Viele der mittelgroßen Fonds in Deutschland bewegen sich laut der aktuellen Studie „Asset-Management: Erfolgsformel gesucht“ der internationalen Managementberatung Bain & Company in ein „Tal des Todes“ hinein. Demnach sind sie zu klein, um mit Effizienz- und Skalenvorteilen im Wettbewerb bestehen zu können und zu groß, um Nischen zu besetzen.
Spezialfonds und Sondervermögen auf dem Vormarsch
Dabei zeigt die Studie auch, dass die Fondsbranche auf ein goldenes Jahrzehnt zurückblickt. Seit 2005 stieg das verwaltete Vermögen in Deutschland im Durchschnitt um 6,5% pro Jahr auf zuletzt rund 2,9 Bio. Euro. Besonders dynamisch entwickelten sich laut der Studie Spezialfonds sowie Sondervermögen. Auch die Bedeutung institutioneller Anleger stieg an. Inzwischen stellen sie 30% der Kunden von Publikumsfonds und vereinen 72% des gesamten verwalteten Vermögens auf sich. In der Studie hat Bain & Company den deutschen Asset-Management-Markt umfassend analysiert.
„In den kommenden Jahren werden insbesondere Kostenführer und Spezialisten Marktanteile im Asset-Management erobern“, betont Dr. Dirk Vater, Partner bei Bain & Company und Co-Autor der Studie. „Das Nachsehen haben dagegen mittelgroße Fondsanbieter ohne klaren Fokus.“
Markt für ETFs verdoppelt sich
In jüngster Zeit flachen die Mittelzuflüsse im Fonds-Markt ab. Gleichzeitig steigt laut der Studie der Marktanteil passiver, niedrigmargiger Produkte. Das Volumen der Exchange Traded Funds (ETFs) hat sich in Deutschland binnen weniger Jahre auf knapp 100 Mrd. Euro verdoppelt. Ihrer durchschnittlichen Kostenquote von 0,35% stehen 1,4% bei Publikumsfonds gegenüber.
Die verschärfte Regulierung und die Digitalisierung stellen die Branche vor Herausforderungen. So wird nach Ansicht der Bain-Experten die Umsetzung der EU-Richtlinie MiFID II die Macht der Vertriebspartner stärken, die Bedeutung passiver Produkte noch einmal steigern und den Kostendruck erhöhen. Der Marktanteil von Robo-Advisors dürfte sich nach Bain-Prognosen bis 2020 verzehn- oder sogar verzwölffachen. Im gleichen Jahr werden schätzungsweise bereits 5% des verwalteten Vermögens automatisiert angelegt.
Regulierung und Digitalisierung: Geschäftsmodell zukunftssicher machen
Um sich auf das veränderte Wettbewerbsumfeld einzustellen, nennt Bain acht Stellhebel, mit denen Asset-Manager ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig machen können:
Vertriebswege sichern und online wie offline ein möglichst breites Spektrum an Vertriebskanälen erschließen
- Plattformen nutzen und Angebote von Dritten integrieren
- Mehrwert generieren und mit Zusatzdienstleistungen die Kundenbindung vertiefen
- Effizienz steigern und die Chancen einer zügigen Digitalisierung nutzen
- Akquisitionen prüfen, um Größenvorteile auszubauen
- Komplexität reduzieren und mit einem optimierten Produktportfolio effizienter werden
- Robo-Advisor integrieren und mit automatisierten Produkten am Wachstum partizipieren, selbst wenn es das eigene Portfolio kannibalisiert
- Digitalisierung vorantreiben und Online-B2C- ebenso wie -B2B-Plattformen nutzen
Wer seine Prozesse und sein gesamtes Portfolio konsequent an den Anforderungen von Solvency II ausrichtet, kann beispielsweise das Geschäft mit Versicherern ausweiten, rät Bain & Company. Der Einsatz von Robo-Advisorn steigert die Produktivität der Berater. Experte Vater ist deshalb überzeugt: „Im Asset-Management eröffnen sich sowohl durch die Digitalisierung als auch durch die verschärfte Regulierung große Chancen.“
Über die Studie
Die Studie „Asset-Management: Erfolgsformel gesucht“ basiert auf einer Langfristanalyse des deutschen Asset-Management-Markts. Sie umfasst die Auswertung von Produkt- und Kundengruppen ebenso wie Margen- und Wettbewerbsvergleiche. Ein besonderes Augenmerk galt dem Einfluss der verschärften Regulierung sowie dem Einsatz digitaler Technologien. In die Studie flossen zudem die Erfahrungen aus Bain-Projekten im Asset-Management in Europa und Nordamerika ein. Dies ermöglichte Aussagen über die weitere Entwicklung des Marktes. (tos)
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