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Steuern & Recht
27. August 2018
Wann bei Videoüberwachung kein Datenverwertungsverbot besteht

Wann bei Videoüberwachung kein Datenverwertungsverbot besteht

Handelt es sich um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung, kann auch eine spätere Auswertung des Bildmaterials noch zu einer fristlosen Kündigung führen, wenn auf dem Video eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers sichtbar ist. Damit hat das BAG eine Kündigungsklage ans LAG Hamm zurückverwiesen.

Bildsequenzen aus einer offenen rechtmäßigen Videoüberwachung unterliegen nicht nach einer gewissen Zeit automatisch dem Verwertungsverbot, wenn darauf vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Arbeitgebereigentums zu sehen sind. Damit hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun in einem Urteil eine Kündigungsklage zur erneuten Verhandlung ans Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zurückverwiesen.

Im konkreten Fall war die Klägerin in einem vormals vom beklagten Arbeitgeber betriebenen Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle tätig. Dort hatte der Arbeitgeber eine offene Videoüberwachung installiert. Mit den Aufzeichnungen wollte er sein Eigentum vor Straftaten sowohl von Kunden als auch von eigenen Arbeitnehmern schützen. Im 3. Quartal 2016 wurde ein Fehlbestand bei Tabakwaren festgestellt. Bei einer im August 2016 vorgenommenen Auswertung der Videoaufzeichnungen habe sich dann unter anderem gezeigt, dass die Klägerin an zwei Tagen im Februar 2016 vereinnahmte Gelder nicht in die Registrierkasse gelegt habe. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Die Arbeitnehmerin hat dagegen geklagt.

Vorinstanzen: Bildmaterial unterliegt Verwertungsverbot

Die Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das LAG war der Meinung, die Erkenntnisse aus den Videoaufzeichnungen unterlägen einem Verwertungsverbot. Der Arbeitgeber hätte die Bildsequenzen aus dem Februar unverzüglich, jedenfalls deutlich vor dem 01.08.2016 löschen müssen.

BAG: offene rechtmäßige Videoüberwachung rechtfertigt spätere Bildauswertung

Auf die Revision des Arbeitgebers hat das BAG das Berufungsurteil hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Die Argumentation: Sollte es sich – was das BAG nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilen kann – um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung gehandelt haben, wäre die Verarbeitung und Nutzung der einschlägigen Bildsequenzen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG aF zulässig gewesen („Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.“) Dadurch sei nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt worden. Der Beklagte musste das Bildmaterial nicht sofort auswerten. Er durfte hiermit solange warten, bis er dafür einen berechtigten Anlass sah. Sollte die Videoüberwachung rechtmäßig erfolgt sein, stünden auch die Vorschriften der seit dem 25.05.2018 geltenden DSGVO einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin im weiteren Verfahren nicht entgegen. (ad)

BAG, Urteil vom 23.08.2018, Az.: 2 AZR 133/18; Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil vom 20.12.2017, Az.: 2 Sa 192/17