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14. Juni 2017
Wie der Kfz-Versicherungsmarkt im Jahr 2035 aussehen könnte

Wie der Kfz-Versicherungsmarkt im Jahr 2035 aussehen könnte

Autonomes Fahren macht klassische Kfz-Versicherungen auf lange Sicht überflüssig, so eine Einschätzung von Fidelity. Die Analysten der Fondsgesellschaft betonen gleichzeitig, dass Versicherungen in maklerdominierten Märkten ihre Profitraten aufgrund des Wettbewerbs länger werden aufrechterhalten können. Außerdem benennen sie zukünftige Geschäftsfelder in der Kfz-Versicherung.

Die Fondsgesellschaft Fidelity International hat – nicht zuletzt zur Auslotung von Investmentchancen – einen Blick in die Zukunft der Kfz-Versicherung geworfen. Sie rechnet damit, dass der Kfz-Versicherungsmarkt nach 2035 allmählich schrumpfen wird und Versicherungsgesellschaften langfristig ihre Geschäftsmodelle überdenken müssen. Mit autonom gelenkten Fahrzeugen falle der Mensch als wichtigste Ursache von Unfällen weg und klassische Kfz-Versicherungen würden auf lange Sicht überflüssig. Im Zuge verbesserter Sicherheitssysteme werde die Zahl der Unfälle durch unachtsames Fahren in den kommenden Jahren zurückgehen. Dafür steige aber die Schadensumme je Unfall, denn moderne Sicherheitssysteme seien teuer und die Reparaturkosten entsprechend hoch. Eine bessere Sicherheitstechnik bewirke zudem, dass Unfallopfer glücklicherweise häufiger überleben. Versicherungen müssten demgegenüber mehr für Behandlungen und Rechtsstreitigkeiten, auch gegenüber Herstellern, einkalkulieren.

Längere Aufrechterhaltung der Profitraten in maklerdominierten Märkten

Doch bis dahin sei es noch ein weiter Weg und mittelfristig geht die Fidelity-Analyse sogar davon aus, dass Kfz-Versicherungen für Anbieter zunächst sogar profitabler werden. Die Kombination aus weniger Unfällen aber höheren Kosten pro Unfall werde die Profitmargen der Autoversicherer zwar zunächst belasten – nach einer Prognose von Fidelity werden die Kosten für Schäden 2035 ihren Höhepunkt erreichen –, danach werde dieser Effekt jedoch abebben, weil die Zahl der Unfälle durch die bessere Sicherheitstechnik so stark sinke, dass sich die Kosten für Schäden insgesamt verringerten und Sicherheitssysteme bis dahin außerdem günstiger zu reparieren seien, so Fidelity. „Wir rechnen in dieser Phase sogar mit steigenden Profiten der Kfz-Versicherer. Denn sie reagieren auf höhere Aufwendungen mit steigenden Prämien. Weil sich diese an den Kosten in der Vergangenheit orientieren, bleiben sie hoch“, sagt Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International. In Märkten, in denen der Vertrieb von Versicherungen vor allem über Makler erfolgt – wie beispielsweise in Deutschland, Italien, der Slowakei, Slowenien oder der Türkei – könnten Versicherungen hohe Profitraten länger aufrechterhalten, denn dort herrsche weniger Wettbewerb als in Ländern, in denen der Kfz-Versicherungsmarkt durch den Direktvertrieb dominiert wird, was beispielsweise in Großbritannien und den Benelux-Staaten der Fall ist.

Nach dem Jahr 2035 wird der Markt für Kfz-Versicherungen den Fidelity-Untersuchungen zufolge allmählich schrumpfen, die Umsätze werden nachgeben. Vor allem kleinere Versicherer, die ihre Fixkosten dann nicht mehr decken können, werden als erste zugunsten großer Anbieter aus dem Markt ausscheiden, so die Prognose von Fidelity.

Risiken ändern sich

Trotz der skizzierten starken Veränderungen am Markt werde das Kfz-Versicherungsgeschäft nicht vollkommen überflüssig werden, konstatiert die Fondsgesellschaft. Denn auch das autonome Fahren berge Risiken. Es sei dann weniger der Mensch, der Unfälle verursache, sondern die Technik. Die Hersteller werden mehr Verantwortung für Unfälle übernehmen müssen und beispielsweise für Sensor-Fehler oder Software-Pannen haften müssen.

Neue Geschäftsfelder Produkthaftung und Cyberpolicen

Zudem hätten einige Anbieter schon begonnen, Garantien für ihre autonomen Fahrzeuge abzugeben. Versicherer könnten sich hier ein neues Geschäftsmodell erschließen, indem sie entsprechenden Versicherungsschutz anböten, meint Fidelity. Bei der Übertragung ihrer Produkthaftung auf Versicherungen würden Automobilhersteller nach Fidelity-Einschätzung Anbieter bevorzugen, die weltweit präsent sind. Ein lukratives Geschäftsfeld seien auch Policen, die vor Cyberangriffen schützen. Denn ein autonomes Fahrzeug, das mit anderen Autos und der Umwelt kommuniziert, könne immer Opfer von Hackern werden. Hier täten sich die Versicherer allerdings momentan noch schwer, Risiken und mögliche Schäden einzupreisen, so Fidelity. (ad)