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Management & Vertrieb
9. Juni 2016
Vier Faktoren für erfolgreiches Verkaufen

Vier Faktoren für erfolgreiches Verkaufen

Viele Verkäufer besuchen Fortbildungen, tauschen sich mit Kollegen aus und investieren mehr und mehr Energie. Dennoch haben sie messbar weniger Erfolg als andere, die vermeintlich mühelos neue Stammkunden gewinnen. Wie ist das möglich? Um diese Frage zu beantworten, befasst sich Klaus-J. Fink näher mit der Rolle des modernen Kunden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland ein klassischer Verkäufermarkt, in dem Kundenwünsche eigentlich keine Rolle spielten: Das wenige, was es gab, wurde Verkäufern geradezu aus der Hand gerissen. Doch in dem Maße, in dem sich die Regale wieder füllten, brauchten Verkäufer auch mehr Überzeugungskraft. Und vor einigen Jahren wurde die Verkaufslandschaft erneut komplett umgekrempelt: von der Digitalisierung.

Verkaufen oder beraten?

Kunden kaufen heute verstärkt online und besuchen seltener die Geschäfte. Viele Verkäufer wirken dem entgegen, indem sie ihre Beraterrolle herauskehren, was jedoch auf lange Sicht keine Lösung ist. Denn:

  • Berater sind reaktiv. Sie treten nicht auf die Kunden zu, sondern warten darauf, dass eine Frage oder Problematik an sie herangetragen wird.
  • Beratung wird nicht bezahlt. Laut einer Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung sind rund 85% der Deutschen nicht gewillt, erbrachte Beratungsleistungen finanziell zu vergüten.

In die Beraterrolle zurückzufallen, liegt für viele Verkäufer dennoch auf der Hand, da sie ihr Fachwissen als wichtigsten Aktivposten ansehen. Und so entstehen Verkaufs-„Gespräche“ wie dieses:

Kunde: Hallo, ich interessiere mich für einen Bausparvertrag.

Verkäufer: Natürlich! Wie Sie wissen, wird die Summe in einer Bausparkasse gesammelt, in die Sie entsprechend dem Regelsparbeitrag einzahlen. In der Dar­lehensphase fallen keine Vorfälligkeitsentschädigungen an, der Beleihungsauslauf darf allerdings nicht 80% des Beleihungswertes überschreiten. Außerkollektive Darlehen können mit einer Negativerklärung abgesichert werden, wobei zu bedenken ist, dass es sich natürlich um Annuitätendar­lehen handelt. Sollen wir schon einmal Ihre Bewertungszahl berechnen?

Kunde: (Hat längst die Flucht ergriffen)

Verkaufen: ein Verhaltens-, kein Wissensberuf

Hätte der Verkäufer die Perspektive des Kunden eingenommen, wäre ihm klar geworden: Dieser sieht in dem Thema vor allem etwas sehr Emotionales, nämlich den nächsten Schritt auf dem Weg zum Traumhaus. Diesen Traum anzusprechen, hätte die Tür zu einem echten Verkaufsgespräch geöffnet.

Dass das Fachwissen nicht an erster Stelle kommt, ist für viele Verkäufer ernüchternd: Schließlich verwendet man viel Zeit, Mühe und oft auch Geld darauf, Wissen zu erwerben, wohingegen ja jeder nach einem Haus fragen kann. Keine Frage, jeder kann es – doch die wenigsten tun es. Nur, wenn ein Verkäufer das passende Verhalten mitbringt, kann er sein Wissen auch gewinnbringend anwenden und ist ein echter Topseller: ein Verkäufer, der in seiner Betätigung seine Berufung gefunden hat. Zugegeben, „Verhalten“ ist ein recht schwammiger Begriff. Sehen wir uns im Folgenden die vier Faktoren etwas genauer an, in die sich TopSeller-­Verhalten aufgliedern lässt:

Erfolgsfaktor 1: Persönlichkeit

Olympische Sommerspiele 2004: Franziska van Almsick peilt die Goldmedaille in 200 Meter Freistil an. Im Training hat sie ihre Weltrekordzeit von 1:65,64 mühelos erreicht, doch dann kam sie nur auf den 5. Platz. Hinterher gesteht sie: „Als ich auf dem Startblock saß, dachte ich nur: In fünf Minuten ist alles vorbei.“ Daran sieht man, dass Erfolg im Endeffekt mit der Einstellung steht und fällt.

Ein großes Problem vieler Verkäufer ist die Angst vor Ablehnung. Wer zehn potenzielle Kunden anrufen muss, hat plötzlich die Horrorvision vor Augen, dass alle „Nein“ sagen – und plötzlich kostet es unglaubliche Kraft, auch nur einen anzurufen. Daher lässt ein Topseller negative Reaktionen gar nicht an sich heran. Jedes „Ja“, das er hört, verbucht er als Erfolg, und die „Neins“ hakt er ab – oder besser noch, er legt sie auf Wiedervorlage.

Erfolgsfaktor 2: Identifikation

Angenommen, ein Mensch soll Notebooks verkaufen, die er selbst für den letzten Schrott hält. Wie groß ist die Chance, dass dieser Verkäufer einen Kunden von den Qualitäten eines Gerätes überzeugt, das er selber niemals kaufen würde?

Ein Topseller identifiziert sich voll und ganz mit seinen Produkten und Dienstleistungen und steckt mit seiner Begeisterung den Kunden an. Diese Form von Identifikation wünschen sich die meisten Unternehmer von ihren Verkaufs- und Vertriebskräften, vergessen dabei jedoch gerne, dass sie ebenfalls eine Bringschuld haben: Identifikation muss vorgelebt werden, damit sie sich entwickelt.

Erfolgsfaktor 3: Marketing

Der Kunde ist vorsichtig geworden; mittlerweile kennt er viele Formen von Werbung und traut keiner mehr so richtig. Doch für eine jahrtausendealte Marketingmethode gilt das nicht: die persönliche Empfehlung. Im Jahr 2013 untersuchte Nielsen Global Survey, welche Formen von Marketing bei den Kon­sumenten am meisten Vertrauen genießen. Das Rennen machte – mit Abstand – die „Empfehlung von Bekannten“.

Topseller pflegen ihre Bestandskunden, denn sie sind ihre wichtigste Ressource. Jeder Kunde kennt zwei oder drei Menschen, die ebenfalls am Angebot des Verkäufers interessiert sein könnten, und eine Empfehlung zeigt dessen Qualität auf direkte Weise. Darüber hinaus hat Empfehlungsmarketing noch einen Vorteil: Es ist kostenlos. Wer es sich erst einmal angewöhnt hat, aus jedem geschäftlichen Kontakt zwei oder drei weitere zu machen, muss sich schon bald nicht mehr über einen Mangel an potenziellen Neukunden beklagen.

Erfolgsfaktor 4: verkäuferische Fähigkeiten

Topseller warten nicht darauf, dass ihnen der Erfolg in den Schoß fällt: Sie treten aus eigener Kraft auf den Kunden zu und begegnen ihm so, wie er es erwartet, im Auftreten ebenso wie in der Sprache. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass der Verkäufer im Gespräch weniger von sich redet und mehr vom Kunden, seinen Wünschen und Bedürfnissen.

Da der Topseller das Gespräch proaktiv gestaltet, kann er sich auch in aller Ruhe darauf vorbereiten und mögliche Erwiderungen durchspielen, die der Kunde aussprechen könnte. So hat er nicht nur stets die passenden Antworten parat, sondern auch die richtigen Fragen.

Was ist ein Topseller?

Zusammenfassend kann man sagen: Ein echter Topseller ist von seinen Fähigkeiten überzeugt, identifiziert sich mit seiner Tätigkeit, arbeitet aktiv mit seinen Kontakten und denkt kundenorientiert. Wer sich so verhält, ist nicht nur ein Verkäufer, sondern wird zu einem festen geschäftlichen Partner seiner Kunden – bestehender wie zukünftiger. W

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2016, Seite 88 f.

 
Ein Artikel von
von Klaus-J. Fink