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27. Februar 2015
Verunsichert, zögerlich, bescheiden: So ticken die deutschen Anleger

Verunsichert, zögerlich, bescheiden: So ticken die deutschen Anleger

Lieber keine Entscheidung als eine falsche – nach dieser Devise handelt ein Großteil der deutschen Anleger. Abweichungen von Benchmarks haben bei Deutschlands Investoren ganz schlechte Karten. Die Risikoscheu ist hierzulande zudem so ausgeprägt wie in keinem anderen Land.

Niedrigzins, politische Krisen und Rekordkurse an den Börse – das Umfeld für Investoren ist zweifellos herausfordernd. Ihre Strategie ändern sie dennoch kaum. Laut dem jährlichen Legg Mason Global Investment Survey, haben rund zwei Drittel der befragten deutschen Investoren etwa ihr Anleihenportfolio nicht verändert. 40% derjenigen, die doch etwas verändert haben, haben ihre Anleiheninvestments breiter gestreut, ähnlich viele schauten sich ihre Strategien nun genauer an und achten auf zusätzliche Renditequellen, fast jeder Fünfte ist bereit, dafür ein höheres Risiko einzugehen.

Extrem vorsichtig

Auch bei anderen Assetklassen agieren deutsche Investoren zögerlich. Nur 13% haben Aktien gegen Anleihen getauscht, 15% in die andere Richtung. Zwischen Emerging Markets und Industrienationen wurde ebenfalls kaum umgeschichtet. Gut zwei Drittel der Investoren konnte sich für keine der Optionen begeistern. Weltweit blieben nur 40% der Befragten untätig. Der Untersuchung zufolge haben viele deutsche Investoren noch immer keine geeignete Strategie für die veränderten Marktbedingungen gefunden. Mehr als zwei Drittel wollen daher lieber in den kommenden zwölf Monaten nichts verändern, international ist es nur gut ein Drittel. Nur Briten und Schweizer sind noch reservierter.

Benchmarkunabhängigkeit nicht gefragt

Der Renditeschuh scheint noch nicht arg genug zu drücken, um mutig und frei zu agieren. Gut ein Viertel der Befragten bevorzugt benchmarkorientierte Strategien, nicht einmal jeder Zehnte würde hingegen in benchmarkunabhängige Strategien investieren. Nur jeder Fünfte akzeptiert zudem den Einsatz von Derivaten und anderen strukturierten Produkten, für 10% sind auch Short-Strategien akzeptabel. „Vor allem die geringe Anzahl an Investoren, die bereit sind, auf benchmarkunabhängige Strategien zu setzen, hat uns überrascht“, kommentiert Klaus Dahmann, Head of Sales Germany and Austria bei Legg Mason. Gerade solche Strategien hätten sich schließlich im anhaltend schwierigen Markumfeld für Anleihen behauptet.

Konservativ ist trumpf

84% der Investoren hierzulande bezeichnen sich als konservativ oder sehr konservativ. Damit sind die Deutschen im weltweiten Vergleich am risikoscheusten. „Auch wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Risikotoleranz der deutschen Anleger im weltweiten Vergleich am niedrigsten ist“, erklärt Prof. Dr. Thomas Holtfort, Behavioural Finance-Professor an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management. Weltweit bezeichnen sich laut der Studie nur 59% der Befragten als konservativ, 41% als mehr oder weniger aggressiv.

China favorisiert

Regional sehen 49% der deutschen Investoren China weit vorn, gefolgt von den USA mit 42%. Um Europa wollen sie hingegen einen Bogen machen. Nur 2% glauben an den alten Kontinent. Dennoch zieht nur rund die Hälfte der befragten deutschen Investoren (55%) ein Investment außerhalb des Heimatmarktes in Betracht. Auf die Frage, ob deutsche Investoren zustimmen würden, dass sie im kommenden Jahr verstärkt auf internationaler Ebene investieren wollen, antworteten 61% mit Nein – fast doppelt so viele wie im weltweiten Vergleich.

Starke Verunsicherung

Hauptgrund für die Zurückhaltung der deutschen Investoren ist Unsicherheit. Gut jeder Zweite findet das weltweite makroökonomische Umfeld zu instabil, fast jedem Zweiten mangelt es an Transparenz und für 42% ist das Währungsrisiko zu hoch. 29% fühlen sich nicht in der Lage, die Chancen richtig zu bewerten und 23% geben offen zu, nicht alle Risiken richtig zu verstehen.

5,9% erwartete Rendite

Im Schnitt erhoffen sich die Deutschen eine Rate of Return von 5,9% und sind damit wesentlich bescheidener – und auch realistischer – als der weltweite Schnitt mit 9,5%. Entsprechend kongruent ist das Bild von Erwartung und tatsächlicher Rendite, die mit Income-Produkten in Deutschland bei 5%, weltweit bei 7,1% liegt. 65% der Deutschen reinvestieren die erwirtschafteten regelmäßigen Erträge wieder. 47% versüßen damit ihren Alltag und finanzieren sich Luxus oder Urlaube. 34% decken mit dem zusätzlichen Income ihre täglichen Kosten. (mh)