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28. Mai 2018
Altersvorsorge: „Kapitalmarktnahe Produkte sind derzeit alternativlos“

Altersvorsorge: „Kapitalmarktnahe Produkte sind derzeit alternativlos“

ERGO setzt bei ihren Angeboten für Altersvorsorgesparer auf kapitalmarktnahe Produkte und Direktinvestments in Fonds. Deutsche sollten nach Ansicht des Versicherers zugunsten einer attraktiven Rendite mehr Mut zeigen – auch in Richtung Aktieninvestments, sagt Andree Moschner, Mitglied des Vorstands der ERGO Group AG

Herr Moschner, von welchen Faktoren werden die Finanzmärkte in diesem Jahr getrieben?

Wir befinden uns aktuell im Spannungsfeld zwischen weltpolitischen Risiken und überzeugenden Wirtschaftsdaten. Die Märkte haben seit Jahresbeginn allerdings vor allem die Risiken im Blick. Dadurch befinden sich, trotz guter Konjunktur, nahezu alle Asset-Klassen in einem schwierigen Umfeld. Ein gutes Beispiel sind die Turbulenzen an den Weltbörsen aus Sorge vor einer wachsenden Abschottung im Welthandel. Kommt es dagegen zu positiven Überraschungen, wie etwa eine Deeskalation im Konflikt mit Nordkorea, kann dies den Märkten auch Auftrieb geben. Investoren würden dann wieder einen stärkeren Fokus auf überzeugende Wirtschaftsdaten und Konjunkturaussichten legen. Es bleibt also spannend.

Lässt sich aus Ihrem institutionellen Geschäft etwas ableiten für Privatanleger und Altersvorsorgesparer?

Definitiv. Wir sind von einer langfristig positiven Entwicklung der Aktienmärkte überzeugt. Natürlich sehen wir in dieser Asset-Klasse immer wieder mal Rücksetzer. Aber gerade Sparer mit langem Anlagehorizont können dem gelassen begegnen. So kamen etwa Dax-Anleger in den vergangenen 20 Jahren auf eine jährliche Rendite von 6%. Und das trotz Extremereignissen wie der Finanzkrise. Garantien sind teuer. Für eine attraktive Gesamtrendite ist in der Altersvorsorge künftig also mehr Mut gefragt – auch zu Aktieninvestments.

Das Geschäft mit Fondspolicen oder fondsgebundenen Policen zieht an. Glauben Sie an eine langfristige Entwicklung oder bekommen die Deutschen doch wieder kalte Füße?

Die stärkere Orientierung hin zu kapitalmarktnahen Produkten ist eine langfristige Entwicklung. Vermögensaufbau ist wichtig und es gibt kaum Alternativen, die langfristig so eine gute Rendite bieten. Das sehen wir auch am hohen Zuspruch zu unseren Direktanlageangeboten. So sind unsere drei neuen Vermögensmanagement-Fonds sehr erfolgreich gestartet und performen besser als die Peergroup. 2017 sind wir in der Fondsanlage gegenüber dem Vorjahr um fast 10% gewachsen, im ersten Quartal 2018 zweistellig. Das zeigt deutlich die steigende Nachfrage. Und auch in der Altersvorsorge über eine Lebensver­sicherung gilt mit Blick auf das Ende der traditionellen Konzepte, dass Fondspolicen eine wichtige Rolle spielen.

Versicherungsmakler sind der wichtigste Vertriebsweg für Fondspolicen. Trotzdem wird Versicherungsmaklern Zögern nachgesagt, wenn es um die entsprechende Beratung geht ...

Neben unserer eigenen Ausschließlichkeitsorganisation sind Versicherungsmakler für uns ein wichtiger Vertriebsweg. Und unsere neuen Produkte stoßen bei ihnen auf großes Interesse – das haben wir gerade erst wieder im April bei einer Roadshow festgestellt, auf der wir unsere neuen Altersvorsorgeprodukte ERGO Rente Index und ERGO Rente Balance im Detail vorgestellt und mit den Maklern diskutiert haben.

Noch ist nicht ganz geklärt, ob es sich nicht doch um Anlageberatung handelt. Da geht es um die Fondsauswahl, Fondskosten, Timing und vieles mehr. Wie komplex ist das Geschäft?

Es ist unser Anspruch, Informationen zu unseren Produkten so einfach und klar wie möglich zu transportieren. Auch die Qualifizierung und Unterstützung der Vermittler durch uns fußt auf diesem Ansatz. Die Entscheidung für die richtige Art des Vermögensaufbaus ist für Kunden wichtig. Wir unterstützen sie dabei, das nehmen wir sehr ernst. Einige Kunden haben klare Anlagewünsche und eine genaue Vorstellung hinsichtlich der Fondsanlage oder der Ausgestaltung der Policen; andere wünschen sich hier mehr Unterstützung und Beratung. Die neuen regulatorischen Vorschriften nach MiFID II und IDD zielen in die gleiche Richtung.

Warum braucht es den Versicherungsmantel? Auch ERGO bietet Fonds direkt an.

Altersvorsorge und Vermögensaufbau können sowohl durch Produkte mit Lebenmantel wie auch durch die Direktanlage erfolgen. Der Versicherungsmantel bietet die Glättung von Kapitalmarktbewegungen beim Sparen im Kollektiv und eine lebenslange Rentenzahlung und damit die Absicherung, dass Kunden auch im Alter von 90 Jahren oder mehr mit einer monatlichen Zahlung rechnen können. Je nach persönlicher Vorliebe, sonstiger Vorsorge oder Anforderungen wie mehr Flexibilität beim Zugriff bieten sich auch Fondsdirektprodukte an. Dann können unsere Investmentfonds in der Direktanlage genau die richtige Option sein. ERGO bietet beide Varianten an, was aus meiner Sicht für eine kundengerechte Beratung unerlässlich ist.

Was sind dann die wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Gestaltung von Fondspolicen?

Sowohl die Gestaltung des Mantels der Police als auch die des Kapitalmarktkerns sind wichtig. Unsere neuen Tarife gehen hier zum Teil neue Wege und bieten so maximalen Nutzen für den Kunden. Da ist zum einen das Rentenfaktorkonzept, mit dem das gebildete Kapital bei Rentenbeginn in eine lebenslange Rente umgerechnet wird. Niemand weiß, wie alt er wird. Zum anderen ist es die Auswahl der Anlage. Einerseits aktiv gemanagte Fonds – nur wenige wollen sich selber jeden Tag mit Marktbewegungen beschäftigen, das nehmen unsere Experten den Kunden gerne ab. Für eine optimale Aufstellung haben wir aber andererseits auch ETFs für den Anlagemix unserer Fondspolicen ausgewählt. Die ERGO Rente Balance bietet dem Kunden zudem optimale Flexibilität mit der Möglichkeit eines „sicheren“ Hafens bei Kapitalmarkt­turbulenzen, das ist in dieser Form bisher einmalig im Markt.

Die Kosten bleiben aber ein Problem von Fondspolicen. Ausgabeaufschläge und Flexibilität kosten den Kunden auch wieder Rendite. Gibt es hier einen allgemeinen Trend?

Einen Ausgabeaufschlag haben Fondspolicen nicht. In den vergangenen Jahren ist es für viele Kunden wichtiger geworden, auf flexiblere Konzepte zurückzugreifen und gleichzeitig von Vorteilen wie einer lebenslangen Rente zu profitieren. Noch mehr Flexibilität erreicht der Kunde bei der Direktanlage. Doch welches Produkt letztendlich für wen am besten geeignet ist, lässt sich in einer persönlichen Beratung besprechen.

Ohne Betreuung ist eine Fondspolice nicht viel wert. Wie viel Flexibilität verträgt der Kunde in seiner Vertragslaufzeit – trotz neuer Vorschriften in der Beratung?

Es gibt Kunden, die über einen sehr langen Zeitraum an ihrer ursprünglichen Wahl festhalten, da sich ihre Lebensumstände nicht wesentlich geändert haben. Andere Kunden benötigen mehr Flexibilität, sei es durch einen Fondswechsel oder durch mehr oder weniger Partizipation an den Kapitalmärkten. Wir tragen diesen unterschiedlichen Bedürfnissen in unseren Produkten Rechnung und erfüllen damit auch die Anforderungen der Regulatorik.

Wohin werden Sie die Produkte bei der ERGO in Zukunft denn weiterentwickeln?

Wir haben in den vergangenen 15 Monaten eine große Produktoffensive gestartet: Einerseits haben wir mit der ERGO Rente Index, der ERGO Betriebsrente Index und der ERGO Rente Balance drei neue Produkte für die Altersvorsorge im Versicherungsmantel eingeführt. Andererseits haben wir zwei neue Fondssparpläne in das Angebot aufgenommen und unsere Fondspalette weiterentwickelt.Wir haben hier unter anderem zusammen mit unserem Asset-Manager, der MEAG, eine Familie von drei Vermögensmanagement-Fonds am Markt eingeführt.

Jetzt geht es natürlich darum, die neuen Produkte weiter am Markt zu etablieren. Darüber hinaus werden wir unsere Produktpalette in den anderen Bereichen sukzessive weiterentwickeln und ergänzen. Dabei setzen wir gezielt auf kapitalmarktorientierte Produkte und werden damit auch die Kompetenz des gesamten Munich Re Konzerns nutzen, um den Nutzen für den Kunden und die Verständlichkeit unserer Produkte bei Anlegern und Beratern immer weiter zu optimieren und zu verbessern.  

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2018, Seite 36 f.

 
Ein Artikel von
Andree Moschner