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7. August 2017
Solvenzberichte: Noch Luft nach oben in Sachen Transparenz

Solvenzberichte: Noch Luft nach oben in Sachen Transparenz

Im Rahmen von Solvency II müssen die Versicherer Berichte zu Solvabilität und Finanzlage vorlegen. Ziel ist unter anderem, die Anbieter besser beurteilen und vergleichen zu können. Doch zum einen weichen die Solvenzquoten stark voneinander ab und zum anderen weisen manche Berichte Qualitätsmängel auf, so das Fazit verschiedener Analysen.

Im Zuge der Einführung der Aufsichtsrichtlinie Solvency II sind die Versicherungsunternehmen verpflichtet, Berichte zu ihrer Solvabilität und Finanzlage der Öffentlichkeit vorzulegen. Diese „Solvency and Financial Condition Reports“ (SFCR) haben die Unternehmen erstmals im Mai diesen Jahres veröffentlicht. Für Verbraucher geht es um die Frage, ob die Versicherer über ausreichend Kapital und hinreichendes Risikomanagement verfügen, um Szenarien wie Naturkatastrophen oder längerfristige Finanzmarktkrisen zu überstehen. Gleichzeitig soll die Solvenzquote zur besseren Vergleichbarkeit der Widerstandsfähigkeit der Versicherer dienen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) hat nun die Berichte näher geprüft; der Bund der Versicherten (BdV) und die Rating-Agentur Assekurata haben die Solvenzberichte der Lebensversicherer unter die Lupe genommen.

Anbieter weichen bei Solvenzquoten stark voneinander ab

Die BaFin zeigte sich zufrieden mit dem ersten Durchlauf des SCFR. Ihrer Auswertung zufolge hätten alle Unternehmen die neuen Anforderungen an die Bedeckung erfüllt. So betrage die Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement – SCR) mit Eigenmitteln im Durchschnitt über alle Sparten hinweg rund 330%.

Aufgrund des Niedrigzinses und der Garantieversprechen der Lebensversicherer liegt bei der Analsye aber ein besonderer Augenmerk auf deren Sovlenzquoten. Und da gibt sich etwa der BdV alles andere als zufrieden. In einer Auswertung der Berichte gemeinsam mit dem Analysehaus Zielcke zieht er folgendes Fazit: Nur 16 Unternehmen könnten eine Solvenzquote aufweisen, die als „angemessen“ einzustufen sei – dazu ist eine reine Quote zwischen 100 und 200 notwendig. 23 Versicherer mit einer reinen Solvenzquote von unter 100 müssten über mehr Eigenkapital verfügen, um ohne Übergangsmaßnahmen das Geschäft betreiben zu können.

Dass generell große Unterschiede bei den Solvenzquoten der einzelnen Lebensversicherer bestehen, hat Assekurata im Rahmen ihres aktuellen Marktausblicks festgestellt. Demnach verteilen sich die Quoten im aufsichtsrechtlichen Nachweis zum Stichtag 31.12.2016 von etwas über 100% bis weit über 1.000%. Der arithmetische Durchschnitt basierend auf den Daten von 81 Unternehmen beträgt gut 380%. Ohne Übergangsmaßnahmen verringert sich die Quote um etwa 160 Basispunkte auf gut 220%. Die so genannte „Basis SCR-Quote“ bildet die Bedeckungsquote ohne Übergangsmaßnahmen und auch ohne Volatilitätsanpassung ab. Ihr Durchschnitt beläuft sich auf rund 200%.

Nachbesserungsbedarf in Sachen Transparenz

Ausdrückliches Ziel von Solvency II ist es, mehr Transparenz im Versicherungsbereich zu schaffen. Laut BaFin sollen die Inhalte der Berichte so verfasst und so detailliert sein, dass sich auch Leser, „die nicht speziell mit der Materie vertraut sind“, eine eigene Meinung über das jeweilige Unternehmen bilden können. Doch genau hier scheint es gewaltig zu hapern und dementsprechend gab es nicht nur Rügen von der BaFin, sondern auch Kritik vom BdV. Die BaFin fordert noch detaillierte Angaben und sieht Mängel bei Transparenz und Vergleichbarkeit. Laut BaFin-Exekutivdirektor Dr. Frank Grund werde man gemeinsam mit den Unternehmen daran arbeiten, die Mängel abzustellen.

Nach Einschätzung des BdV hätten lediglich 17 Lebensversicherer einen umfassenden, verständlichen und nachvollziehbaren Solvenzbericht vorgelegt. Auch die Auswertung von Assekurata brachte die sehr unterschiedliche Qualität der Berichte zutage: So zeigten sich große Abweichungen in puncto Aussagekraft, Verständlichkeit, Lesbarkeit und Fehlerfreiheit. Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will merkt in diesem Zusammenhang an: „Laientransparenz wird sich mit den SFCR-Berichten wegen der hohen Komplexität und Informationsvielfalt des neuen Aufsichtsregimes ohnehin kaum herstellen lassen“. Insgesamt werden daher die Forderungen immer lauter, die SFCR-Berichte inhaltlich seitens der BaFin stärker zu reglementieren, um den Grad der Transparenz zu erhöhen. (tk)