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11. April 2018
Run-off: Keine strengeren Regeln für Lebensversicherer in Sicht

Run-off: Keine strengeren Regeln für Lebensversicherer in Sicht

Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, den Run-off der Lebensversicherer stärker zu reglementieren. Dies geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP hervor. Die vom Verkauf der Verträge betroffenen Kunden seien durch die gesetzlichen Anforderungen wie beispielsweise das Inhaberkontrollverfahren ausreichend geschützt. Eine Zustimmung der Kunden erachtet sie daher nicht für nötig. Je nach Evaluationsergebnis des LVRG soll aber die Zinszusatzreserve auf den Prüfstand kommen.

Anfang 2017 hat die BaFin erstmals die Übertragung klassischer Lebensversicherungsbestände auf externe Abwicklungsplattformen zugelassen. Von den 82 Lebensversicherungsunternehmen, die es laut der Bundesregierung derzeit auf dem Markt gibt, lösen heute neun kein Neugeschäft mehr ein. Für die FDP-Bundestagsfraktion gibt die Entwicklung des Run-off offensichtlich Anlass aktiv zu werden, weshalb sie sich mit einer kleinen Anfrage zum Thema Run-off an die Bundesregierung wandte. Diese wiederum sieht wenig Anlass, den Verkauf von Lebensversicherungsbeständen strengeren Regeln zu unterwerfen. Sie vertraut der BaFin, die angibt, dass alle deutschen Lebensversicherer die regulatorischen Anforderungen erfüllen und diese zumindest „mittelfristig“ auch weiterhin erfüllen können.

Fünf Lebensversicherer und ein Bestand wurden gekauft

Die aktuelle Bestandsaufnahme zu Run-off zeigt: Zwischen 2013 und 2017 sind fünf LV-Unternehmen von einer Run-off-Plattform gekauft worden. Ein Bestand wurde auf eine Run-off-Plattform übertragen. Die verdienten Bruttobeträge dieser Bestände machten im Jahr 2016 1,9% der verdienten Bruttobeträge der gesamten Lebensversicherungsbranche aus, wie der Antwort zu entnehmen ist. Prognosen für die weitere Entwicklung der Marktanteile von Run-off-Plattformen hat die Regierung nicht.

Auch deshalb gibt es wahrscheinlich keine Überlegungen zu Gesetzesänderungen dahingehend, dass Lebensversicherer im Run-off kein Neugeschäft mehr zeichnen und keine LV-Tochter gründen dürfen. Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass derlei Verbote in §11 VAG geregelt seien. Demnach ist eine Erlaubnis ausgeschlossen, wenn deutlich wird, dass der Versicherer seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann oder den Belangen der Versicherten nicht ausreichend nachgekommen wird.

Kunden gut abgesichert?

Insgesamt sieht die Bundesregierung die Lebensversicherungskunden gut abgesichert, vor allem durch das Inhaberkontrollverfahren. Dieses startet, wenn eine Run-off-Plattform ein LV-Unternehmen kaufen will. Bestehen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Käufers, daran, dass die Belange der Versicherten gewahrt sind oder dass der Lebensversicherer auch nach dem Verkauf den Aufsichtsanforderungen genügt, kann die Versicherungsaufsicht die Transaktion ablehnen. Sicherheit sieht sie auch darin, dass sowohl die Lebensversicherer nach dem Erwerb, als auch die Run-off-Plattformen weiterhin der Versicherungsaufsicht unterliegen. Außerdem ändere sich für die Kunden der Vertragspartner nicht. Ihre Zustimmung zum Verkauf sei aus diesen Gründen nicht nötig.

Solvency II und neue Richtlinie

Laut BaFin gäbe es keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der Bedingungen auf Kundenseite. Zudem würde Solvency II gewährleisten, dass auch die Run-off-Plattformen genug versicherungstechnische Rückstellungen vorhalten. Eine Änderung von Solvency II, nach der die FDP fragt, könne nur auf europäischer Ebene erfolgen. Derzeit erwägt die Europäische Kommission, eine Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen. Die Bundesregierung positioniert sich dazu momentan nicht.

Regierung sieht mehr Vorteile als Nachteile bei Run-off

Gefragt nach den Vorteilen von Run-off-Plattformen antwortet die Bundesregierung: „Bei entsprechender Größe können Run-off-Plattformen Versicherungsbestände effizient und kostengünstig verwalten, zumal keine Vertriebskosten anfallen. Auch in der Kapitalanlage können sich wegen des fehlenden Neugeschäfts Vorteile ergeben, weil die Bestandsentwicklung und die künftigen Ein- und Auszahlungen genauer prognostiziert werden können.“ Nachteilig könnte sich laut der Regierung auswirken, dass der Betrieb zu teuer wird, wenn das Bestandsvolumen zu klein wird.

Vorschriften zur Zinszusatzreserve kommen auf den Prüfstand

Auf die Frage nach Erleichterungsmaßnahmen für die Lebensversicherungsgesellschaften hält sich die Regierung in ihrer Antwort bedeckt. Das Bundesministerium der Finanzen hat zum 01.01.2018 das LVRG evaluiert. Ein Bericht ist im Laufe des Jahres 2018 zu erwarten. Auf dieser Grundlage will die Bundesregierung dann prüfen, ob die Vorschriften zur Zinszusatzreserve angepasst werden. In ihrer Antwort legt die Regierung die Zuwachsraten gemäß der BaFin offen: Die Zinszusatzreserve ist von 1,5 Mrd Euro im Jahr 2011 auf 59,5 Mrd. Euro 2017 gestiegen. (tos)

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