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25. September 2020
Eigenbedarf: Unterliegen Ex-Ehepartner einer Kündigungssperre?

Eigenbedarf: Unterliegen Ex-Ehepartner einer Kündigungssperre?

Unterliegt eine geschiedene Ehefrau, die eine Immobilie von ihrem ehemaligen Schwiegervater erhalten hat, der dreijährigen Kündigungssperre, wenn sie Eigenbedarf anmeldet? Im zugrunde liegenden Fall hatte der BGH zu entscheiden, wie die Beziehung zwischen den geschiedenen Ehepartnern zu bewerten ist.

Beim Erwerb einer Immobilie unterliegt der Käufer laut § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 BGB grundsätzlich einer drei Jahre dauernden Kündigungssperre. Das heißt, auch wenn der Immobilienkäufer Eigenbedarf anmeldet, kann er dem Mieter der Wohnung nicht sofort kündigen. Es sei denn, der Käufer der Immobilie gehört derselben Familie oder demselben Haushalt an, wie der Verkäufer. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) musste nun geklärt werden, ob sich geschiedene Ehegatten ebenfalls auf diese Klausel berufen können und dementsprechend vor Ablauf der dreijährigen Frist Eigenbedarf anmelden können.

Getrennt lebendes Ehepaar erhält Grundstück

Ein Ehepaar hatte 2015 vom Vater des Ehemannes ein vermietetes Grundstück samt Einfamilienhaus erhalten. Beide Ehepartner wurden im Zuge dessen ins Grundbuch eingetragen. Das Ehepaar lebte jedoch bereits seit 2013 in Trennung.

Vermieterin meldet Eigenbedarf an

2016 ließen sich die beiden endgültig scheiden. 2017 meldete die Frau schließlich Eigenbedarf an und kündigte das Mietverhältnis mit den Mietern. Die Frau machte geltend, sie benötige das Haus für sich und ihren neuen Lebensgefährten sowie ihre beiden minderjährigen Kinder. Durch den Umzug könne sie die Schulwege der Kinder sowie ihren Arbeitsweg massiv verkürzen. Als die Mieter sich weigerten auszuziehen, erhob sie gemeinsam mit ihrem Ex-Ehemann Räumungsklage.

Prozessverlauf

Das Amtsgericht Soest und das Landgericht Arnsberg gaben der Räumungsklage der Vermieter statt. Doch die Mieter gingen vor dem BGH in Revision. Die Bundesrichter bestätigten jedoch ebenfalls, dass die Kündigungssperre im vorliegenden Fall nicht greift.

Trennung löst die Familie nicht auf

Der BGH begründete sein Urteil damit, dass die Ehegatten trotz Trennung derselben Familie angehörten. Die Trennung löse zwar die Ehe auf, aber die Familienbeziehungen blieben erhalten und auf diese stelle das Gesetz explizit ab.

Zeugnisverweigerungsrecht als Maßstab

Als Orientierung, wie weit der Kreis der Familienangehörigen zu ziehen ist, knüpft das Gericht in seiner Urteilsbegründung an das Zeugnisverweigerungsrecht an. Wer aus persönlichen Gründen vom Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber einem Familienmitglied Gebrauch machen könnte, weise automatisch ein Näheverhältnis auf, das ihn zum Familienangehörigen im Sinne von § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 BGB mache. Damit sei ein Ehegatte unbestritten weiterhin Familienangehöriger, selbst wenn die Ehe mittlerweile nicht mehr bestehe. Die Mieter müssen ihre Wohnung bis Ende Januar 2021 verlassen. (tku)

BGH, Urteil vom 02.09.2020, Az.: VIII ZR 35/19

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