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19. Juni 2013
Trotz fehlender Courtagezusage: Korrespondenzpflicht mit dem Makler

Trotz fehlender Courtagezusage: Korrespondenzpflicht mit dem Makler

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.05.2013, Az.: IV ZR 165/12 den beklagten Versicherer verpflichtet, mit dem vom Versicherungsnehmer umfassend bevollmächtigten Vertreter (Makler) auch dann zu korrespondieren, wenn eine Courtagezusage nicht besteht. Von Rechtsanwältin Michaela Ferling, FERLING | RETSCH RECHTSANWÄLTE, München

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.05.2013, Az.: IV ZR 165/12 den beklagten Versicherer verpflichtet, mit dem vom Versicherungsnehmer umfassend bevollmächtigten Vertreter (Makler) auch dann zu korrespondieren, wenn eine Courtagezusage nicht besteht. Auch ein Auskunftsanspruch soll im Rahmen des dem Versicherungsnehmer zustehenden Auskunftsanspruchs bestehen. Eine Ausnahme soll es nur dann geben, wenn die Korrespondenz dem Versicherer aus besonderen Umständen nicht zugemutet werden kann.

Der Versicherungsnehmer entschloss sich im Jahr 2010, nachdem er zunächst durch einen Ausschließlichkeitsvertreter des beklagten Versicherers betreut wurde, die Betreuung seiner Versicherungsangelegenheiten einem Versicherungsmakler zu übertragen und schloss zu diesem Zweck einen Maklervertrag ab. Der Maklervertrag beinhaltete unter anderem, dass der Makler den Versicherungsnehmer gegenüber dem jeweiligen Versicherer vertreten konnte. Auch das Recht, eine Kündigung auszusprechen, war ebenso umfasst wie die Verpflichtung, die Korrespondenz über den Makler zu führen bzw. dem Makler unverzüglich eine Kopie zu überlassen.

Unter Vorlage der Maklervollmacht kündigte der Makler den bestehenden Haftpflichtvertrag mit dem Versicherer. Der Versicherer bestätigte die Kündigung und wies zugleich darauf hin, dass er weiterhin die Korrespondenz nur mit dem Kunden führen werde. Hintergrund hierfür war, dass der Versicherer seine Produkte nur über die eigene Ausschließlichkeit vertrieb und eine Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern kategorisch ausschließt.

Der strikten Verweigerungshaltung des Versicherers hat der Bundesgerichtshof nun eine Absage erteilt.

In seiner Entscheidung hat das Gericht deutlich gemacht, dass der Versicherer im Rahmen der ihn treffenden vertraglichen Nebenpflichten aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich verpflichtet ist, mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter zu korrespondieren und diesem sogar auf Verlangen Auskunft zu geben, denn der Versicherungsnehmer habe ein berechtigtes Interesse daran, seine Angelegenheiten gegenüber dem Versicherer durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Dies gilt grundsätzlich auch bei Einschaltung eines Versicherungsmaklers, auch wenn dieser mit dem Versicherer keine Courtagezusage unterhält.

Der Versicherer müsse die Entscheidung seines Vertragspartners (VN) respektieren, wenn dieser seine Versicherungsangelegenheit in die Hände eines Maklers lege, so dass die Bevollmächtigung zu beachten und die Korrespondenz folglich mit diesem zu führen ist. In aller Deutlichkeit wies das Gericht darauf hin, dass es den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers nämlich nicht gerecht werde, wenn er die Korrespondenz erhalte und sodann gezwungen ist, den Makler zu informieren, also selbst tätig werden zu müssen, obwohl er diese Tätigkeit doch vollständig delegiert habe. Die interne Korrespondenz zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Makler könne dessen Tätigkeitwerden im Außenverhältnis nicht ersetzen, denn der Versicherungsnehmer könne bereits aus Gründen der mangelnden Sachkunde, Krankheit, Alter oder Urlaubsabwesenheit ein Interesse daran haben, dass sich der Versicherungsmakler um diese Angelegenheiten kümmert. In diesem Zusammenhang hat das Gericht auch grundsätzlich einen Auskunftsanspruch bejaht, der sich zum einen aber darauf beschränkt, dass der Auskunfts- und Informationsaustausch nicht weitergeht als er dem Versicherungsnehmer zustehen würde und zum anderen bereits erteilte Auskünfte und Informationen nicht ein zweites Mal erteilt werden müssen.

Von diesem Grundsatz ist nur dann abzuweichen, wenn berechtigte Interessen des Versicherers entgegenstehen. Kein berechtigtes Interesse liege jedoch vor, wenn der Versicherer die Zusammenarbeit mit Maklern grundsätzlich ausschließt und der Vertrieb der Versicherungsprodukte ausschließlich über „eigene“ Versicherungsvertreter erfolge. Er könne zwar nicht gezwungen werden, mit Maklern zusammenzuarbeiten (Courtagezusage) – dies berechtigt den Versicherer allerdings nicht, die Korrespondenz zu verweigern. Berechtigte Interessen können nur dann gegeben sein, wenn in der Person des Maklers wichtige Gründe vorliegen oder aber mit der Einschaltung eines Vertreters ein erheblicher Mehraufwand verbunden ist, wobei der Mehraufwand nicht darin liegt, dass generell mit einem Vertreter korrespondiert werden muss. Nach Ansicht des Gerichts kann ein erheblicher Mehraufwand beispielsweise darin bestehen, wenn dem Makler keine umfassende Vollmacht erteilt würde und der Versicherer in jedem Einzelfall die Reichweite der Vollmacht prüfen müsste.

Das Urteil des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen. Beauftragt der Versicherungsnehmer einen Versicherungsmakler, so kann er mit einer umfassenden Vollmacht sicherstellen, dass die Betreuung seiner Versicherungsangelegenheiten vollständig an den Versicherungsmakler delegiert werden kann – auch dann, wenn der Versicherungsmakler mit dem betreffenden Versicherer keine Courtagezusage unterhält. Der Versicherungsmakler wird damit tatsächlich zum Sachwalter des Kunden – eine Verpflichtung, die der BGH dem Versicherungsmakler immerhin schon 1985 auferlegt hatte.

Text: Rechtsanwältin Michaela Ferling, FERLING | RETSCH RECHTSANWÄLTE, München