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24. Juli 2018
PKV kämpft mit Versichertenentlastungsgesetz und Treuhänderstreit

PKV kämpft mit Versichertenentlastungsgesetz und Treuhänderstreit

Die Situation in der privaten Krankenversicherung stellt sich laut Assekurata aus vielerlei Gründen nicht ganz so rosig dar. So konnten kaum Versicherte hinzugewonnen werden und auch das Versichertenentlastungsgesetz dürfte sich eher negativ auf das Neugeschäft in der PKV-Vollversicherung auswirken. Zudem sorgt der Treuhänderstreit für Verunsicherung.

In ihrem Marktausblick zur Versicherungswirtschaft 2018/2019 nimmt die Assekuranz Rating-Agentur Assekurata auch die momentane Lage der privaten Krankenversicherung unter die Lupe. Demnach hat sich in der Zusatzversicherung die Zuwachsrate leicht verbessert, ebenso im Beihilfesegment der Vollversicherung. Bei den Normalversicherten sieht es in der Vollversicherung jedoch anders aus. Hier musste Bestandsabrieb hingenommen werden, der sich auch in der Zukunft noch fortsetzen könne. Denn der Gesetzgeber habe mit dem Versichertenentlastungsgesetz die Wettbewerbsposition der Vollversicherung weiter geschwächt. In erster Linie nennt Assekurata hier die Halbierung des Mindestbeitrags zur GKV für Selbstständige und Freiberufler auf 171 Euro. Dadurch wird die GKV zum 01.01.2019 für den betroffenen Personenkreis deutlich günstiger und damit ein Verbleib im gesetzlichen System attraktiver. Im Umkehrschluss verringert sich das Neugeschäftspotenzial gerade für diejenigen PKV-Unternehmen, die ihren Fokus bisher stark auf diese Zielgruppe gerichtet hatten. Darüber hinaus dürfte die geplante Rückkehr zur paritätischen Finanzierung auch die Wechselbereitschaft der freiwillig gesetzlich versicherten Angestellten nicht unbedingt erhöhen, so Assekurata.

„Hamburger Modell“ keine Gefahr für PKV-Neugeschäft

Nur wenig Gefahr für das PKV-Neugeschäft sieht die Ratingagentur dagegen im Hinblick auf das sogenannte „Hamburger Modell“. Zwar bezuschusst die Stadt Hamburg ab August 2018 die Hälfte der Beiträge für Beamte in der GKV, allerdings stehen die anderen Bundesländer diesem Vorhaben, nicht zuletzt aufgrund der befürchteten Mehrkosten, bisher mehrheitlich skeptisch gegenüber. Auch die Beamten selbst legen laut Assekurata eine eher ablehnende Haltung an den Tag. „Wie wir im Rahmen unserer turnusmäßigen Kundenbefragungen ermitteln konnten, würden im Schnitt nur 12% der Beihilfeempfänger bei einer entsprechenden Wahlmöglichkeit einen Wechsel in die GKV anstreben. Drei Viertel hingegen lehnen einen solchen Schritt ab“, konstatiert Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata.

Wie rechtmäßig sind Beitragsanpassungen?

In Sachen Beitragsanpassungen konstatiert Assekurata im Gegensatz zum Vorjahr eine „relativ geräuschlose“ 2018-er-Anpassung, die „ziemlich genau dem langjährigen Assekurata-Durchschnitt“ entsprochen habe. In diesem Zusammenhang weist die Ratingagentur aber darauf hin, dass mittlerweile erste Gesellschaften überlegen, den Treuhänder nicht mehr bei der freiwilligen Überprüfung der Erstkalkulation einzusetzen. Dies sei eine Reaktion auf die Verunsicherung die im Nachgang der Beitragsanpassungen 2017 entstanden sei: Zum Jahreswechsel 2017 hatten viele Krankenversicherer die Beiträge in den von einer Anpassung betroffenen Tarifen zum Teil deutlich hatten erhöhen müssen. Mittlerweile zweifeln einige Versicherte jedoch an der Rechtmäßigkeit von durchgeführten Beitragsanpassungen und in diesem Zusammenhang an der Unabhängigkeit der Treuhänder. Diese war nach Auffassung der Gerichte im Fall von AXA und DKV nicht gegeben, sodass bestimmte Beitragsanpassungen für unwirksam erklärt wurden.

Externe Überprüfung der Erstkalkulation ist geboten

Assekurata hält jedoch eine externe Überprüfung auch der Erstkalkulation ausdrücklich für geboten. Diese sei nicht nur aus Sicht der Versicherten wünschenswert, sondern könne auch den Krankenversicherer vor möglichen Fehleinschätzungen bei den Rechnungsgrundlagen und damit vor unangenehmen Folgen bewahren. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen sei daher besondere Sorgfalt bei den Verantwortlichen gefragt. (ad)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Oliver Kürschgen am 24. Juli 2018 - 10:16

"Darüber hinaus dürfte die geplante Rückkehr zur paritätischen Finanzierung auch die Wechselbereitschaft der freiwillig gesetzlich versicherten Angestellten nicht unbedingt erhöhen,..."

Dies leuchtet mir nicht ein. Vielmehr erhöht sich doch durch die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der maximale Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung. Dies ist ein finanzieller Anreiz als Angesteller mit einem Einkommen über JAEG in die PKV zu wechseln.