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29. August 2016
Trotz Einnahmeplus: GKV-Zusatzbeiträge steigen weiter

Trotz Einnahmeplus: GKV-Zusatzbeiträge steigen weiter

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung im ersten Halbjahr 2016 unter die Lupe genommen. Demnach verzeichnen die Kassen einen Überschuss von 600 Mio. Euro. Im Vorjahreszeitraum erfassten die gesetzlichen Krankenkassen noch ein Defizit von 492 Mio. Euro. Als Grund für den nun vorliegenden Überschuss nennt die Zeitung die zu Jahresbeginn 2016 erhöhten Zusatzbeiträge. Doch diese können noch weiter steigen.

Der positive Trend der Finanzlage in der GKV geht weiter. Bereits im ersten Quartal 2016 konnten die gesetzlichen Krankenkassen einen Überschuss von 406 Mio. Euro erzielen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) liegt der Überschuss im gesamten ersten Halbjahr 2016 nun bei 600 Mio. Euro. Den größten Überschuss verzeichneten hierbei, wie auch bereits im ersten Quartal 2016 (206 Mio. Euro), mit 316 Mio. Euro die Ersatzkassen. Als Grund für die gute Finanzlage macht die Zeitung unter anderem die erhöhten Zusatzbeiträge seit Jahresanfang aus. Doch diese sorgen für Diskussionen.

Die Möglichkeit der GKV, Zusatzbeiträge von ihren Versicherten zu erheben, wurde am 01.01.2015 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt. Krankenkassen können seitdem einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben. Wie hoch der Zusatzbeitragssatz einer Krankenkasse ausfällt, hängt neben der Höhe ihrer Finanzreserven, die sie zur Senkung ihres Beitragssatzes einsetzen kann, auch davon ab, wie wirtschaftlich die Krankenkasse arbeitet. Damit will der Gesetzgeber den Anreiz erhöhen, im Wettbewerb eine qualitativ hochwertige Versorgung anzubieten und zugleich effizient zu wirtschaften, um so die Zusatzbeiträge möglichst gering zu halten. Eine Übersicht über die von den gesetzlichen Krankenkassen erhobenen Zusatzbeiträge ist auf der Internetseite des Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) hinterlegt.

Steigt durchschnittliche Belastung auf 16%?

Nach FAZ-Angaben rechnet der GKV-Spitzenverband trotz des aktuellen Überschusses im Jahr 2017 mit einem Anstieg der Zusatzbeiträge um bis zu 0,3 Prozentpunkte auf 1,4%. Damit würde die durchschnittliche Belastung des Einkommens auf 16% steigen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hält diese Einschätzung jedoch für übertrieben, schreibt die Zeitung. Auch nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden der Barmer GEK, Christoph Straub, werde der Anstieg für das Jahr 2017 moderater ausfallen, als mancherorts befürchtet. Dies erklärte Straub gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Nach Ansicht von Straub brauche die GKV für das Jahr 2017 nur durchschnittlich 0,1 Prozentpunkte mehr. Gegenüber AssCompact ergänzte Straub: „Trotz der Prognose, dass die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr wohl weniger stark steigen werden, als bisher angenommen, kann von Entwarnung keine Rede sein. In den kommenden Jahren werden insbesondere die finanziellen Auswirkungen neuer Gesetze deutlich gravierender sein, als es heute der Fall ist. Ab dem Jahr 2018 müssen die Mitglieder der Krankenkassen mit spürbaren Mehrbelastungen rechnen.“ Eine düstere Zukunft zeigt auch der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen auf. Seinen Berechnungen zufolge werden die GKV-Ausgaben bis zum Jahr 2020 weiter massiv ansteigen. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einkommensentwicklung und der Ausgabenentwicklung der Krankenkassen kommt Wasem für das Jahr 2020 auf einen Zusatzbeitrag von 2,42%. In der „Best-Case-Variante“ stiege der Zusatzbeitrag auf 2,22% und im „Worst-Case“ sei sogar mit einem Zusatzbeitrag von 2,63% zu rechnen.

Hohe Ausgaben als Herausforderung

Für den GKV-Spitzenverband sind nach wie vor die hohen Ausgaben der Krankenkassen der Grund für die steigenden Zusatzbeiträge. „Die Gesundheitsreformen der letzten Jahre haben sich nicht mit einer wirtschaftlicheren Versorgung der Versicherten beschäftigt, sondern erhöhen die Ausgaben der Krankenkassen und damit auch die Zusatzbeiträge. Das ist besonders ärgerlich, weil die Ausgaben steigen, ohne dass bei der gesundheitlichen Versorgung der Patienten ein großer Schritt nach vorn gemacht wird“, sagt Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes auf der Online-Plattform XING. Im ersten Quartal 2016 lagen die Ausgaben der Krankenkassen bei 55,41 Mrd. Euro. Nach den Zahlen der FAZ beliefen sich die Ausgaben im gesamten ersten Halbjahr auf 110 Mrd. Euro. Und nach Einschätzung des Barmer GEK-Chefs Straub steigen die Ausgaben der GKV „weiter spürbar an“. (kb)