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05/2015
22. Mai 2015
Versicherungsmakler – ein sich wandelndes Berufsbild

Versicherungsmakler – ein sich wandelndes Berufsbild

Das althergebrachte Bild des Versicherungsmaklers als reiner Vermittler mit breitem Marktzugriff, der zwar für seine Kunden tätig ist, jedoch von den produktgebenden Versicherungsgesellschaften entlohnt wird, wankt verdächtig stark. Auch die Kundensicht hat sich verändert. Ein Widerspruch zur gängigen Vergütungspraxis?

Getrieben von den Unkenrufen der Verbraucherschützer und den Überlegungen der reformhungrigen Europäischen Union gerät das Geschäftsmodell des Versicherungsmaklers zunehmend unter Druck. Dabei spielt auch die aktuelle Finanzmarktsituation und die damit verbundene Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank eine wesentliche Rolle als Reformtreiber. Durch die Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf das Niedrigzinsumfeld in Form des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) und der darin enthaltenen Absenkung des Höchstzillmersatzes von 40‰ auf 25‰ wurde ein erheblicher Druck auf die von den Versicherungsgesellschaften gezahlten Vergütungen im Lebensversicherungsbereich ausgeübt. Dieser führt nun zu einer nahezu flächendeckenden Absenkung der Courtagen. Selbst jene Versicherer, die vorerst eine Beibehaltung der Vergütungssätze angekündigt haben, werden diese Aussage nicht auf Dauer halten können. Nicht zuletzt ist die Branche auch gut beraten, wenn sie den mit dem LVRG eindeutig gegebenen Warnruf des Gesetzgebers erhört und dafür sorgt, dass die Lebensversicherungsprodukte mit Kapitalanlagecharakter für die Versicherungsnehmer günstiger werden. Andernfalls könnten im Deutschen Bundestag erneut Rufe nach einem Provisionsverbot laut werden.

Darüber hinaus hat sich aber auch das Anspruchsverhalten der Kunden gegenüber ihren als treuhänderähnliche Sachwalter agierenden Bundesgenossen geändert. Auch diese sehen ihren Versicherungsmakler zunehmend nicht mehr als reinen Abschlussvermittler, sondern vielmehr als „Betreuer in Versicherungsfragen“. Diese Ansicht steht jedoch in krassem Gegensatz zur Vergütung in Form von Courtagen als vom Erfolg einer Vermittlung abhängiger Vergütung. Ein Umstand, der zugegebenermaßen auch nicht allen Versicherungsnehmern von vorherein einleuchtet.

Courtage ist und bleibt Leitvergütung der ­Versicherungsmakler

Die Maklerschaft wird sich – schon allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen – über die Form ihrer zukünftigen Vergütung Gedanken machen müssen. Dabei wird die Courtage auch in Zukunft die Leitvergütung der Versicherungsmakler bleiben und volumenmäßig den größten Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Ergebnis der Maklerunternehmen ausmachen. Schließlich liegt in der erfolgreichen Vermittlung von Versicherungsschutz die Kernkompetenz und Hauptaufgabe jedes Versicherungsvermittlers. Aber Courtage, egal ob sie von der produktgebenden Versicherungswirtschaft oder den Produktnachfragern gezahlt wird, ist eben ausschließlich die Entlohnung für eine erfolgreiche Vermittlung von Versicherungsschutz. Dies gilt im Übrigen auch für den Sachbereich. Dass die Courtagen hier bei ungekündigten Verträgen jährlich wiederkehren, ändert an der Qualifizierung als Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung nichts. Letztlich handelt es sich auch bei den gerne als Bestandscourtage oder Folgeprovision betitelten Entgelten um eine erfolgsabhängige Vergütung. Diese wird dann eben nicht für den „echten“ Neuabschluss gezahlt, sondern für die erfolgreiche Prolongation des bestehenden Vertrages, auch wenn diese ohne explizites Zutun des Vermittlers – quasi automatisch – über die vertraglich vereinbarte Prolongationsklausel erfolgt.

Fehlende Differenzierung bei den Vergütungsformen

Die dem Makler zusätzlich obliegenden Tätigkeiten wie Risikoanalyse, Marktrecherche und Beratungen zu bestehenden Versicherungsverträgen – gerade im Lebens- und Krankenversicherungsbereich – werden durch die Courtage per Definition nicht originär abgegolten. Es handelt sich hierbei zwingend um notwendige Annextätigkeiten zur Vermittlung. Jede einzelne dieser Tätigkeiten könnte der Versicherungsmakler auch als separate Dienstleistung erbringen. In diesem Bereich werden die Makler, gerade auch vor dem Hintergrund sinkender Courtagesätze und damit wegfallender Quersubventionierungsmöglichkeiten, aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus gezwungen sein, sich über alternative Vergütungsformen Gedanken zu machen.

Infrage kommen hier beispielsweise aufwandsbezogene Honorare. Leider werden in der derzeitigen Diskussion um die Zulässigkeit der erfolgsunabhängigen Vergütung von Versicherungsvermittlern die verschiedenen Vergütungsarten nur unzureichend differenziert. Gerne wird immer dann von Honoraren gesprochen, wenn es sich um eine Vergütung durch den Versicherungsnehmer oder Interessenten handelt. Als Courtage werden oft nur die Zuwendungen der Produktgeber bezeichnet. Dies wird der Sache jedoch nicht gerecht und ist zudem in vielen Fällen schlicht falsch.

Courtage kann auch vom Kunden bezahlt werden

Sobald jemand für die Vermittlung eine erfolgsabhängige Vergütung zahlt, handelt es sich immer um eine Courtage. Ob die Vergütung dabei vom Produktgeber oder aber im Falle der Vermittlung von Nettopolicen vom Versicherungsnehmer kommt, ist dabei irrelevant. Auch ist es irrelevant, ob der Vergütungsanspruch der Höhe nach fix oder vom Volumen des vermittelten Geschäftes abhängig ist. Sobald die Vergütung an den Erfolg einer Vermittlung geknüpft ist, handelt es sich um Courtage. Denn bei den Vereinbarungen zur Vermittlung von Versicherungsschutz handelt es sich üblicherweise um Mäklerverträge im Sinne des § 652 BGB. Dabei wird die versprochene Vergütung – die Courtage – nur dann fällig, wenn der Vertrag infolge der Vermittlung des Mäklers zustande kommt. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Dabei kommt es nicht darauf an, welche der am vermittelten Vertrag beteiligten Parteien Schuldner der Courtage ist. Theoretisch könnten, bei entsprechender Vereinbarung, gar beide am vermittelten Vertrag beteiligten Parteien Schuldner der Courtage sein.

Honorar bei Unabhängigkeit vom Vermittlungserfolg

Im Gegenzug kann man wohl sagen, dass es sich immer dann um ein Honorar handelt, wenn die Vergütung nicht an einen bestimmten Vermittlungserfolg geknüpft ist. Dieses kann aufwandsabhängig oder als Pauschale vereinbart sein. Honorare werden üblicherweise bei Dienstleistungsverträgen nach § 611 BGB vereinbart. Hierbei verspricht der Versicherungsmakler seinem Mandanten die Leistung bestimmter Dienste, wohingegen der Mandant nach Erbringung der Dienste zur Zahlung des Honorars verpflichtet ist. Auf einen bestimmten Erfolg in Form eines Werkes oder einer Vermittlung kommt es dabei für die Fälligkeit der Vergütung nicht an. In der Risiko- oder auch der Marktanalyse sind solche Dienstleistungen zu sehen, in der Vermittlung von Versicherungsverträgen – bei denen es maßgeblich auf das erfolgreiche Zustandekommen des Versicherungsvertrages ankommt – jedoch gerade nicht. Schon aus diesem Grund kann die Vermittlung des Vertrages nicht über ein erfolgsunabhängiges Honorar vergütet werden.

Herausforderungen annehmen

Diese oben beschriebenen Ungenauigkeiten ziehen sich durch die gesamte Diskussion um die Vergütungsformen. Auch eine Vielzahl von sogenannten Honorarberatern erhält nämlich von ihren Kunden gar kein Honorar im Sinne der Definition, sondern vielmehr eine Courtage, da auch diese Vermittlergruppe sich oftmals für den Vermittlungserfolg und nicht für eine Dienstleistung vergüten lässt.

Die Versicherungsmakler tun gut daran, sich der Herausforderungen der Zukunft proaktiv anzunehmen. Dazu ist eine genaue Unterscheidung der Vergütungsformen zwingende Voraussetzung. Eine Verteufelung der „Honorarberatung“ ohne genaue Differenzierung ist gefährlich für den Berufsstand des Versicherungsmaklers und im Übrigen auch für die Zukunft der Pools und Verbünde. Auch diese tun gut daran, sich mit der sich verändernden Welt proaktiv zu beschäftigen. Trotz alledem bleibt die Courtage Leitvergütung der Versicherungsmakler – egal von wem sie bezahlt wird.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2015 auf Seite 124f.

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Ein Artikel von
Steffen Schulz, LL.M.