AssCompact suche
Home
Management & Wissen
1. August 2019
Intelligente Mobilität – Revolution statt Trend

Intelligente Mobilität – Revolution statt Trend

Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen im Markt für intelligente Mobilität befinden sich auf unterschiedlichen Entwicklungsniveaus. Laut Thilo Wolf, Deutschland-Chef von BNY Mellon Investment Management haben die Finanzmärkte Potenzial und zukünftige Dynamik noch nicht angemessen in die Bewertungen eingepreist.

Intelligente Mobilität ist kein neuer technologischer Trend. Intelligente Mobilität ist eine Revolution unseres Alltags. Sei es der Wechsel von Verbrennungsmotoren zu Elektrofahrzeugen, die Vernetzung von (autonomen) Fahrzeugen oder die Einführung von neuen Mitfahr- und Carsharing-Modellen bis hin zu autonomen Flugtaxis. Alles, was wir bisher mit Mobilität verbunden haben, ist dabei, sich grundlegend zu verändern. Wie kommen wir zur Arbeit? Wie gehen unsere Kinder zur Schule? Wie verreisen wir in den Urlaub? Wie entkommen wir dem Stau in den Hauptverkehrszeiten? Wo finden wir einen Parkplatz trotz zugeparkter Straßen? Mit den Antworten auf diese Fragen beschäftigen sich immer mehr Unternehmen. Gängige Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte und Dienstleistungen werden neu definiert und auf den Markt gebracht. Für Anleger, die von diesem Wandel frühzeitig profitieren möchten, ist es umso wichtiger, die neuen Technologien und deren Auswirkungen auf Umwelt, Mensch und Unternehmen zu verstehen und die Wettbewerbslandschaft richtig zu bewerten.

Vernetze Fahrzeuge – Airbag für den Straßenverkehr?

Trotz Rückschlägen in puncto Sicherheit und Funktionalität rückt der Einsatz von selbstfahrenden Fahrzeugen im Alltag dank der Fortschritte bei Technologie und Produktion immer näher. Laut Expertenschätzungen sollen 80% der zehn größten Automobilhersteller planen, bis zum Jahr 2025 autonome Fahrzeugtechnologien einzusetzen. Experten gehen davon aus, dass langfristig gesehen autonome und mit der Umwelt vernetzte Fahrzeuge die Sicherheit auf den Straßen drastisch verbessern werden. Schätzungen gehen davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der Unfälle (bis zu 87%) zukünftig durch sogenannte „Fahrerassistenz- und Autopilot-Systeme“ vermieden werden können. Der Informationsdienst IHS Markit erwartet, dass der Umsatz von autonomen Fahrzeugen von 51.000 im Jahr 2022 auf mehr als 33 Millionen weltweit bis 2040 steigen und rund ein Viertel des Umsatzes mit neuen Fahrzeugen ausmachen wird. Von dieser Entwicklung werden Unternehmen profitieren, die den Automobilmarkt für Anwendungen wie Kollisionswarnung, adaptive Beleuchtung, Parken und E-Calling beliefern.

Mitfahrmodelle neu gedacht

Die Verdichtung des Lebens in Großstädten erfordert neue effiziente und ökologisch verträgliche Transportlösungen, um die wachsende Luft- und Umweltverschmutzung sowie das enorme Stauaufkommen in Ballungsräumen in den Griff zu bekommen. In den USA allein verursachen Staus Kosten von schätzungsweise 160 Mrd. US-Dollar – samt den sieben Milliarden Stunden, die man im Stau feststeckt, und den mehr als elf Milliarden Litern Benzin, die man zusätzlich verbraucht. Mitfahrmodelle durch Unternehmen wie Uber oder Lyft könnten die Anzahl an Fahrzeugen um ein Drittel reduzieren. Bis heute sind deshalb bereits mindestens 32 Mrd. US-Dollar in Start-Ups investiert, die Technologien für unterschiedliche Mitfahrsysteme entwickeln. Die Anzahl von Personen weltweit, die Mitfahrsysteme nutzen bzw. nutzen werden, soll schätzungsweise von 207,38 Millionen (2015) auf 539,49 Millionen im Jahr 2021 steigen (Quelle: Statista, April 2017). Anleger sollten allerdings bedenken, dass die Technologien sich zurzeit noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden und es bisher weltweit nur wenige Unternehmen gibt, deren Aktien an der Börse notiert sind.

Autonomes Fahren nur mit 5G-Standard

Auf dem heutigen Stand der Technologie können Fahrzeuge nicht nur mit dem Internet und GPS verbunden werden, sondern auch andere Fahrzeuge, Fußgänger und die umliegende Infrastruktur einbeziehen. Beispielsweise können Fahrzeuge erkennen, dass sich ein Krankenwagen nähert, bevor der Fahrer überhaupt die Sirene hört. Genauso können dem Fahrer lange vor dem Ziel Parkmöglichkeiten angeboten werden. Oder er wird frühzeitig informiert, dass Passanten einen Zebrastreifen überqueren.

Derartige Entwicklungen sind keine Science Fiction. Sie gibt es bereits. Es bedarf allerdings noch einer stärkeren Verbreitung. Dies wird wiederum dazu führen, dass sich die gesamte Dateninfrastruktur in den nächsten Jahren stark weiterentwickeln muss. Heute braucht es schätzungsweise immer noch 25 GB pro Stunde, um ein Fahrzeug zu vernetzen. Im Vergleich dazu sind nur 869 MB pro Stunde nötig, um einen hochauflösenden Film zu streamen. Diese Lücke wird die Industrie in den Bereichen Datenmanagement, Halbleiterausstattung, Cloudcomputing, Breitbandinternetzugang und Echtzeitkommunikationstechnologie schließen müssen. Denn autonome und vernetzte Mobilität der Zukunft kann nur funktionieren, wenn wir ein Internet haben, das in Echtzeit Daten verarbeitet und weiterleitet. Hierbei spielt die Einführung des mobilen Internets mit 5G-Standards über ein weit verzweigtes Glasfaserkabelnetz eine entscheidende Rolle. Fahrerlose Taxis, intelligente Stromnetze zum Ausgleich des Energiebedarfs, intelligente Gebäude und Gesundheitseinrichtungen, die mittels Sensoren und Applikationen zu einem „Internet der Dinge“ verbunden werden, werden das Stadtleben prägen. Laut Prognosen von GSMA Intelligence werden ein Drittel der Weltbevölkerung bis 2025 eine 5-Abdeckung haben. Der dafür erforderliche Einsatz neuer Glasfaserdienstleistungen steckt zwar noch in den Kinderschuhen, dürfte in den nächsten Jahren durch die Verbreitung und Entwicklung des 5G-Standards aber deutlich an Dynamik gewinnen. Wir gehen davon aus, dass die Finanzmärkte Unternehmen, die Glasfaserkabel oder damit verbundene Technologien wie Musik- und Videostreaming, Cloudcomputing oder Cybersicherheit entwickeln oder auch die Straßengräben für das 5G-Infrastruktur ausheben, einen höheren Stellenwert in einer immer stärker vernetzten Welt zumessen werden, woraus sich schon heute interessante Anlagechancen ergeben.

Der Markt für intelligente Mobilität ist kein einheitlicher und Unternehmen sowie deren Produkte und Dienstleistungen befinden sich auf unterschiedlichen Entwicklungsniveaus. Unserer Einschätzung nach haben die Finanzmärkte das Potential und die zukünftige Dynamik noch nicht angemessen in die Bewertungen eingepreist. Wir glauben, dass Anleger sich deshalb mit dem Thema „intelligente Mobilität“ in all seinen Facetten eingehend beschäftigen und besser früher als später investieren sollten.