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Steuern & Recht
28. August 2015
Zur Zulässigkeit der Spätehenklausel

Zur Zulässigkeit der Spätehenklausel

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die sogenannte „Spätehenklausel“ in der Hinterbliebenenversorgung zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer führt. Die Klausel ist daher unwirksam.

Im Streitfall ist die Klägerin die Witwe eines im April 1947 geborenen und im Dezember 2010 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten. Diesem waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich einer Witwenversorgung zugesagt worden. Die maßgebliche Pensionsregelung enthält eine „Spätehenklausel“. Nach dieser Klausel ist eine zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllte der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht. Die Ehe war erst am 08.08.2008 geschlossen worden. Die Beklagte weigerte sich aus diesem Grund, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

Diskriminierung wegen des Alters

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entschieden, dass die sogenannte „Spätehenklausel“ gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Diese Klausel führe nach Ansicht des Gerichts dazu, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin unmittelbar wegen des Alters benachteiligt werde. Die Benachteiligung könne weder in direkter noch in entsprechender Anwendung von § 10 S. 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden. Diese Bestimmung lässt bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu. Sie erfasst, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geht, nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwerversorgung. Weiterhin liegen die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 S. 1 und 2 AGG nicht vor. Die „Spätehenklausel“ führe zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. (kb)

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.08.2015, Az.: 3 AZR 137/13, Pressemitteilung vom 04.08.2015