Überschreitungen seiner Beratungsleistungen Gedanken machen, sondern den Kunden umfangreich beraten und aufklären.

 das Haftungsdach bei der Honorar-Anlageberatung
Wie viele Berater haben Sie derzeit im Haftungsdach und wie sehen die Planungen hierzu aus?

Wir haben von unseren 280 angebundenen Firmen aktuell neun mit dem Status des Honorar-Anlageberaters. Wir wollen diesen Bereich weiter ausbauen und auch hier organisch wachsen. Wir bauen unser Netzwerk durch bestehende Kontakte aus und waren in diesem Jahr auch erstmalig auf dem Kongress für Honorarberater mit einem eigenen Stand vertreten. In puncto Technik schaffen wir ideale Voraussetzungen für unsere Partner. Unser „Beratungskreislauf“ wird gerade angepasst. Vorteil ist, dass dieser auch vom Honorar-Anlageberater genutzt werden kann. Im Detail bieten wir eine Rahmenvereinbarung, Analysebogen, Honorarvereinbarungen, Beratungsprotokolle und die Kundenerstinformation. Damit kann der Beratungsprozess schlank und sicher über die Plattform abgewickelt werden. Last, but not least stellen wir dem Berater auch einen Inkassoservice zur Verfügung.

Sie befürworten eine Art Honorarberaterkammer. Was hätte das für Vorteile?

Startschuss der Honorarberatung war August 2014. Was wir nun vorfinden, ist ein Wildwuchs von Konzepten. Endkundenumfragen haben ergeben, dass ein Kunde nur sehr selten bereit ist, seine Beratung per Stundenhonorar zu bezahlen. Uns beschäftigen insbesondere zwei Themen, die in Sachen Honorarberatung dringend notwendig sind: eine klare Qualifizierungsoffensive und eine Honorargebührenverordnung.

Es muss einen klar definierten Ausbildungsstand für jeden Honorarberater geben. Das könnte zum Beispiel durch den Financial Planner oder auch ein Studium mit spezieller Fachrichtung gewährleistet werden. Es muss aber eine Zulassungsvoraussetzung geben, um in diesen Berufsverband aufgenommen zu werden, damit die Qualität der Beratung hoch ist.

Weiter ist ein einheitliches Pricing wichtig. Nur so kann ein Preisverfall verhindert werden und die „Honorarberater“ können das Geld verdienen, das sie für einen ordentlichen Geschäftsbetrieb, ihre Weiterbildung, Mitarbeiter etc. benötigen. In diesem Bereich gibt es bereits zwei gute Vorbilder: die Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und die Rechtsanwälte. Hier gibt es diese Verordnungen. Jedem ist klar, in welcher Preisspanne sich eine Bilanz­erstellung oder ein Gerichtsprozess bewegen wird. Wenn wir hier auch gesetzlich verankerte Bestandteile beispielsweise einer Vermögensbilanz oder Ähnliches schaffen könnten, wäre das sehr hilfreich.

Was empfehlen Sie 34f-Beratern?

Der Weg von der provisionsgestützten Beratung in die Honorarberatung ist eine extreme Umstellung des Geschäftsmodells. Unsere Empfehlung geht eigentlich in den Bereich der Mischmodelle. 34f-Berater dürfen durchaus Honorare in Form einer Servicegebühr nehmen. Bestandsprovision sowie Transaktionskosten (zum Beispiel Agio) werden direkt als Kaufkosten berücksichtigt und haben dadurch einen starken steuerlichen Vorteil, der sich auf Berater- wie auch auf Endkundenseite niederschlägt. Alle Berater legen ihre Zuwendungen mittlerweile offen. Der 34f-Berater kann seine Vergütungsstruktur vom kompletten Kick-back mit Serviceentgelten bis hin zur vollkommenen Provisionsberatung breit fächern. Somit ist die Möglichkeit des 34f aktuell größer, den Kundenwunsch zu treffen. Den Schritt zum 34h sehe ich aktuell nur für die Überzeugungstäter, die auf der Welle der Verbraucherschützer und Presse den Berufsstatus ausbauen und leben wollen. Es ist meiner Meinung nach der beschwerlichere Weg. Man kann sich aber als aktueller Nischenplayer durchaus sehr gut in diesem Markt positionieren. Wir kennen 34h-Berater, die dies bereits erfolgreich geschafft haben.

Ihr Blick in Sachen Honorarberatung in die Zukunft?

Am 3. März dieses Jahres fand der Kongress der Honorarberater statt. Dort war der Verbraucherschutz in den Diskussionsrunden stark vertreten. Es wurde immer von dem Berater (Honorarberater) und dem Verkäufer gesprochen. Ich glaube, dass wir uns mit diesem Begriff des Verkäufers in einer alten Welt befinden, die es heutzutage so nicht mehr geben sollte. Die beiden Bereiche werden immer mehr zusammenwachsen. Aktuell sind im Vermittlerregister 65 34h-Berater und bei der BaFin 15 Finanzdienstleistungsinstitute eingetragen. Die Hoffnung ist, dass durch weiter wachsende Qualität der Berufsstatus des Honorarberaters an Ansehen gewinnt und sich etabliert. Die Honorarberaterkammer wäre ein guter Schritt, um das Vertrauen in dieses Segment weiter auszubauen. Wir werden den 34h-Berater weiterhin über Abrechnungsprozesse für die Honorare, effiziente Beratungstools und Schnittstellen zu Financial-Planning-Systemen unterstützen, damit er seine Qualität am Kunden erhöhen kann.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2015, Seite 116f.

 
Ein Artikel von
Christian Hammer