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07/2015
5. August 2015
Wann haftet der Arbeitnehmer persönlich für Schäden?

Wann haftet der Arbeitnehmer persönlich für Schäden?

Ladengeschäft nicht abgeschlossen und die gesamte Einrichtung zerstört, Wasser auf den Computer geschüttet, Kühlraum nicht verschlossen etc. Diese Schäden, verursacht vom Arbeitnehmer, können für den Arbeitgeber beträchtlich werden. Und nicht immer ist ein Arbeitnehmerregress möglich. Auch Vermittler sind vor Schäden durch ihre Angestellten nicht gefeit.

Im Arbeitsleben kann es vorkommen, dass durch Fehler eines Arbeitnehmers Schäden beim Arbeitgeber entstehen. Die Rechtsprechung hat bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen Grundsätze entwickelt, nach denen auch der Arbeitnehmer selbst in die Haftung mit einbezogen werden kann. Grundsätzlich ist zwischen Schäden an Sachen und Personen zu unterscheiden.

In der Regel gesetzliche Haftungsübernahme bei Personenschäden

Wenn ein Arbeitnehmer bei einer betrieblichen Tätigkeit fahrlässig die Körperverletzung eines Kollegen hervorruft, springt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Damit werden zivilrechtliche Ansprüche aus § 823 BGB gegenüber dem anderen Arbeitnehmer wegen der Schädigung von Körper oder Gesundheit ausgeschlossen, soweit der Schädiger fahrlässig handelt. Bei vorsätzlicher Handlung eines Arbeitnehmers gilt dies also nicht. Gesetzlich geregelt ist dies in § 105 Abs. 1 SGB VII. Anstelle der zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche treten die öffentlich-rechtlichen Ansprüche gegen die zuständige Berufsgenossenschaft als Träger der Unfallversicherung.

Persönliche Haftung bei Sachschäden möglich

Bei Sachschäden gibt es dagegen keine gesetzliche Haftungsübernahme. Es haben sich hier durch die Rechtsprechung Grundsätze entwickelt. Der Arbeitnehmer muss seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringen und auch sogenannte Nebenpflichten beachten. So ist er verpflichtet – auch wenn dies naturgemäß nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag erwähnt ist –, mit den ihm überlassenen Arbeitsmitteln (Kundendaten, Computer, Maschinen, Kfz etc.) sorgfältig umzugehen. Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag schuldhaft und verursacht er dadurch einen Schaden beim Arbeitgeber, haftet er hierfür. Ein Verhalten ist schuldhaft, wenn entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt. Unter Fahrlässigkeit wird „die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ verstanden (§ 276 BGB).

Während das Bundesarbeitsgericht (BAG) früher an eine „gefahrgeeignete Arbeit“ anknüpfte, reicht es heute aus, wenn es sich um eine „betrieblich veranlasste Arbeit“ handelt. Dies sind Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers vornimmt oder mit denen der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich beschäftigt ist.

Wie ein Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis für Schäden gegenüber dem Arbeitgeber haftet, hängt nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleiches davon ab, was für ein Verschulden den Arbeitnehmer trifft. So hat das BAG in einer Vielzahl von Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit nicht persönlich haftet, dass er bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz voll zu haften hat und dass der Schaden bei „mittlerer“ Fahrlässigkeit nach einer bestimmten Quote aufgeteilt wird. Allerdings findet auch bei der persönlichen Haftung des Arbeitnehmers der im Arbeitsrecht allgegenwärtige Arbeitnehmerschutz Anwendung. Denn es sind sämtliche Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung einzubeziehen. Viele dieser Umstände können im Ergebnis zu einer weitgehenden Entlastung des Arbeitnehmers führen.

Besondere Umstände des Einzelfalls, die zu einer Entlastung des Arbeitnehmers führen können, sind beispielsweise die objektive Gefährlichkeit der Arbeit, die Höhe des Schadens, die Vergütung des Arbeitnehmers, aber auch die Möglichkeit des Arbeitgebers, dem Schaden durch eine Versicherung vorzubeugen. Alle diese Umstände können im Einzelfall eine Herabsetzung des vom Arbeitnehmer zu tragenden Anteils am Schaden zur Folge haben.

Arbeitnehmerregress auch ein Thema für Versicherungsmakler

Der Bereich der Personenschäden ist also im Wesentlichen klar gesetzlich geregelt, spielt zudem in der Praxis eher im gewerblichen Bereich, weniger bei Versicherungsmaklern eine Rolle. Der Bereich Sachschäden kann dagegen beim Versicherungsmakler eine größere Bedeutung haben. Der „klassisch“ ärgerliche Fall jedes Versicherungsmaklers, dass zum Beispiel ein Arbeitnehmer Kundendaten veruntreut und dadurch Schäden entstehen, ist dabei im Ergebnis eindeutig: Bei Vorsatz des Arbeitnehmers, der hier in der Regel zu unterstellen ist, haftet der Arbeitnehmer voll. „Kleinere“ Fehler des Arbeitnehmers, Dinge, die jedem passieren können – zum Beispiel ein Tippfehler bei einem Versicherungsantrag – werden dagegen zu keiner Arbeitnehmerhaftung führen. Die „spannenden“ Fälle sind die fahrlässigen bis grob fahrlässigen Fehler eines Arbeitnehmers. Sie können im Büroalltag des Versicherungsmaklers von dem Ausgießen einer Kaffeekanne über dem teuren Laptop, über die versehentliche Löschung wichtiger Kundendaten oder Fristen bis hin zu einem Sachschaden am Dienstfahrzeug gehen.

Dies sind auch für Versicherungsmakler die spannenden Einzelfälle der Rechtsprechung, wobei die Rechtsprechung das Bild geprägt hat, dass dann von einem grob fahrlässigen Verhalten des Arbeitnehmers auszugehen sei, wenn man sich „an den Kopf fassen muss“, was der Arbeitnehmer gerade getan hat. Dabei kommt es auf den Einzelfall an, sodass ein Fehler eines Praktikanten anders zu behandeln wäre als der Fehler einer erfahrenen Bürokraft. Gerade auf solche Fälle sollte sich der Versicherungsmakler vorbereiten.

Arbeitsvertragsgestaltung im Auge behalten

Es ist die Arbeitsvertragsgestaltung, bei der nicht nur bereits im Vorfeld geklärt werden sollte, wie bei solchen Fällen vorgegangen wird. Noch wichtiger ist es, für typische Fälle in der Branche (zum Beispiel vorsätzliches oder fahrlässiges Veruntreuen von Kundendaten) ein Strafversprechen in die Arbeitsverträge aufzunehmen. Denn es ist ein Dilemma im Schadenersatzrecht, dass ein Arbeitgeber häufig dem Grunde nach einen Schadenersatzanspruch hat, diesen aber der Höhe nach nicht spezifizieren kann (welcher Schaden ist denn durch die verschwundenen Kundendaten genau entstanden?). Diese Nachweislücke können gut gestaltete Arbeitsverträge gegebenenfalls schließen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2015, Seite 108f.

 
Ein Artikel von
Dr. Jan Freitag