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18. September 2020
Verkehrssicherungspflicht in sakralen Gebäuden: Augen auf beim Besuch

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Verkehrssicherungspflicht in sakralen Gebäuden: Augen auf beim Besuch

Wer in einer Kirche auf den Stufen zum Hochaltar stürzt, kann der entsprechenden Kirchengemeinde keine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht vorwerfen. Das hatte das LG Osnabrück mit einem Urteil im Mai entschieden, das Anfang September vom OLG Oldenburg nun bestätigt worden ist.

Mit einem aktuellen Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg ein Urteil des Landgerichts (LG) Osnabrück vom Mai 2020 bestätigt und die Berufung einer Klägerin zurückgewiesen, die in einer Kirche gestürzt war und Schmerzensgeld dafür verlangte. Dieses und das angefochtene Urteil sind damit vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Die zum Unfallzeitpunkt 65-jährige Klägerin, die unter einem zerebralen Aneurysma der Arteria Carotis intera (ACI) leidet, hatte anlässlich der Taufe ihres Enkelsohnes im Jahr 2018 eine Kirche besucht, die im Eigentum der Beklagten steht. In der Kirche befindet sich ein über vier Treppenstufen erreichbarer Hochaltar, hinter dem sich noch eine weitere Treppenstufe befindet. Auf dieser Ebene steht das Taufbecken. Die Bodenfläche und die Treppenstufen sind farblich identisch. Die Stufen sind nicht beleuchtet. Zum Unfallzeitpunkt waren sie auch nicht anderweitig gekennzeichnet.

Klägerin beanstandet unzureichende Beleuchtung der Treppenstufen

Die Klägerin hatte angegeben, sie sei auf dem Rückweg vom Hochaltar herunter zum Altarsockel gestürzt, da sie die Stufe nicht wahrgenommen habe. Der Sturz habe dazu geführt, dass sie zunächst mit dem Kopf gegen den Altar geschlagen sei und dann versucht habe, sich mir den Händen abzustützen. Infolgedessen habe sie sich beide Handgelenke sowie die rechte Schulter gebrochen, was eine stationäre Behandlung im Klinikum notwendig gemacht habe. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weshalb es zum Sturz gekommen sei. Die Stufen im Altarraum seien unzureichend beleuchtet gewesen. Sie verlangte unter anderem mindestens 30.000 Euro Schmerzensgeld plus Zinsen und wollte von der Beklagten sämtliche Schäden ersetzt haben, die ihr aufgrund des Unfalls entstanden waren und noch entstehen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

LG Osnabrück: Besonderheiten des Altarraums müssen berücksichtigt werden

Mit dem im Mai 2020 verkündeten Urteil hat das Landgericht Osnabrück die Klage abgewiesen. Der Beklagten sei keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen. Bei Kirchengebäuden und der Gestaltung des Altarraums seien die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich aus der Natur des Gebäudes und seiner Nutzung ergäben. Aufgrund der besonderen religiösen Rolle des Altars bestehe auch entgegen etwaigen Vorgaben aus der Arbeitsstättenverordnung keine Pflicht, die Stufen dort zu kennzeichnen oder zu beleuchten. Die nachträglich erfolgte Markierung auf der Stufe bedeute nicht, dass ohne diese Markierung eine Verkehrsscherungspflichtverletzung vorgelegen habe.

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