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4. Juli 2017
Renteninvestments in Zeiten negativer Zinsen

Renteninvestments in Zeiten negativer Zinsen

Steigende Zinsen, wie etwa die derzeit viel beschworene Zinswende in den USA, stellen Renteninvestoren vor große Herausforderungen. Offene Investmentansätze, die sich den Marktgegebenheiten anpassen können, sind daher gefragter denn je, sagen Klaus Spöri und Wolfgang Pesl, Portfoliomanager bei der FRANKFURT-TRUST Investment-GmbH.

Die expansive Geldpolitik der Zentralbanken hat Renteninvestoren in den letzten Jahren ein historisches Tief bei den Zinsen beschert. Damit einher gingen Kursgewinne für die Papiere im Bestand. Gleichzeitig steht die viel beschworene Zinswende nun vor der Tür, zumindest in den USA, wo bis zum Ende des Jahres nach den ersten Schritten im Dezember und März weitere Zinserhöhungen erwartet werden. Hierdurch kamen längere Laufzeiten unter Druck. Negativzinsen bei Geldmarktinvestments auf der einen Seite bzw. Kursverluste aufgrund steigender Zinsen auf der anderen stellen Anleger vor ein Dilemma, das mit konventionellen Rentenfonds nicht mehr zu lösen ist.

Renteninvestments in Zeiten negativer Zinsen

Beruhigt einschlafen

Konservative Renteninvestoren begnügen sich zwar mit einer etwas höheren Rendite als bei einer Geldmarktanlage, sind aber nicht bereit, größere Verlustrisiken in Kauf zu nehmen. Für diese Zielgruppe ist ein defensives, flexibles Rentenkonzept gefragt, das ein absolutes Ertragsziel verfolgt und nach Kosten mindestens eine „schwarze Null“ innerhalb eines Kalenderjahres erreicht. Um das Risiko zu reduzieren und Verluste möglichst zu vermeiden, sollte die Volatilität zusätzlich eingeschränkt werden. Solche defensiven Rentenfonds sind aber weder dazu konzipiert, Kapital kurzfristig zu parken, noch dazu, schnell hohe Gewinne zu erzielen. Dafür lassen sie den Anleger aber ruhig schlafen.

Um diese Ziele zu erreichen, benötigt ein Fonds einen relativ offenen Investmentansatz, der sich den Marktgegebenheiten anpassen kann. Ein kontrollierter Einsatz von „Risikoanlagen“ als Beimischung zu einem breit diversifizierten Portfolio aus Euro-denominierten Staatsanleihen, internationalen Pfandbriefen und Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating ist der Schlüssel für den Anlageerfolg. Dies bedeutet, dass je nach Marktlage auch konservative Fondskonzepte von den höheren Renditen bei Anleihen aus dem High-Yield-Segment oder den Emerging-Markets profitieren können. Zusätzlich dienen Fremdwährungsengagements dazu, die Rendite opportunistisch zu steigern.

Generell gilt, dass jeder Beimischung von Risikoanlagen ein Volatilitäts- bzw. Risikobeitrag zugeteilt ist. Bei voller Ausschöpfung der Fremdwährungsquote sollten zum Beispiel andere risikoreiche Segmente wie High Yield Bonds reduziert werden bzw. nicht im Bestand sein. Neben der Gewichtung der unterschiedlichen Anlageklassen ist das Durationsmanagement ein wesentlicher Faktor zur Steuerung eines Portfolios. Der Rentenfonds muss in der Lage sein, eine negative Duration zu haben, um auch bei steigenden Zinsen einen positiven Ertrag zu generieren. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Derivate für die Steuerung der Duration bzw. als Absicherungsinstrumente einzusetzen. Stresstests zeigen auf, wie Investments im Falle plötzlicher Zinsänderungen reagieren – den gefürchteten Übernacht-Ereignissen. Die links stehende Grafik zeigt das Ergebnis eines solchen Szenarios für einen Publikumsfonds von FRANKFURT-TRUST, der sich dieser Thematik angenommen hat, im Vergleich zu einem breiten Rentenindex mit kurz- bis mittellaufenden Anleihen.

Unternehmensanleihen unverzichtbar

Aufgrund des Niedrigzinsumfeldes und der Jagd der Anleger nach Rendite werfen Unternehmensanleihen trotz des Risikos des Ausfalls bei Unternehmensinsolvenz relativ attraktive Renditen ab. Unsere Einschätzung zu diesem Rentensegment ist weiterhin positiv. Zum einen wird diese Meinung durch das leichte Wachstum der globalen Volkswirtschaft gestützt. Zum anderen vermindert das Kauf­programm der EZB das Risiko einer Ausweitung des Risikoaufschlages bei Unternehmensanleihen. Eine wesentliche Rolle spielt aufgrund des asymmetrischen Risiko-Ertragsprofils die Emittentenselektion. Im Rentensegment ist die Vermeidung von negativen Kreditereignissen der Schlüssel für ein erfolgreiches Investment. Speziell bei High-Yield- und nicht-­gerateten Anleihen ist dies von entscheidender Bedeutung. Ein Schwerpunkt auf Anleihen mit einer kurzen Laufzeit vermindert dieses Risiko erheblich. Zur Renditesteigerung eignen sich als Beimischung auch Nachranganleihen von Emittenten mit guter Bonität und in der Regel kurzen Kündigungsterminen.

Politik als größter Unruheherd

Eine einschneidende Veränderung des derzeitigen Marktumfeldes zeichnet sich momentan nicht ab. Der Zinspfad der FED dürfte, im Gegensatz zu früheren Zeiten, sowohl flach als auch zeitlich gestreckt sein, und die EZB wird vorerst an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten. Unsicherheiten an den Kapitalmärkten sind auch in 2017 durch politische Ereignisse wie Wahlen oder Regierungskrisen in verschiedenen europäischen Ländern zu erwarten. Einen potenziellen Unruheherd könnte außerdem die zukünftige Politik der USA darstellen. Voraussichtlich werden weitere Banken den negativen Einlagenzins an ihre Kunden in irgendeiner Form weitergeben. Gleichzeitig wird aber die Volatilität an den Rentenmärkten hoch bleiben und immer wieder für Kursverluste bei länger laufenden Anleihen sorgen. In diesem Umfeld bietet ein defensives, flexibles Fonds­konzept eine Alternative für konservative Anleger, welche sich nicht mit einem derzeit negativ verzinsten Geldmarkt zufriedengeben wollen. Auf Kalenderjahressicht muss es schließlich das Ziel sein, in jeder Marktphase einen positiven Ertrag zu generieren. Selbst wenn die Zinsen massiv und nachhaltig steigen sollten.

 
Ein Artikel von
Klaus Spöri
Wolfgang Pesl