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Steuern & Recht
18. Juni 2015
Selbstmord oder nicht?

Selbstmord oder nicht?

Hinterbliebene sind gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung nicht beweispflichtig dafür, dass der Tod des Versicherten kein Selbstmord war. Dies hat das Bayerische Landessozialgericht in einer Entscheidung betont.

Im Streitfall verunglückte ein selbstständiger Finanzmakler, der freiwillig gesetzlich versichert war, bei einem Autounfall – ein Frontalzusammenstoß mit einem LKW – tödlich. Da der Verunglückte trotz gerade verlaufender Fahrbahn nach links gelenkt hatte und keine Abbremsung erfolgte, sind Zweifel hinsichtlich eines Unfalls aufgekommen. Zudem gab die Ehefrau an, dass der Verunglückte finanzielle Probleme hatte. Mechanische Defekte an der Lenkung konnten nicht festgestellt werden. Eine Erkrankung des Verunglückten konnte durch eine Obduktion ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte daher das Anerkenntnis als Arbeitsunfall aufgrund eines Selbstmordes des Verunglückten ab. Die Ehefrau des Verunglückten wollte dies nicht hinnehmen und hat Klage eingereicht. Schließlich könne man objektiv nicht klären, ob eine plötzliche Lenkbewegung wegen eines Ausweichmanövers, ein technischer Defekt oder auch ein Sekundenschlaf ursächlich für den Unfall gewesen sei. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin“ Suizid begangen habe.

Frage der Beweislast

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Klage der Ehefrau als zulässig und begründet erachtet. Demnach habe es sich bei dem Unfall um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Der Versicherte habe sich auch auf einem versicherten Betriebsweg befunden. Ein Selbstmord sei nach Ansicht des LSG „nicht mit der gebotenen Sicherheit nachgewiesen“. Weiter betont das Gericht, dass bei einem unklaren oder unklärbaren Sachverhalt der Beklagte die objektive Beweislast trägt, ob der Tod durch Suizid eingetreten ist. Es fehle eine rechtliche Grundlage dafür, dass Hinterbliebene die Beweislast dafür tragen, dass der Tod des Angehörigen kein Selbstmord war (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 04.09.2007, Az.: B 2 U 28/06 R). (kb)

LSG Bayern, Urteil vom 20.01.2015 , Az.: L 3 U 365/14