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6. September 2017
Wie ermittelt man eigentlich den Wert eines Maklerunternehmens?

Wie ermittelt man eigentlich den Wert eines Maklerunternehmens?

In der Branche kursieren die wildesten Ideen und Verfahren, wie man den Wert für einen Maklerbestand ermittelt und worauf es bei der Wertermittlung tatsächlich ankommt. Bestandsmarktplatz-Mitinitiator Andreas Grimm stellt in der Serie zum Bestandsmarktplatz diesmal einige Wertermittlungs­verfahren vor.

 

Eine wichtige Erkenntnis vorweg: Der Wert eines Maklerunternehmens ist etwas anderes als der Preis desselben. Und der Wert eines Bestands ist etwas anderes als der Wert eines Unternehmens. Weil wir es alle gerne einfach haben wollen, sprechen wir oft von einem Bestandsverkauf, auch dann, wenn wir Unternehmensverkauf meinen. Und wer in einem solchen Fall ein Bestandsbewertungsverfahren anwendet, der rechnet Nonsens. Übrigens wird das Bewertungsverfahren nicht „richtiger“, nur weil der Bestandsverkauf Teil eines Unternehmensverkaufs ist, und das Unternehmen als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft geführt wird.

Wer den Wert eines Maklerunternehmens ermittelt, sollte vor der Auswahl des Bewertungsverfahrens den Bewertungsanlass und das Bewertungsziel definieren. Davon hängt die Auswahl des Bewertungsverfahrens ab.

Einzelbewertungsverfahren

In der Literatur findet man einmal die Gruppe der Einzelbewertungsverfahren, zu denen auch das Substanzwertverfahren und das Liquidationsverfahren zählen. Während das Substanzwertverfahren bei Maklerunternehmen keinen wirklichen Sinn ergibt, ist das Liquidationsverfahren zumindest im Falle der Auflösung eines Maklerunternehmens anwendbar, zum Beispiel wenn zuvor der Maklerbestand aus einer GmbH herausgelöst und veräußert wurde und nur noch die Unternehmenshülle beim Inhaber zurückgeblieben ist. In manchen Fällen wird das Verfahren auch zur Ermittlung einer Preis­untergrenze für einen Unternehmensverkauf herangezogen. Bei einem Verkaufspreis unter dem Liquidationswert wäre es für den Inhaber wirtschaftlicher, das Unternehmen aufzu­lösen, als es zu verkaufen.

Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Verfahren

Soll das Unternehmen übertragen werden, greifen Fachleute üblicherweise auf die aus der Investitionstheorie abgeleiteten Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) zurück. Laien greifen dagegen gerne zu den Vergleichswertverfahren, zu denen auch die Multiplikatoren-Modelle zählen, wenn also beispielsweise die Bestandscourtage mit einem Faktor multipliziert wird und daraus der angebliche Wert abgeleitet wird. Dass diese Verfahren meist etwas anderes berechnen als den Unternehmenswert und hinter den Berechnungsverfahren viele Annahmen stecken, die auf den konkreten Einzelfall gar nicht passen, ist den bewertungsunerfahrenen Anwendern dabei meist nicht klar. Das wird auch dann nicht besser, wenn der Bewerter einen Hokuspokus mit mehreren hundert Fragen zum Bestand drum herum packt und große Kompetenz vorgaukelt.

Eine Sonderform stellt das sogenannte Stuttgarter Verfahren dar, das eigentlich als Schätzungsverfahren zur Ermittlung der Erbschaft- und Schenkungsteuer entwickelt wurde. Die Bewertung entspricht eigentlich nie dem tatsächlichen Verkehrswert eines Unternehmens und findet sich heute eigentlich nur noch in alten Satzungen von Maklergesellschaften zur Abfindung von Mitgesellschaftern.

Heute unter Steuerberatern verbreitet ist das vereinfachte Ertragswertverfahren gemäß Bewertungsgesetz. Nur weil dieses Verfahren sich ebenfalls „Ertragswertverfahren“ nennt und in einem Gesetz verankert ist, berechnet es noch lange keinen Ertragswert. Dieses aus steuerlichen Gesichtspunkten entwickelte Verfahren verzichtet komplett auf eine Prognoserechnung und nutzt nur die gewichteten Vergangenheitsergebnisse. Da ein Käufer jedoch die Zukunft und nicht die Vergangenheit eines Unternehmens „kauft“, ist das Verfahren für den Zweck der Übertragung ungeeignet.

Angewendetes Verfahren muss geeignet sein

Die Anwendung eines nicht geeigneten Bewertungsverfahrens ist ein wenig so, als würde man die Kennzahlen einer Fabrikhalle in das Bewertungsverfahren für ein Einfamilienhaus pressen. Man kann damit zwar rechnen und bekommt sogar Ergebnisse – die sind aber eher „für die Tonne“.

Der Anlass für die Bewertung eines Maklerunternehmens ist meist dessen Veräußerung oder die Tatsache, dass sich Gesellschafter oder Erben über den Wert einigen müssen. Am emotionalsten sind die Fälle, in denen die Ehe des Maklers nicht den geplanten Verlauf genommen hat und der Zugewinn ausgeglichen werden muss.

Für diese Fälle ist das Ertragswertverfahren bzw. das DCF-Verfahren (Nettoverfahren) das geeignete Verfahren. Sie blicken nicht in die Vergangenheit, sondern stellen sich die Frage nach den zukünftig erzielbaren Zahlungsströmen – so wie der Käufer eines Unternehmens bei seiner Kauf- oder Investitionsentscheidung.

Über diese Verfahren hat übrigens auch schon der Bundesgerichtshof 2011 (Az.: XII ZR 185/08) eindeutig entschieden. Weder ein Verfahren auf Basis von Umsatzmultiplikatoren noch sonst eine Alternative wurde akzeptiert.

Prognoserechnung ist erforderlich

Zur Ermittlung des Ertragswerts ist allerdings eine Prognoserechnung erforderlich, auf deren Basis die zukünftigen Zahlungsströme nach Steuern ermittelt werden können. Diese Prognosewerte werden anschließend auf den Bewertungsstichtag mit einem oder mehreren Abzinsungsfaktoren abgezinst und dann addiert.

Damit der Abzinsungsfaktor ermittelt werden kann, ist ein wenig Aufwand zu treiben: Der Basiszinssatz gemäß IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) wird um den Steuereffekt korrigiert. Dem so ermittelten Basiszinssatz nach Steuern wird dann die Marktrisikoprämie hinzugerechnet und die Abzinsungsfaktoren der einzelnen Kalenderjahre werden gegebenenfalls um Wachstumsabschläge oder Ähnliches korrigiert. Das Ergebnis wird Kapitalisierungszins genannt.

Damit ist der allgemeine Abzinsungsfaktor für ein Maklerunternehmen ermittelt. Der muss jedoch um die besonderen Spezifika des einzelnen Unternehmens oder einer passenden Vergleichsgruppe (der sogenannten Peergroup) angepasst werden. Dazu bedarf es der Multiplikation des Kapitalisierungszinses mit dem sogenannten Beta-Faktor. Vereinfacht ausgedrückt fließen in diesen beispielsweise die individuelle Analyse des Unternehmens und dessen Geschäftsmodell ein, also Größen wie die Qualität der Kundenstruktur und die Kundenloyalität sowie das Produkt- und Beratungsportfolio oder das individuelle Risikoprofil des Unternehmens oder der Vergleichsgruppe.

Das Produkt aus Beta-Faktor und Kapitalisierungszins wird systemisches Risiko genannt und stellt den eigentlichen Abzinsungsfaktor bei der Bewertung des Unternehmens dar.

Unbestritten ist das Ertragswertverfahren oder das DCF-Verfahren nichts für Anfänger. Aber nur weil andere Verfahren einfacher erscheinen mögen, bleibt eine einfache, hübsch verzierte unsinnige Rechnung im Kern immer noch eine unsinnige Rechnung.

Will ein Makler anstatt seines Unternehmens den Bestand verkaufen, besteht letztlich auch der Wert des Bestands in dessen Ertragswert. Es gehen also die prognostizierten Courtage­erlöse ebenso ein wie die direkten Kosten der Bestandsverwaltung. Anstatt einen unternehmensspezifischen Beta-Faktor einzurechnen, werden jedoch andere Faktoren wie der „tax amortization benefit“ berücksichtigt – also der Steuervorteil, der sich durch die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit bei einem Bestandskäufer ergibt. Die hat ein GmbH-Käufer beispielsweise nicht.

Fazit

Ob der Unternehmens- oder der Bestandsverkauf oder gar die Auflösung des Unternehmens die bessere Alternative darstellt, ist letztlich erst nach Abschluss der Analyse und Vergleich der Ergebnisse zuverlässig zu sagen. Es bleibt die Erkenntnis: So verlockend es sein mag, aus Zeit- und Kostengründen ein schnelles und vereinfachendes Bewertungsverfahren zu verwenden – es führt meist zu einer erheblichen Falschbewertung, also zu Fehlern von mehreren 10.000 oder 100.000 Euro. Eine Bewertung im Ertragswertverfahren vom Profi kostet meist nicht viel mehr als 1.500 Euro. Der Nutzen ist dagegen meist unbezahlbar.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2017, Seite 100 f.

 
Ein Artikel von
Andreas W. Grimm