AssCompact suche
Home
Fort & Weiterbildung
15. Februar 2019
Weiterbildungspflicht: Vermittler sollten Zeit nicht einfach nur „absitzen“

Weiterbildungspflicht: Vermittler sollten Zeit nicht einfach nur „absitzen“

Wenn es schon eine Weiterbildungsverpflichtung gibt, sollten Vermittler diese Zeit optimal nutzen und sie nicht nur „absitzen“. Dabei geht schon sehr viel online, wie Frank Rottenbacher erklärt, der Vorstand der GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung AG und des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.

Vertrauen Sie Ihrem Arzt und dessen Ratschlägen? Gemäß GfK-Studie aus 2015 „Trust in Professions“ vertrauen 89% der Deutschen der Berufsgruppe „Ärzte“ voll oder ganz überwiegend. Für Banker liegt dieser Wert bei 43%, für Versicherungsvertreter bei nur 22%. Woher kommt diese Vertrauensstellung von Ärzten? Sicherlich trägt dazu bei, dass ich als Patient davon ausgehen kann, dass der Arzt fundiert im Interesse des Patienten berät, dass das Studium und die Prüfung zum Arzt echte Herausforderungen sind und weil man sich als Arzt regelmäßig weiterbilden muss, um nicht fachlich unterzugehen. Und wenn ich meinem Arzt vertraue, werde ich im Zweifel auch seinem Rat folgen.

Nun haben wir in unserer Finanzbranche gerade mal eine Sachkundeprüfung als Mindestqualifikation oder Einstiegshürde. Das sind keine Prüfungen, die viele unserer (akademischen) Zielkunden vor Respekt erstarren lassen. Umso wichtiger, dass wir uns fit halten. Nicht nur körperlich, sondern auch vom Know-how her. Zumindest im Versicherungsbereich verlangt der Gesetzgeber seit 2018 eine fachliche oder personelle Weiterbildung von 15 Zeitstunden. Kommunizieren wir das stärker nach außen, wäre das schon mal ein Anfang, das Vertrauensfundament etwas dicker gießen zu können. Nicht hilfreich in diesem Sinne wäre es dann allerdings, zur Umsetzung der Weiterbildungspflicht nur nach dem Weg des geringsten Widerstands zu suchen. Sich also zum Beispiel lediglich in Messevorträge oder Produktwebinare zu setzen, die leicht erreichbar sind und als Weiterbildungszeit anerkannt werden, aber einem persönlich keinen qualifizierenden Mehrwert bieten. Wenn sich dies durchsetzt, vertut die ganze Branche eine Riesenchance.

Zeit in Weiterbildung effektiv einsetzen

Wenn es schon eine Weiterbildungsverpflichtung gibt, dann sollten Sie diese Zeit doch optimal für sich selbst nutzen und sie nicht einfach „absitzen“. Unsere Empfehlung daher: Weiterbildung ist in jedem Fall eine Investition (zumindest in Zeit). Überlegen Sie sich daher genau, was Sie in den kommenden 12 bis 36 Monaten erreichen wollen, und setzen Sie Ihre Zeit effektiv ein. Ist es eine inhaltliche Spezialisierung, möchten Sie zum Beispiel aufgrund der LV-Provisionsdeckeldiskussion nun im Finanzanlagenvermittlungsbereich aktiver werden oder planen Sie eine Zielgruppe stärker zu fokussieren, etwa die Ruhestandsplanung für die Zielgruppe 50plus auszubauen etc.? Wenn Sie sich selbst diese inhaltlichen oder unternehmerischen Ziele gegeben haben, dann planen Sie auch Ihre Weiterbildung oder die Ihrer Mitarbeiter entsprechend zielgerichtet. Überlegen Sie sich, welche Inhalte und Themen Sie Ihrem Ziel näher bringen.

Das gilt natürlich nicht nur im gesetzlich vorgeschriebenen Umfeld. Das gilt für alle Beratungs- und Vermittlungsbereiche. Und es gilt nicht nur für die fachlichen Anforderungen, es geht auch um die personalen Kompetenzen. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Sie haben gelesen, dass die Gruppe der Ruheständler eine nicht nur vermögende, sondern auch kontinuierlich wachsende Zielgruppe ist und dennoch nur wenig von Finanzberatern fokussiert wird. Sie möchten Ihr Unternehmen daher in diese Richtung ausrichten. Durch die Lebenserfahrung der Generation 50plus ist es jedoch auch eine Zielgruppe mit besonderen Anforderungen, Erwartungen und Eigenarten. Wenn Sie in diesem Markt erfolgreich sein möchten, benötigen Sie – neben besonderen Fachkenntnissen zum Beispiel im Bereich Erben und Schenken, Besteuerung in der Ruhestandsphase, Patientenverfügung etc. – vor allem genaue Kenntnisse über die Zielgruppe und passende Beratungs- und Gesprächskonzepte. So ist es sinnvoll, sich mit der Kundentypologisierung und den Besonderheiten in der Kundenkommunikation zu beschäftigen.

Alles Fachwissen und hervorragende Beratungskonzepte bringen nichts, wenn Sie „auf einem anderen Kanal funken“ als Ihre neue Zielgruppe. Dazu gehört natürlich auch die Überprüfung des eigenen zielgruppenfokussierten Außenauftritts und somit auch einer guten Qualifikation und professionellen Weiterbildung. Nicht zuletzt kann beispielsweise ein anerkannter Titel die Fachqualifikation oder Spezialisierung auch marketingwirksam zur Geltung bringen und die Kompetenzvermutung beim Kunden erhöhen.

Weiterbildung gezielt angehen

Wenn es um den unternehmerischen Erfolg geht, dann kann sich die Weiterbildung natürlich nicht nur auf einen Kopf, sprich den Inhaber, konzentrieren. Es geht um das gesamte Team. Hier bieten sich Jahresgespräche an, um bei jeder Kollegin/bei jedem Kollegen auch die individuelle Weiterbildung mit ihren Inhalten fest zu vereinbaren. Erstellen Sie für jede Position (Vertrieb, Innendienst, Sachbearbeitung oder Ähnliches) ein Soll-Profil für die fachliche und personale Kompetenzanforderung und gleichen Sie es mit der Ist-Situation beim jeweiligen Mitarbeiter ab. Entsprechende Defizite können dann durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen angegangen werden. Das verhindert unkontrolliertes Buchen von „irgendwelchen“ Seminaren und so verfolgt auch wirklich das gesamte Team das Unternehmensziel. Übrigens sind über die IDD auch alle Mitarbeiter in der (Versicherungs-)Vertragsverwaltung oder Schadenbearbeitung weiterbildungspflichtig.

Für deren Weiterbildung bieten sich natürlich Web Based Trainings an. Präsenzseminare oder Messebesuche sind hier oft zu kostenintensiv. Bei der GOING PUBLIC! Akademie ist die Online-Weiterbildung die mit Abstand beliebteste Lösung. Zumal die Unternehmensinhaber so die Möglichkeit haben, das Weiterbildungsverhalten ihrer Mitarbeiter steuern zu können, damit es am Jahresende nicht zu bösen Überraschungen kommt.

Weiterbildungsförderung

Zum Glück fordert der Gesetzgeber aber nicht nur Weiterbildung, er fördert sie auch. Genannt seien hier exemplarisch die Bildungsprämie und das Aufstiegs-BAföG – ehemals Meister-BAföG. Hinzu kommen noch regionale Förderprogramme der Bundesländer. Weil es hier aus Vermittlersicht nichts zu verschenken gibt, empfiehlt es sich, eine Beratung einzuholen oder sich zu informieren. So kann die Förderung für die Weiterbildung zum Fachwirt für Finanzberatung (IHK) durch das Aufstiegs-BAföG bis zu 75% betragen (inklusive Steuerersparnis). Mit der Bildungsprämie können immerhin noch maximal 500 Fördereuro beantragt werden.

Wir dürfen nicht vergessen, welche Verantwortung wir als Berater und Vermittler für unsere Kunden tragen. Falsche Entscheidungen oder falsche/schlechte Produkte können schweren finanziellen Schaden zufügen. Und in Zeiten, in denen sich rechtlich, steuerlich und produkttechnisch so viel und schnell ändert: Haben unsere Kunden nicht ein Anrecht darauf, dass wir uns weiterbilden, um dieser Verantwortung gerecht zu werden? Ich glaube, das Recht haben Sie. Und es ist gleichzeitig auch noch zum unternehmerischen Wohl der Berater, weil Sie rechtssicherer unterwegs sind, zufriedenere Kunden haben und durch qualifizierte Beratung den erfolgreichen Verkauf erhöhen. Ist das etwa eine dieser Win-win-Situationen, von denen alle sprechen? Ja, das ist sie.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2019, Seite 92 f. und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Frank Rottenbacher

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Steffen Reck am 18. Februar 2019 - 10:19

Ich bin ganz bestimmt ein Freund von Weiterbildung, beruflicher Qualifikation und zeitgemäßer Beratung. Aber wenn wir schon einen Vergleich zu Ärzten ziehen, dann müssen wir doch auch sämtliche Parameter miteinander vergleichen! Im Unterschied zu unserer Berufsgruppe bekommt ein Arzt nämlich jeden Handschlag bezahlt. Über die Krankenkasse oder in Form von Zuzahlungen durch den Patienten. Erfolgsunabhängig, alleine fürs Tätigwerden! Und wie sieht es bei uns aus? In Zeiten von check24 und Co. sollen wir Unmengen an Zeit aufwenden, um den Verbraucher gut beraten zu können - nur bezahlen soll die gute Beratung keiner! Solange Beratung nichts kostet und Online-Modelle erlaubt sind (was ein Hohn ist, denn entweder sind Verbraucher schützenswert und benötigen eine umfassende Beratung) wird sich das Standing unserer Branche nicht wandeln und verbessern! Was nichts kostet, ist nichts wert. Und leider ist keiner (kaum einer) bereit etwas dafür zu bezahlen, solange es die Beratung auch "umsonst" gibt!

Gespeichert von Harald Eßwein am 18. Februar 2019 - 12:36

Diesen Ausführungen ist nichts mehr hinzuzufügen...
Der Gesetz- und Verordnungsgeber scheint Lichtjahre von der Realität entfernt zu sein!