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Krankenversicherung
30. Mai 2018
PKV: Makler bleiben wichtige Ansprechpartner der Kunden

PKV: Makler bleiben wichtige Ansprechpartner der Kunden

Die politischen Querelen rund um die PKV sind zu Ende. Nun gilt es für die PKV-Versicherer wieder nach vorne zu schauen. Am Markt warten neue Wettbewerber, dies treibt die Einführung innovativer, digitaler Services voran. Interview mit Dr. Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen.

Herr Dr. Eurich, mit welchen Hoffnungen und Ängsten sehen Sie der Arbeit der neuen Bundesregierung entgegen?

Ich sehe der Arbeit der neuen Bundesregierung mit großen Hoffnungen entgegen. Der Koalitionsvertrag beinhaltet zunächst keine weiteren Einschränkungen für die PKV. Die vereinbarten Regelungen zu den Themen Pflege, paritätische Finanzierung der Kassenbeiträge sowie zu vermeintlichen Benachteiligungen von Kassenpatienten bei der Terminvergabe erscheinen vernünftig. Jens Spahn, der neue christdemokratische Gesundheitsminister, will diese drängenden Probleme bis zum Sommer angehen. Das unterstrich er zuletzt in einem Interview in der WELT Ende März. Drängend ist das Problem zur Verbesserung der Lage der Pflegekräfte in Deutschland. Ein ganz wichtiger Schritt ist hier die Schaffung von 8.000 zusätzlichen Stellen. Aber das kann nur ein erster Schritt sein. Wir brauchen hier dringend eine Lösung, die weit über das geplante hinausgeht. Ich denke, hier auch über Verstärkung aus EU-Ländern nachzudenken, ist wichtig. Auch, dass Herr Spahn keine fruchtlosen Systemdebatten in puncto „Zwei-Klassen-Medizin“ führen, sondern konkrete Verbesserungen herbeiführen möchte, ist gut. Die Einheitsversicherung stellt für ihn offensichtlich keine Lösung dar. Mit der paritätischen Finanzierung möchte die Regierung eine Beitrags­entlastung der Solidargemeinschaft herbeiführen. Alles in allem also nichts Nachteiliges für die PKV.

Wird es aber mittelfristig nicht doch zu deutlichen Veränderungen für die PKV kommen?

Die PKV ist bereit, sich weiterzuentwickeln und einzubringen, um das hervorragende Gesundheitssystem noch weiter zu verbessern. Daran arbeitet die Branche mit viel Engagement und hat auch schon entsprechende Lösungsvorschläge unterbreitet. Eine modernisierte und den Realitäten entsprechende Gebührenordnung für Ärzte ist in der Diskussion weit fortgeschritten. Auch für das Thema Beitragserhöhungen wurden Lösungsvorschläge entwickelt, die bisher auf politischer Ebene aber leider nicht umsetzbar waren.

Was auch immer passiert, die Kunden dürften verunsichert sein, gerade was die Prämiensteigerungen in der PKV angeht. Was sagen die PKV-Versicherer ihren Kunden?

In der Langzeitbetrachtung haben sich die Beiträge von GKV und PKV in etwa gleich entwickelt. Aber wir haben der Politik Vorschläge unterbreitet, wie man Beitragserhöhungen sozial verträglicher umsetzen könnte. Wir klären unsere Kunden darüber auf, dass jede Versichertengeneration in der PKV Verantwortung trägt und warum es zu Beitragserhöhungen kommt.

Haben sich Versicherungsmakler Ihrer Einschätzung nach eigentlich mit weniger PKV-Geschäft „abgefunden“?

Unsere Versicherungsmakler vermitteln nach wie vor Vollversicherungsgeschäft, obwohl die Bedingungen, den Einstieg in eine private Krankenversicherung zu nehmen, in den letzten Jahren herausfordernder geworden sind. Die Makler bleiben aber wichtige Ansprechpartner der Kunden in Fragen rund um ihre Krankenversicherung.

Können in diesem herausfordernden Umfeld Zusatzversicherungen und die betriebliche Krankenversicherung die Situation tatsächlich auffangen?

Ich erzähle Ihnen nichts Neues, wenn ich behaupte, dass das schwierig ist. Sicher, das Geschäftsfeld der betrieblichen Krankenversicherung ist ein zukunftsträchtiges. Aber auch hier hat die Politik mit der Streichung der steuerlichen Erleichterungen nach meinem Dafürhalten völlig falsche Signale gesendet. Wir beobachten einen steigenden Mangel an Fachkräften. Die betriebliche Krankenversicherung ist ein gutes personalpolitisches Instrument, mal abgesehen von der Option einer verbesserten medizinischen Versorgung für Arbeitnehmer, die sich eine Zusatzversicherung vielleicht sonst nicht erlauben könnten bzw. sie vielleicht auch gar nicht erhalten würden. Darüber hinaus sind Zusatzversicherungen nach wie vor ein wachsendes Geschäftsfeld.

Es geht bei den Versicherern aber nicht nur um das Neugeschäft, sondern auch um die Kosten. Dabei spielen nicht nur die Leistungsausgaben eine Rolle, sondern auch die Transaktionskosten. Wie wollen Sie diese in den Griff bekommen?

Ich glaube, alle in unserer Branche sind bestrebt, ihre Kostenstruktur zu optimieren. Eine Maßnahme ist die Digitalisierung der Prozesse, um die Transaktionskosten zu senken.

Haben Ihnen hier die neuen Wettbewerber aus dem Internet so manches voraus?

Ich begrüße die Vielfalt des Marktes sehr, denn so wird der Wettbewerb angeregt und die Unternehmen sind gefordert, ihre Prozesse zu hinterfragen und zu verbessern. Wir haben unsere Strukturen insgesamt deutlich verbessert, die Prozesse verschlankt und bieten verbesserte Lösungen hinsichtlich unserer digitalen Angebote und Services an. Wir sind einer der ersten Versicherer gewesen, die sich intensiv mit dem Thema Telemedizin beschäftigt haben. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg und gehen insbesondere mit der Teilnahme an dem Pilotprojekt „Fernbehandlung“ in Baden-Württemberg völlig neue Wege. Die neuen Wettbewerber sind sicherlich kostenmäßig schlanker aufgestellt. Aber sie müssen zunächst auch beweisen, dass sie sich im Markt halten können. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Leistungsausgaben entwickeln und wie sich die Unternehmen dann aufstellen werden. Der Kunde wünscht – gerade was seine Gesundheit betrifft – persönlichen Kontakt. Das lässt sich nicht alles nur online regeln. Hier sind empathische und gut ausgebildete Mitarbeiter gefragt, die ein offenes Ohr für die Versicherten haben. Klar ist aber, dass das veränderte Wettbewerbsumfeld für uns ein Ansporn ist, noch besser zu werden.

Die PKV-Versicherer zeigen sich ja mittlerweile mit neuen digitalen Services selbst innovativ. Ein Beispiel ist die angesprochene Telemedizin. Entscheidet sich an dieser Stelle künftig der Erfolg eines Versicherers?

Ja, ich glaube, dieses Thema wird uns zukünftig beschäftigen. Versicherungen bleiben nur wettbewerbsfähig, wenn sie sich neuen Behandlungsansätzen gegenüber öffnen, und die Telemedizin gehört ganz klar dazu.

Gerade im Gesundheitsbereich scheint es viele neue Gründerideen zu geben. Welche weiteren neuen Entwicklungen liegen hier im Trend?

Ich denke, hier stehen wir noch am Anfang. Alles bzw. vieles ist möglich, sowohl in der Pflege als auch in der Medizin generell. Bereits heute gibt es eine ganze Reihe telemedizinischer Möglichkeiten. Auch die Barmenia setzt hier schon einiges ein. Wir arbeiten beispielsweise mit „mySugr“ zusammen, ein besonderer Service für unsere Diabetes-Patienten. Ich kann mir gut vorstellen, dass es hier noch viel weiter gehen wird, insbesondere auch im Hinblick auf chronisch kranke Patienten oder auch im Bereich der Prävention.

Lässt sich denn aus diesen Entwicklungen heraus auch ein Mehrwert für Vermittler generieren?

Ja, auf jeden Fall. Unsere Versicherten sind durchaus aufgeschlossen, wenn solche Lösungen ihre Lebensqualität verbessern bzw. ihren Alltag erleichtern.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2018, Seite 48 f.

 
Ein Artikel von
Dr. Andreas Eurich