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12. November 2015
Was Versicherungsmakler beim Pflegebedürftigkeitsbegriff beachten müssen

Was Versicherungsmakler beim Pflegebedürftigkeitsbegriff beachten müssen

Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs zur Pflegereform II steht der Pflegebedürftigkeitsbegriff. Doch Versicherungsmakler aufgepasst: Dieser wird in KV und LV teilweise sehr unterschiedlich ausgelegt und auch die Voraussetzungen für eine Auszahlung der Versicherungsleistungen sollten genau hinterfragt werden.

Von Consilium-Geschäftsführer Alexander Schrehardt –
Referent beim heutigen AssCompact TV Thementag Pflege. Zu den Sendungen geht‘s hier.

Die Absicherung des Risikos einer Pflegebedürftigkeit zählt unstrittig zu den wichtigsten Vorsorgemaßnahmen. Auf dem deutschen Versicherungsmarkt wird eine Vielzahl die gesetzliche Pflegepflichtversicherung flankierende Vorsorgelösungen angeboten. Aber aufgepasst: Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird in der Kranken- und Lebensversicherung teilweise sehr unterschiedlich ausgelegt und auch die Voraussetzungen für eine Auszahlung der Versicherungsleistungen sollten genau hinterfragt werden.

Was ist Pflegebedürftigkeit?

Auf den ersten Blick erscheint die Frage nach der Auslegung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit absurd. Hier sollte der Vermittler jedoch Vorsicht walten lassen, denn der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird nicht allgemein verbindlich definiert. Die Unterscheidung der sozialrechtlichen Definition nach § 14 SGB XI von der zivilrechtlichen Auslegung der Pflegebedürftigkeit unter Berücksichtigung der Activities of Daily Living (ADL) ist dabei unzureichend, da es einerseits weitere Definitionen gibt und andererseits auch kein verpflichtend einheitlicher ADL-Punktekatalog existiert.

Bei den Krankenversicherungstarifen setzt die bedingungsgemäße Pflegebedürftigkeit in den meisten Fällen auf der sozialrechtlichen Definition nach § 14 SGB XI auf. Für den Versicherungsnehmer einer Pflegekosten- oder Pflegetagegeldversicherung hat dies den Vorteil, dass mit der Anerkennung seiner Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), den Sozialmedizinischen Dienst der Knappschaften oder die MedicProof GmbH auch der Leistungsanspruch aus seiner Pflegezusatzversicherung gesichert ist.

Allerdings sollte sich der Vermittler vor Abschluss oder Übernahme eines Versicherungsvertrages zur weiteren Betreuung auch von der sozialrechtlichen Definition der Pflegebedürftigkeit in den AVB überzeugen. So konnte beispielsweise bei Altverträgen bzw. -tarifen, die aus einer Zeit vor Einführung der Pflegepflichtversicherung datieren, mangels gesetzlicher Grundlagen eine sozialrechtliche Definition nicht in die Versicherungsbedingungen übernommen werden. In der Folge musste nun eine gesellschaftseigene Umschreibung einer leistungspflichtigen Pflegebedürftigkeit vorgenommen werden. Diese Definitionen berücksichtigen für die Bewertung der Pflegebedürftigkeit Defizite und Leistungseinbußen der versicherten Person bei der Verrichtung der Alltagsaktivitäten, ohne dass sich diese direkt dem häufig verwendeten ADL-Punktekatalog zuordnen lassen.

Individuelle Definitionen in den AVB

Während in der Krankenversicherung die Verhältnisse bei der Definition der Pflegebedürftigkeit und der Zuordnung der Pflegestufen in vielen Fällen geordnet erscheinen, wird es in den Tarifen der Lebensversicherer schon farbenfreudiger. Während in den AVB zu einigen Pflegerententarifen die Beurteilung und die Bemessung der Pflegebedürftigkeit der versicherten Person auf der Grundlage eines allgemein anerkannten ADL-Punktekatalogs geregelt werden, räumen andere Lebensversicherer auch den Nachweis einer leistungspflichtigen Pflegebedürftigkeit nach sozialrechtlichen Kriterien ein.

Sofern das Versicherungsunternehmen in seinem Bedingungswerk eine „Best-of-both-Regelung“ erklärt, kann die Pflegebedürftigkeit der versicherten Person nicht nur wahlweise mit einem Leistungsbescheid der Pflegekasse oder (fach-)ärztlich auf der Grundlage von ADL-Kriterien nachgewiesen werden. Bei einer unterschiedlichen Bewertung des Umfangs der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, den Sozialmedizinischen Dienst der Knappschaften bzw. die MedicProof GmbH einerseits und den behandelnden (Fach-)Arzt andererseits würde in diesem Fall die für den Versicherten günstigere Einstufung berücksichtigt werden. Leider finden sich auch in den Bedingungswerken einiger Lebensversicherer abweichende Regelungen zum Nachweis und die Einstufung der Pflegebedürftigkeit der versicherten Person, sodass bei Abschluss wie auch bei der Übernahme eines Versicherungsvertrages zur weiteren Betreuung die Voraussetzungen für eine Leistungszahlung immer im Detail geprüft werden sollten. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Risiko der Pflegebedürftigkeit in der Lebensversicherung nicht nur durch Pflegerentenversicherungen gedeckt wird. Auch in der Berufsunfähigkeits-, Dread-Disease- und Rentenversicherung ist eine Absicherung der Pflegebedürftigkeit der versicherten Person oftmals beinhaltet. Bei einer vergleichenden Betrachtung der Versicherungsbedingungen fällt jedoch auf, dass in einigen Bedingungswerken haftungsrechtliche Fallstricke für den Vermittler gespannt sind. Eine detaillierte Prüfung der Vertragsgrundlagen ist somit anzuraten.

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Die Artikel finden Sie auch in der AssCompact Sonderedition Private Pflegevorsorge.

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