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02/2015
5. März 2015
Sie brauchen keine neuen Zielgruppen – nehmen Sie die Alten!

Sie brauchen keine neuen Zielgruppen – nehmen Sie die Alten!

Der Kunde der Zukunft ist über 50. Und den hat fast jeder Versicherungsmakler und ­Finanzdienstleister in seinem Bestand. Was nicht heißt, dass er dort für ewig bleibt. Denn die Zielgruppe hat so ihre Besonderheiten.

Zu einer Zeit, als die Menschen bis 65 arbeiteten und mit durchschnittlich 67 Jahren starben, waren die Älteren keine wirklich interessante Kundengruppe. Der Kampf um die Jungen schien erfolgversprechender. Diese Haltung herrscht auch heute noch in vielen Köpfen vor: jung, reich und erfolgreich statt alt, arm und in Rente. Das ist nicht mehr sinnvoll, weil sich das Gewicht der Älteren in den Kundenstrukturen dramatisch vergrößert hat. Ihr Geld- und Konsumverhalten bestimmt die Existenz der Unternehmen in fast allen Branchen. Denn wer sich heute umschaut, wenn er in der Stadt, im Supermarkt oder im Café unterwegs ist, dem werden immer mehr Ältere mit einer Gehhilfe als junge Mütter mit Kinderwagen begegnen. Mittlerweile werden mehr Rollatoren als Bobby-Cars verkauft – die Zahl der älteren Menschen und ihre Lebenserwartung wachsen ungebremst. Während sich die Zahl der Jugendlichen in den letzten 30 Jahren um 8 Millionen verringert hat, wuchs die Zahl der über 50-Jährigen um 12 Millionen.

Die Generation 50plus ist die reichste und einzig wachsende Bevölkerungsgruppe:

  • Pro Tag werden 230 Mio. Euro aus fälligen Lebensversicherungen ausgezahlt, das sind 84 Mrd. Euro pro Jahr (82% der Empfänger sind 60 und älter).
  • Pro Tag werden 685 Mio. Euro vererbt, das sind 250 Mrd. Euro pro Jahr. Das Durchschnittsalter der Erben liegt bei 55 Jahren.
  • Die jährliche Kaufkraft beträgt 720 Mrd. Euro. Jeder zweite Euro, der privat ausgegeben wird, stammt aus dem Portemonnaie der über 50-Jährigen.
  • Sie besitzen 80% der Kundeneinlagen und Depots bei Banken, 50% des verfügbaren Einkommens und 75% aller Vermögenswerte.
  • Wer heute 50-Jährige als Kunden gewinnt, kann – anders als früher – mehr als 30 Jahre gute Geschäfte mit ihnen machen.

Weg mit den (Alten-)Klischees: Tablet statt Wackeldackel!

Es gibt nicht die „Alten“. 56-, 68- und 84-Jährigen ist nur gemeinsam, dass sie in ihren Denk- und Verhaltensmustern heute völlig anders als früher unterwegs sind: Die weitaus meisten entsprechen nicht mehr dem Bild der senilen Greise, die über alte Zeiten reden und eine karge Rente zum Leben haben. Sie sind Menschen, die mitten im Leben stehen und es in vollen Zügen genießen. Mit Inkontinenzprodukten, Stützstrümpfen und Blasentee wollen sie nicht in Verbindung gebracht werden. Sie sind keine unbeholfenen Menschen, denen man über die Straße helfen muss. Sie leben auch nicht auf Kosten anderer – im Gegenteil. Sie unterstützen ihre Kinder und Enkelkinder, greifen jungen Start-ups finanziell unter die Arme, engagieren sich ehrenamtlich oder erfüllen sich den Traum von der Selbstständigkeit oder einem Hochschulstudium. Sie gehen zu Konzerten, ins Kino und zur Kosmetikerin. Sie bleiben ihrer Versicherung nicht mehr aus Tradition treu, steigern per PC, Tablet und Smartphone bei ebay und kaufen – auch Finanzprodukte – mit Begeisterung und kostengünstig online.

Die größte unternehmerische ­Herausforderung

Viele Unternehmen glauben immer noch, dass sie ältere Kunden sicher haben und an ihren Marketing- und Vertriebskonzepten nichts ändern müssen, um sie zu halten und neue zu gewinnen. Irrtum. Treue Kunden? Vergessen Sie’s! Die Realität ist eine andere. Die drastische Veränderung des Altersgefühls und der Lebensstile, andere Werte und höhere Ansprüche haben dazu geführt, dass ältere Kunden heute deutlich anders kaufen als früher und vor allem völlig anders als junge Kunden. Wer sich darauf nicht einstellt, macht schnell viele Fehler. Die älteren Semester wissen um ihre Marktmacht und machen zunehmend Gebrauch davon. Sie sind umfassend informiert, kritisch und extrem sensibel. Sie sind Konsumprofis mit vielen Jahrzehnten Kauferfahrung. Da kann die Verkaufserfahrung vieler jüngerer Vermittler oft nicht mithalten.

Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, müssen Verkäufer für ein altersgerechtes Verhalten sensibilisiert und immer wieder geschult werden. Konzepte, die früher richtig und auf junge Menschen fokussiert waren, ziehen bei den Älteren nicht. Sie hassen Senioren-Konten, -Rabatte, -Versicherungen und -Veranstaltungen. Sie suchen Integration, nicht Ausgrenzung. Sie wollen umworben und überzeugt – nicht überredet – werden. Die „Generationen 50plus“ legen größten Wert auf Respekt und Zuverlässigkeit. Sie haben oft jahrzehntelang einem Unternehmen zu Umsatz und Ertrag verholfen und sie erwarten, dass das gewürdigt wird. „Ich habe genau das Richtige für Menschen in Ihrem Alter“ wird dem nicht gerecht, wenn ein 62-Jähriger sich nach Finanzanlagen erkundigt.

Finanzprodukte sind austauschbar. Wer sich das wirtschaftliche Potenzial der älteren Kunden sichern will, muss mit unkonventionellen Angeboten an den Markt. Beispiel: Schon 2007 begann ein 53-jähriger Bankmitarbeiter, gemeinsam mit Netzwerkpartnern (Ärzte, Rückenschule, Ernährungsberater etc.) ein „Gesundheitsmanagement für über 50-jährige Unternehmer und Manager“ aufzubauen. Für die laufenden Vortrags- und Seminarangebote sowie gesundheitsorientierte Reisen u. v. a. bezahlen die Kunden und sorgen für wirtschaftlichen Erfolg. Viele neue Kunden wurden gewonnen und Stammkunden machen deutlich mehr Umsatz. Die Medien berichten über eine ungewöhnliche Leistung, mit der sich das Unternehmen ein Stück aus der Preis- und Austauschbarkeitsfalle herausentwickelt hat.

Wie die „Alten“ wirklich ticken: Tipps für den Erfolg

Ein vermögender älterer Kunde hat seine 40 Jahre bestehende Geschäftsverbindung zu einem Finanzdienstleister gekündigt, weil er für eine Fotokopie eine Gebühr von 1 Euro bezahlen sollte. Es gibt ältere Menschen, die ein Restaurant nicht betreten, weil auf der Speisekarte der Seniorenteller angeboten wird. Verkäufer müssen sich darauf einstellen, dass ältere Kunden von ihnen Zeit, Zuverlässigkeit und eine umfassende Lösung ihrer Probleme erwarten. Neben der fairen und ehrlichen Beratung sind vermeintliche Kleinigkeiten entscheidend: Ältere lieben es, aufmerksam behandelt und mit Namen begrüßt zu werden. Wenn der Kunde warten muss, sorgen Sie für Unterhaltung – zum Beispiel, indem Sie ihm ein iPad zur Verfügung stellen.

Fazit

Kunden 50plus sind gnadenlos, wenn sie sich schlecht behandelt fühlen. Sie wechseln ihren Versicherungsmakler und ihren Herrenausstatter, ihre Bank und den Supermarkt – auch wenn sie jahrelang Stammkunde waren. Noch ein wichtiger Punkt: Viele ältere Kunden freuen sich über Altersähnlichkeit bei ihren Gesprächspartnern. Die Vertrauensbildung verläuft in der Regel schneller. Der Kunde hat das Gefühl, dass sein Gegenüber ihn und seine Probleme besser versteht. Bei einem gleichaltrigen Berater hat er wesentlich weniger Scheu, die Fragen zu stellen, die ihm wirklich auf den Nägeln brennen. „Das war für mich zuerst auch schwer zu verstehen. Aber so schwierig ist es nicht, ich zeige es Ihnen. Wenn Sie danach noch Fragen haben, können Sie mich jederzeit anrufen und ich helfe Ihnen gerne.“ Es sind sympathische Antworten, das richtige Verständnis und ein zuvorkommender Service, der ältere Kunden an das Unternehmen bindet.