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13. April 2016
VOTUM: „Allfinanzvertriebe erarbeiten sehr gute Konzepte für ihre Kunden“

VOTUM: „Allfinanzvertriebe erarbeiten sehr gute Konzepte für ihre Kunden“

Die POOLS & FINANCE findet in diesem Jahr an zwei verschiedenen Standorten statt: am 07.06.2016 in Nürnberg und am 14.06.2016 in Hamburg. AssCompact spricht im Vorfeld mit den Mitveranstaltern über die Branche, die Rahmenbedingungen und natürlich über die POOLS & FINANCE. Heute steht Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands, Rede und Antwort.

Sie vertreten als Verband insbesondere die großen Vertriebsstrukturen. Diese müssen des Öfteren viel Kritik einstecken – oft von Verbraucherschützern, sehr oft aber auch von Kollegen, wie anderen Vermittlerverbänden oder Maklern. Zu Unrecht, Ihrer Meinung nach?

Ich glaube tatsächlich, dass die von ihnen angesprochenen kritischen Stimmen inzwischen kaum noch zu hören sind. Mit anderen Vermittlerverbänden, wie etwa dem BVK und dem VDVM arbeiten wir sehr vertrauensvoll zusammen, beispielsweise bei der Gründung der Initiative „gut beraten“ aber auch im Gemeinschaftsausschuss des GDV. Dabei nehmen wir auch gemeinsam öffentlich Positionen ein.

Viele müssen inzwischen anerkennen, dass die konsequent auf Kundennutzen ausgerichteten Allfinanzvertriebe sehr gute Vorsorge- und Absicherungskonzepte für ihre Kunden erarbeiten und diese mit ihnen konsequent umsetzen. Insbesondere auch die kritische Produktrecherche, die hier geleistet wird, kann von dem einzelnen Vermittler allein häufig nicht durchgeführt werden.

Auch mit Verbraucherschützern steht VOTUM im Dialog. Leider beobachten wir hier immer noch festsitzende Vorurteile. Dies geht soweit, dass man zur Erlangung von vermeintlichen Idealen, wie etwa eines Provisionsverbots, sogar akzeptiert, dass breite Bevölkerungsschichten dann überhaupt kein Beratungsangebot mehr erhalten und diese auf das Internet verweist. Ich kenne jedoch keine App die in der Lage ist, einen Verbraucher zum Konsumverzicht zur Schließung seiner Altersvorsorgelücke zu motivieren.

Wie verändern sich heute die Vertriebe bzw. wie werden Vertriebe, aber auch Pools künftig arbeiten (müssen)?

Wenn ich dies im Detail wüsste, würde ich einen Vertrieb leiten und keinen Verband. Sicher ist, dass die Vermittlungsabläufe und Beratungsprozesse klar vom Kunden aus gedacht werden müssen. Vertriebspartner und Makler sollten in die Lage versetzt werden, online wie offline ein Angebot vorzuhalten, mit dem sie auf das veränderte Kundenverhalten reagieren können und auf beiden Wegen in angemessenen Reaktionszeiten zu liefern.

Wir würden es begrüßen, wenn der deutsche Gesetzgeber den europäischen Regulierungsweg beschreiten würde und es dem Kunden überlässt, welches Vergütungsmodell er wählt. Vermittler sollten in der Lage sein, sämtliche Vergütungsmodelle, das heißt Honorar-, Provisions- und auch Mischmodelle bei ihren Kunden anzubieten.

Wenn Vertriebe und Pools ein derart modernes Arbeitsumfeld bieten können und transparent machen, welchen Kundennutzen und welch sinnstiftende Aufgabe die Tätigkeit eines Anlagen- und Versicherungsvermittlers in der heutigen Zeit bietet, in der die gesetzliche Rentenversicherung unstreitig keine ausreichende Altersvorsorge bietet, gelingt es ihnen auch, die Nachwuchsproblematik zu lösen – was die wesentliche Kernaufgabe aller Finanzdienstleistungsunternehmen ist.

Die Regulierung der Vermittlung und Beratung betrifft Vertriebe und Pools in besonderem Maße. Allfinanzvertriebe sind von allen Vermittlerregulierungen betroffen, jetzt vom 34i, bald muss die IDD umgesetzt werden. Wie stemmen das die Unternehmen? Oder konnte sogar Schlimmeres verhindert werden?

Tatsächlich ist der Entwicklungsdruck, der durch die Regulierung auf die Marktteilnehmer ausgeübt wird, erheblich und es kommt erschwerend hinzu, dass dies in einem Marktumfeld erfolgt, welches zusätzlich aufgrund des Niedrigzinsumfeldes und der Digitalisierung herausfordernd ist. Gerade deshalb hat es sich VOTUM als oberste Priorität gesetzt, für Rahmenbedingungen zu kämpfen, die die wirtschaftliche erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit unserer Mitgliedsunternehmen möglich macht. Gerade in einem solchen Marktumfeld zeigt sich jedoch auch die Notwendigkeit und Überlegenheit der Geschäftsmodelle unserer Mitgliedsunternehmen. Der einzelne Vermittler kann diese Herausforderungen nicht mehr alleine bewältigen, sondern bedarf, um sich auf seine Kernaufgabe der Kundenberatung und -betreuung konzentrieren zu können, eines professionellen Hintergrunds, den nur Vertriebe und Pools bieten können.

Sofern bei der Umsetzung der MiFID II und IDD in deutsches Recht nicht erhebliche Fehlentwicklungen folgen, gehe ich davon aus, dass der regulatorische Schritt eher eine Evolution als eine Revolution bedeutet und von unseren Mitgliedsunternehmen gemeistert werden kann. Es gilt jedoch auch auf europäischer Ebene bei den Level-II-Maßnahmen wachsam zu bleiben.

Finanzvertriebe und Pools müssen ebenfalls Digitalisierungsstrategien entwickeln und umsetzen. Wie beobachten Sie das Vorgehen Ihrer Mitglieder?

Die Digitalisierungsstrategien in Finanzvertrieben und Pools wurden nicht erst begonnen als die ersten „Makler-Apps“ erschienen, sondern liefen schon deutlich vorher. Zum Beispiel in der Umsetzung von BIPRO-Standards im Datenaustausch mit Versicherungsgesellschaften. Ich erlebe unsere Mitgliedsunternehmen als sehr darauf fokussiert, Prozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen. Viele unserer Mitgliedsunternehmen bieten bereits heute eine digitale Schnittschnelle zum Kunden an. Der zu beobachtende Hype um reine Online-Makler-Apps, bei denen es sich im Wesentlichen um digitale Versicherungsordner handelt, ist aus meiner derzeitigen Einschätzung nicht dauerhaft. Viele Kunden werden bald erkennen, dass es sich bei diesen neuen Anbietern um trojanische Pferde handelt, die ihnen aufgrund der mit der Nutzung der Applikation verbundenen Bestandsübertragung den Zugangsweg zu ihrem betreuenden Makler abschneiden und den Weg auf das Handy des Kunden nur gesucht haben, um durch mehr oder weniger sinnvolle Push-Nachrichten Kaufanreize zu übermitteln, die nicht auf der Basis einer fundierten Bedarfsanalyse erfolgen.

Ein digitaler Versicherungsordner ist sicher auch als Werkzeug für den klassischen Vertrieb sinnvoll. Es bedarf hier jedoch nicht zwingend einer App, da die Kunden feststellen werden, dass sie diese App kaum regelmäßig nutzen, da ein Einblick in die Versicherungsunterlagen nicht in derart hoher Frequenz erforderlich ist. Ich würde meinen Mitgliedsunternehmen daher empfehlen die Marktentwicklung ruhig und gelassen zu beobachten und nicht jedem vermeintlichen Trend hinterherzulaufen. Maklerpools und Finanzvertriebe können nicht wie risikokapitalfinanzierte Start-ups Geld verbrennen, sondern müssen auf den Kosten/Nutzenfaktor achten. Wir hatten bereits schon einmal Entwicklungen am Markt, in denen Finanzvertriebe, noch bevor sie überhaupt handlungsfähig waren, öffentlichkeitswirksam Bandenwerbung im Fußballstadien schalteten. Ein nachhaltiger Erfolg hat sich auf diesem Weg jedoch nicht eingestellt.

Rechnen Sie vor diesem Hintergrund mit weiteren Zusammenschlüssen bzw. weiteren Kooperationen?

Insbesondere in Bereichen, die nicht unmittelbar wettbewerbsrelevant sind, kann ich mir durchaus Kooperationen vorstellen. Etwa in dem Bereich von Provisionsabrechnungssystemen oder grundsätzlich in der Datenverwaltung, aber auch dort wo sich einzelne Unternehmen Spezialkompetenzen aufgebaut haben, die von anderen Marktteilnehmern nur mit erheblicher Kostenlast nachgebaut werden können. Letztendlich zeigt sich bereits jetzt, dass die Branche bereit ist, bei übergeordneten Themen Kooperationen einzugehen, wie etwa beim Thema Single Sign-On.

Der VOTUM Verband hat seine Führungsstruktur umgestellt. Was ändert sich dadurch?

Ich hätte noch gerne viele Jahre mit Lüder Mehren in der Verbandsführung zusammengearbeitet. Habe jedoch volles Verständnis dafür, dass er, nachdem er seinem sehr erfolgreichen Berufsleben nochmals fünf Jahre in der Verbandsführung zugefügt hat, jetzt zusammen mit seiner Ehefrau die schönen Seiten des Lebens genießen möchte. Ich möchte mich bei ihm nochmals ausdrücklich im Namen aller Mitglieder für die geleistete Arbeit in den zurückliegenden Jahren und die wichtigen Impulse bedanken. Wir haben mit den neuen ehrenamtlichen Vorständen ein Team, in dem die Mitgliedsstruktur von VOTUM sehr gut repräsentiert wird. Dr. Matthias Wald als Vertreter eines Großvertriebs, Dr. Sebastian Grabmaier als Vertreter eines der maßgeblichen Poolunternehmen und Franz-Josef Rosemeyer als Vertreter eines mittelständischen Vertriebs- und Beratungshauses. Mit dieser Konstellation können wir sicherstellen, dass wir in der Geschäftsstelle des Verbandes die Themen in unserer Arbeit berücksichtigen, die bei den Mitgliedsunternehmen unmittelbar in der täglichen Arbeit Relevanz entfalten. Die Aufgabe, den Verband nach außen zu repräsentieren und aktiv in der Vielzahl der Gremien mitzuwirken, in denen VOTUM heute vertreten ist, ruht nun im Wesentlichen auf meinen Schultern und ich bedanke mich für das Vertrauen, dass mir die Mitgliedsunternehmen nach nahezu zehn Jahren in der Geschäftsführung ausgesprochen haben. Mir ist jedoch auch die Verantwortung bewusst.

Neben dem AfW sind Sie einer der beiden Verbände im Kreis der Mitveranstalter der POOLS & FINANCE 2016. Warum können Verbände von dieser Veranstaltung profitieren?

Wir sind mit unserer Teilnahme an der POOLS & FINANCE nicht auf Mitgliederwerbung ausgerichtet, da die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei VOTUM von einem einzelnen Makler kaum zu erfüllen sind. Die ausrichtenden Poolunternehmen sind jedoch im Wesentlichen Mitglieder von VOTUM und haben daher meiner Auffassung nach einen Anspruch darauf, dass ihr Verband auch für ihre Vertragspartner als Informationsquelle zur Verfügung steht. Die Messeteilnahme ermöglicht uns zudem den unmittelbaren Austausch mit den Vermittlern, die am Point of Sale tätig werden und so authentisch berichten können, wie Kunden heute über Finanz- und Versicherungsdienstleistungen denken, was sich beispielsweise heute im Bereich Vorsorgeberatung als Hemmnis erweist und wie veränderte Vergütungsmodelle Akzeptanz finden. Dies ermöglicht es uns, gegenüber der Politik nicht nur mit theoretischen Erkenntnissen in den Dialog zu treten, sondern mit konkreten Beispielen.

Was können die Besucher der POOLS & FINANCE 2016 dort von VOTUM erwarten?

Die beiden maßgeblichen europäischen Richtlinien für den Versicherungs- und Finanzdienstleistungsvertrieb sind überarbeitet worden. Zur möglichen Umsetzung von MiFID II und IDD kursieren bereits eine Vielzahl von Missverständnissen und Gerüchten im Markt. Der VOTUM Verband kann hier auf Grund seiner europäischen Vernetzung aber auch des bereits aufgenommenen Dialogs mit Ministerien und Politik in Berlin, Orientierung bieten, um Fehlinterpretationen und Zukunftsängsten entgegenzuwirken. (kb)

 
Ein Artikel von
Martin Klein