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Steuern & Recht
23. Oktober 2018
Unfallschutz auf dem Weg von der Kita ins Home Office?

Unfallschutz auf dem Weg von der Kita ins Home Office?

Wer sein Kind auf dem Weg zur Arbeit in die Kita bringt, ist gesetzlich unfallversichert. Bei einem häuslichen Arbeitsplatz weist der Versicherungsschutz Lücken auf, so das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Die Rechtslage von 1971 werde den Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt aber nicht gerecht.

Wenn Eltern ihr Kind auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten bringt, sind sie gesetzlich unfallversichert. Bei Heimarbeit klaffen jedoch erhebliche Lücken auf, was den Versicherungsschutz angeht. Darauf hat nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hingewiesen.

Mutter hat Unfall auf dem Weg zur Kita

Zugrunde lag der Fall einer Mutter, die im Home Office arbeitete. Die Frau aus Peine arbeitete für ihren Braunschweiger Arbeitgeber von zu Hause aus per Teleworking. Im November 2013 erlitt sie auf dem Rückweg vom Kindergarten ihrer Tochter zum häuslichen Telearbeitsplatz einen Unfall: Die Mutter rutschte mit dem Fahrrad auf Blitzeis weg und zog sich einen Bruch des Ellenbogens zu. Der Unfall zog eine komplizierte Behandlung mit Kosten von rund 19.000 Euro nach sich.

Weg zur Arbeit oder privater Weg?

Die Krankenkasse legte das Geld zunächst aus und wollte es dann von der Berufsgenossenschaft erstattet bekommen. Diese fühlte sich jedoch nicht zuständig. Es handle sich nicht um einen Arbeits- oder Wegeunfall, so die Begründung. Das Bringen der Tochter zum Kindergarten stelle keinen Weg dar, um zur Arbeit zu gelangen, sondern einen privaten Heimweg. Demgegenüber mache es nach Auffassung der Krankenkasse keinen Unterschied, ob man nach dem Kindergarten zum Arbeitgeber oder zum Telearbeitsplatz fahre.

Landessozialgericht folgt Auffassung der Berufsgenossenschaft

Das LSG teilte die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft. Nach der Konzeption des Gesetzes sei schon immer der klassische Arbeitsweg versichert gewesen. Dies sei im Jahr 1971 auf den Kindergartenumweg ausgedehnt worden. Der Versicherungsschutz habe jedoch zu keiner Zeit den häuslichen Arbeitsplatz umfasst, zumal die von der Unfallversicherung abgedeckten typischen Verkehrsgefahren durch Heimarbeit gerade vermieden würden. Wenn Wohnung und Arbeitsplatz in demselben Gebäude, sei vom Begriff her ein Wegeunfall ausgeschlossen, so das Gericht. Damit ist der Gang zum Kindergarten ein privater Weg.

Gesetz an Arbeitswelt 4.0 anpassen?

Wie das LSG außerdem anmerkt, könne allein der Gesetzgeber entscheiden, den Versicherungsschutz auch auf Wege zum Heimarbeitsplatz zu erweitern in Anbetracht der zunehmenden Verlagerung von Bürotätigkeiten ins Home Office. Durch die Gerichte lasse sich mit der Rechtslage von 1971 kein Ergebnis erzielen, das den heutigen Entwicklungen des Berufslebens gerecht werde.

Die Revision zum Bundessozialgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. (tk)

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018, Az.: L 16 U 26/16