AssCompact suche
Home
Assekuranz
27. Januar 2017
Versicherer wollen im Veränderungsdruck Oberwasser behalten

Versicherer wollen im Veränderungsdruck Oberwasser behalten

Unter der Überschrift „Stabilität in Zeiten des Umbruchs“ lieferte der GDV am Donnerstag einen umfassenden Rück- und Ausblick auf das Geschehen in der Versicherungsbranche und die Geschäftszahlen 2016/2017. GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland sprach unter anderem von einer enormen Veränderungsdynamik, in der sich die Branche wiederfinde.

Bei der Jahrespressekonferenz des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V. am Donnerstag in Berlin machte GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland deutlich, dass mit 2016 ein Jahr hinter der Branche liege, in dem ihre Transformation deutlich vorangeschritten sei: Man sei mit Solvency II gut gestartet, habe die Transparenz und Kundenorientierung verbessert und dazu jüngst ein acht Grundsätze umfassendes Verbraucherleitbild veröffentlicht, gehe neue Wege in der Lebensversicherung und bringe die Digitalisierung voran. Auch politisch habe man einiges bewegt, indem man wichtige Positionen in der Rentendebatte behauptet und die Reform der bAV befördert habe.

Geschäftsentwicklung 2016 innerhalb der Erwartungen

Die Geschäftsentwicklung 2016 sei, so Erdland, das Abbild einer Branche im Wandel. Die Beitragseinnahmen der rund 450 Mitgliedsunternehmen des Verbandes sind im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016 insgesamt stabil geblieben: Nach vorläufigen Berechnungen legten sie um 0,2% auf 194,2 Mrd. Euro zu. Während die Lebensversicherer ein Beitragsminus von 2,2% auf 90,7 Mrd. Euro verbuchten, wuchsen die Einnahmen in der Schaden- und Unfallversicherung mit einem Plus von 2,9% auf 66,3 Mrd. Euro stärker als im Vorjahr. Die Unternehmen der Privaten Krankenversicherung nahmen 37,2 Mrd. Euro ein, dies bedeutet einen Anstieg um 1,1% im Vergleich zum Vorjahr. (Zur Geschäftsentwicklung im Überblick geht es hier.)

Eine nähere Betrachtung der Sparte Lebensversicherung im weiteren Sinne ergibt, dass die Einnahmen aus laufenden Beiträgen um 0,5% auf 64,3 Mrd. Euro gefallen sind. Die Einmalbeiträge verringerten sich um 6,1% auf 26,3 Mrd. Euro. Auf abgewandelte Garantieprodukte wie die „neue Klassik“ entfielen 2016 im Neugeschäft 46%, (nach 37% im Jahr zuvor. Die Stornoquote dürfte erneut zurückgegangen sein: Mit geschätzten 2,8% liegt sie einmal mehr auf einem historisch niedrigen Niveau. Der Gesamtbestand der Verträge bei Lebensversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ging leicht um 1,7% auf 89,4 Mio. zurück.

Branche spürt enorme Veränderungsdynamik

Für das noch junge Jahr 2017 rechnet die Branche über alle Sparten hinweg mit einem Beitragsplus von mindestens 1%. Die Einnahmen der Lebensversicherung dürften leicht um ca. 0,5% zurückgehen, diejenigen der Schaden- und Unfallversicherung dürften voraussichtlich um 2,1% zulegen.

Dass mit 2017 ein Jahr historischer Weichenstellungen angebrochen sei, machte Dr. Alexander Erdland ebenfalls deutlich. Es stünden nicht nur in Deutschland, sondern europaweit wichtige Wahlen an und auch die Sorge um einen harten Brexit treibe die Branche um. Man sei zwar nur mit 3,8% der Kapitalanlagen in UK investiert und daher unmittelbar kaum betroffen, sagte Erdland auf Nachfrage, aber als Teil der deutschen und europäischen Wirtschaft sehe man die Ereignisse mit Bedauern.

Als besondere Herausforderungen nannte der GDV-Präsident außerdem die unkalkulierbaren Risiken des Klimawandels, das zuletzt von Unternehmen am meisten gefürchtete Risiko von Cyberangriffen sowie eine neue Dimension des Terrorismus. Hier erinnerte Dr. Alexander Erdland an den Terrorangriff auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016. Er betonte, dass die Versicherer hier mit der Bundesregierung und dem Land Berlin an einer schnellen und unbürokratischen Entschädigung der Opfer arbeiteten und bereits erste Leistungen geflossen seien.

Neue Wachstumschancen

Gleichzeitig sei die Veränderungsdynamik, deren Wirkungen die Versicherungsbranche unmittelbar spüre, auch eine Chance, sich neu zu positionieren. So mache die Digitalisierung neue Produkte und Dienstleistungen möglich, beispielsweise Cyberpolicen auch für den Mittelstand und Selbstständige. Und sie erlaube neue Möglichkeiten, Risikoklassifizierungen vorzunehmen. Weitere unausgeschöpfte Potenziale, die sich aus der Digitalisierung ergeben könnten, fasste Erdland in den Schlagworten Big Data, künstliche Intelligenz, Internet of Things und Smart Home zusammen. Wichtig sei dabei aber, alle Unternehmen gleichermaßen auf der „Reise in die Digitalisierung“ mitzunehmen, was vor allem durch Weiterbildungen und Umschulungen geschehen müsse.

Erforderliche Rahmenbedingungen

Man befinde sich zwar in einer Konsolidierungsphase und werde nicht in allen Sparten weiter wachsen können, aber die Sorge, dass eines Tages die versicherbaren Themen ausgingen, sei unbegründet: Gerade das Wachstumspotenzial in Sachen Altersvorsorge sei durch den vorhandenen Bedarf unendlich.

Um die Wachstumsspielräume richtig nutzen zu können, brauche es zur Unterstützung aber bestimmte Rahmenbedingungen, als da wären: Ein Ausstieg aus der extremen Niedrigzinspolitik der EZB, ein klares Bekenntnis der Politik zum Ausbau der betrieblichen und privaten Altersvorsorge und ein innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen mit weniger Bürokratie. (ad)