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Steuern & Recht
30. September 2020
Wie eine bAV-Versorgungsordnung auszulegen ist

Wie eine bAV-Versorgungsordnung auszulegen ist

Ein Arbeitnehmer, der zunächst befristet und unmittelbar danach unbefristet bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist und bei Start der unbefristeten Tätigkeit das 55. Lebensjahr schon vollendet hat, hat dennoch Anspruch auf bAV-Leistungen, auch wenn die Versorgungsregelungen des Betriebs eine entsprechende Altersgrenze vorsehen.

Wie muss eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Versorgungsregelung konkret ausgelegt werden, die vorsieht, dass befristet Beschäftigte gar nicht und Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, nur dann versorgungsberechtigt sind, wenn sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben? Darüber hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden.

Voraussetzungen: Unbefristet, unter 55 Jahre, schriftliche Vereinbarung

Im konkreten Fall war der Kläger bei der Beklagten zunächst befristet und im unmittelbaren Anschluss dann unbefristet beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet. Bei der Beklagten gilt eine Versorgungsordnung in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie oben schon beschrieben: Danach ist versorgungsberechtigt, wer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Weitere Voraussetzung ist, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet ist. Außerdem ist eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage gefordert. Nicht teilnahmeberechtigt sind befristet Beschäftigte.

Alter bei Aufnahme der Tätigkeit entscheidend

Der Kläger ist der Meinung, es komme nicht auf das Alter bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung an, sondern auf das bei Beginn des Arbeitsverhältnisses. Daher sei auf sein Alter bei Aufnahme des zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses abzustellen, als er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Die Vorinstanzen (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 05.09.2019, Az.: 4 Sa 5/19 B) haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte auch vor dem 3. Senat des BAG keinen Erfolg. Der Kläger hat laut BAG Anspruch auf bAV-Leistungen. Die Versorgungsordnung der Beklagten sei dahingehend auszulegen, dass das Höchstalter bei Beginn der Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist. Das gelte unabhängig davon, ob zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vorlag, sofern sich eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar an das befristete Arbeitsverhältnis anschließt.

Schriftliche Vereinbarung hat nur bestätigende Wirkung

Die Voraussetzung einer „schriftlichen Vereinbarung über die Versorgungszusage“ sei nicht konstitutiv für den Versorgungsanspruch des Klägers, sondern habe nur bestätigende Wirkung. Die „Zusage einer Versorgungszusage“ sei bereits als Versorgungszusage im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrAVG anzusehen, wenn und soweit das Erstarken einer Anwartschaft zum Vollrecht nur noch vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und vom Eintritt des Versorgungsfalles abhänge, dem Arbeitgeber also kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und den Umfang der zu erteilenden Zusage bleibe. Darüber, ob befristet Beschäftigte im Rahmen einer solchen Versorgungsordnung möglicherweise diskriminiert werden, hatte das BAG im konkreten Fall nicht zu entscheiden.

In einem weiteren im wesentlich gleich gelagerten Fall hat der Senat die Revision der Beklagten aus denselben Gründen ebenfalls zurückgewiesen. (ad)

BAG, Urteil vom 22.09.2020, Az.: 3 AZR 433/19

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