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21. Januar 2020
PKV: Wann ist eine In-vitro-Fertilisation medizinisch notwendig?

PKV: Wann ist eine In-vitro-Fertilisation medizinisch notwendig?

Ob eine künstliche Befruchtung von der privaten Krankenversicherung bezahlt wird, hängt von den Erfolgsaussichten ab. Diese wiederum dürfen sich nur am Behandlungsziel orientieren, nämlich dem Herbeiführen einer Schwangerschaft. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Spermieninjektion sind deren Erfolgsaussichten grundsätzlich nur am Behandlungsziel der Herbeiführung einer Schwangerschaft zu messen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Verfahren entschieden. Das Alter der Frau und eine damit verbundene erhöhte Abortrate ist kein Grund, dass die PKV die Kosten nicht übernimmt.

Konkret forderte ein Mann die Erstattung der Kosten für vier künstliche Befruchtungen seiner Ehefrau von seiner privaten Krankenversicherung. Er selbst kann auf Grund einer Kryptozoospermie auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen. Die Versicherung lehnte die Kostenübernahme ab. Sie hielt die Behandlung für medizinisch nicht notwendig, da die Ehefrau mit über 50 bereits ein Alter erreicht hatte, in welchem das Risiko für Fehlgeburten stark erhöht sei.

Erhöhte Wahrscheinlichkeit für Fehlgeburt ist kein Grund

Der Versicherer hatte mit seiner Klage durch alle Instanzen keinen Erfolg. Der BGH begründet sein Urteil damit, dass die Behandlung auf Grund der Erkrankung des Mannes medizinisch notwendig sei. Darüber hinaus sei auch die Erfolgsaussicht einer Schwangerschaft weiterhin gegeben. Eine medizinische Notwendigkeit sei erst dann nicht mehr gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryotransfer zur gewünschten Schwangerschaft führt unter 15% absinke. Dies sei hier nicht der Fall. Die Erfolgswahrscheinlichkeit nach Alter ist im IVF-Register umfassend dokumentiert. Zusätzlich seien jedoch auch die jeweils individuellen persönlichen Erfolgsaussichten der Schwangerschaft zu betrachten. Auch diesbezüglich besteht bei dem Paar keine Einschränkung.

Behandlung steht nicht in Zusammenhang mit Schwangerschaftsverlauf

Eine Prognose über den weiteren Verlauf der Schwangerschaft sei darüber hinaus nicht zu stellen. Entscheidend ist nur der mit der Behandlung angestrebte Erfolg: die Herbeiführung einer Schwangerschaft. Auf die weitere Schwangerschaft nehme die Behandlung keinen Einfluss. Etwas anderes gelte höchstens, wenn aus individuellen Gründen die Wahrscheinlichkeit für eine Lebendgeburt stark reduziert sei. Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht so.

Leistungsfreiheit nach Treu und Glauben des Versicherers nur im Einzelfall

Der geforderte Grad der Erfolgsaussicht würde laut dem BGH gleichzeitig sicherstellen, dass der Versicherer für beliebig oft wiederholte erfolgslose Behandlungen aufkommen muss. Der Bereich, in dem eine Leistungsfreiheit des Versicherers nach Treu und Glauben in Betracht zu ziehen sei, bleibe somit auf besondere Einzelfälle beschränkt. (tos)

BGH, Urteil vom 04.12.2019, Az.: IV ZR 323/18

Bild: © Nitiphol – stock.adobe.com

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