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7. November 2017
Fünf Thesen: So sieht die Versicherungswelt 2030 aus

Fünf Thesen: So sieht die Versicherungswelt 2030 aus

Wie verändert sich das Innenleben von Versicherern und welche Auswirkungen hat dies für den Vertrieb? Einen Einblick in Gedankenspiele zum Versicherungsmarkt 2030 gab zeb auf der diesjährigen DKM. Für AssCompact haben Philip Franck und Mirko Theine, die den Themenbereich „Digital Operations“ bei zeb verantworten, ihre Gedanken in einem Kommentar zusammengefasst.

Heute eröffnen sich Versicherern weitreichende Möglichkeiten durch Anwendung neuer Technologien, wie beispielsweise Wearables (wie Smart Watches oder Fitnessarmbänder), künstliche Intelligenz oder Blockchain-basierter Produkte näher an den Kunden heranzurücken. Während der ein oder andere Versicherer noch damit hadert, ob damit eher Chancen oder Risiken verbunden sind, steht eines fest: Die Versicherungswelt wird sich grundlegend verändern. Die Strategieberatung zeb fordert von der Versicherungsbranche: „Think 2030!“ In fünf zentralen Thesen beschreibt zeb durchaus provokant die Versicherungswelt im Jahr 2030.

80% der Abläufe werden vermieden, beschleunigt oder automatisiert

Wo heute Menschen einfache Arbeiten in der Sachbearbeitung erledigen, wird diese Bearbeitung zukünftig automatisiert mittels selbstlernenden Algorithmen durchgeführt, ohne dass manuelle Eingriffe erforderlich sind. Doch nicht alles wird voll automatisiert laufen, jedoch technisch gestützt. Neuartige Mensch-Maschine-Schnittstellen werden zum Einsatz kommen und Technologien wie Augmented Reality (technische Erweiterung der Realitätswahrnehmung) oder Face-ID einsetzen. Im Service wird zunehmend auf Selfservices gesetzt – Vermittler und Kunden agieren in benutzerfreundlichen Systemen. Zugleich werden Vermittler weiterhin umfassend persönlich und technisch durch den Innendienst in Ihrer Arbeit unterstützt.

Vom Vermuten zum Wissen

Durch Data Analytics und Deep Learning erfolgt der Wandel zu äußerster Präzision im Vertrieb und in der Versicherungstechnik. Das Bild des gläsernen Unternehmen und des gläsernen Kunden wird zur Realität. Risiken werden IoT-fähig (Internet of Things). Sensorik erkennt Schäden und Leistungsfälle bereits vor ihrem Eintreffen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden lässt sich präzise vorhersagen – im besten Fall lassen sich Schäden sogar vermeiden, weil eine rechtzeitige Reaktion ausgelöst wurde. Kommt es zum Schaden, wird dieser IoT-gestützt begutachtet und reguliert. Der Einsatz von Drohnen am Schadenort, Ortsbesichtigungen durch Augmented Reality Brillen und Sensormeldungen beschleunigen die Bearbeitungszeit erheblich. Die zielgerichtete Verarbeitung von Analytics-Ergebnissen wird durch KI-Tools (künstliche Intelligenz) vorgenommen.

100% höhere Vermittlerproduktivität

Auch 2030 wird der persönliche Vertrieb eine zentrale Rolle beim Vertragsabschluss spielen und weiterhin unabdingbar sein. Der Verkauf wird sich jedoch wandeln und der Vermittler kann zum Profiteur der Automatisierung werden. Die intelligente Datennutzung ermöglicht die exakte Vorhersage von Kundenbedarf und seiner Zahlungsbereitschaft. Vermittler wissen zukünftig bereits, was der Kunde braucht, bevor Sie den Kundentermin wahrnehmen. Termine, in denen der Kunde keinen Bedarf äußert oder die Liquidität für den Abschluss eines Versicherungsproduktes fehlt, entfallen. Dadurch erhöht sich die Abschlussquote bei Verkaufsgesprächen signifikant und führt zu einer Verdoppelung der Produktivität von Vermittlern.

80 Millionen Produktvarianten

Produkte lassen sich so stark individualisieren, dass sprichwörtlich jeder Bürger sein individuelles Versicherungsprodukt erhält – ohne Verlust des Kollektivmechanismus der Versicherung. Die automatisierte Abwicklung von Produkten ermöglicht eine hohe Vielfalt und einen modularen Aufbau bei gleichzeitiger Beherrschung der Komplexität. Kundenkontaktpunkte sind entlang relevanter Anlässe in den jeweiligen Lebenswelten (z.B. Mobilität) verortet, die die klassische Produktwelt wird abgelöst. Statt Produkten erhält der Kunde umfassende Lösungen für seine Lebenssituation, die auch wesentliche versicherungsfremde Leistungen enthalten.

Zwei von drei Mitarbeitern

Zwei Drittel der heute noch in Versicherungen arbeitenden Mitarbeiter arbeiten nicht mehr in einem Versicherungsunternehmen, sondern sind bei Kooperationspartnern, Dienstleistern oder InsurTechs beschäftigt. InsurTechs unterstützen die Fokussierung auf das Kernangebot des Versicherers und dienen als verlässliche Vertriebs- und Servicepartner. Drittanbieter helfen Versicherern alle ressourcenintensiven Prozesse, die nicht zum Kerngeschäft gehören effizient und regulatorisch sicher abzuwickeln.

Konsequenzen

Durch ein höheres Maß an Automatisierung wird die Kosteneffizienz deutlich zunehmen. Gleichzeitig wird sich der Anteil der Versicherer selbst an der Wertschöpfung signifikant reduzieren, da Funktionen an Dienstleister und Kooperationspartner ausgelagert werden. Der Bedarf an hochqualifizierten Personal mit KI-/Analytics-/IT-Skills wird zunehmen und den Kampf um Talente noch weiter verschärfen.

Insgesamt führt ein Umdenken von einem statischen Geschäfts- und Betriebsmodell zu einem dauerhaften Verändern und Innovieren zukünftig zu Erfolg am Markt. In einem Transformationspfad beschreibt zeb den Weg für Versicherer zum Zielbild „Think2030!“. Den einen Königsweg für alle Versicherer gibt es nicht. Viel entscheidender dabei ist der Einsatz der richtigen Werkzeuge und die Priorisierung der einzelnen Schritte – so wird aus „Think 2030!“ „Act 2030!“.

 
Ein Artikel von
Philip Franck
Mirko Theine