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17. Dezember 2015
Vintage ist in – auch bei Kapitalanlagen

Vintage ist in – auch bei Kapitalanlagen

Alt und erlesen – so sehen manche Anleger Zweitmarktfonds. Schließlich weiß man aufgrund der Entwicklung des Investments in den vorausgegangenen Jahren, was man beim Erwerb bekommt. Das neue KAGB verschmälert jedoch das Angebot an gebrauchten Sachwertbeteiligungen deutlich.

Es muss nicht immer was Neues sein – wer gerne über Flohmärkte bummelt, kann ein Lied davon singen, wie beglückend ein unverhofftes Schnäppchen sein kann. Auf dem Immobilienmarkt sind Schnäppchen jedoch kaum noch zu finden, der jahrelangen Niedrigstzinsphase sei Dank. Wäre man doch schon vor Jahren eingestiegen, als die Ankaufsrenditen noch höher lagen.

Kein Problem für Anleger, die keine Vorurteile gegenüber „gebrauchten“ Sachwertbeteiligungen haben. Der Zweitmarkt für geschlossene Fonds hilft sowohl ihnen beim Einkauf als auch Fondszeichnern, die der langfristigen Bindung an ihr Investment entkommen wollen. Seit der Gründung der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG als initiatorenunabhängige Handelsplattform im Jahr 1998 haben sie die Möglichkeit, sich unabhängig von vorzeitigen Kündigungsmöglichkeiten vonseiten des Initiators von ihren Beteiligungen zu trennen.

Zu welchem Kurs erfolgt die Abwicklung?

Für Beteiligungen an geschlossenen Fonds gibt es keinen „Festpreis“, vielmehr leitet sich der jeweilige Börsenkurs aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf der jeweiligen Handelsplattform her. Auf entwickelten Märkten mit hohen Transaktionsvolumina und hohem Transparenzgrad entwickelt sich der „richtige“, das heißt dem Interessenausgleich von Anbietern und Nachfragern bestmöglich dienende Preis automatisch. Diese Voraussetzung ist auf dem Zweitmarkt jedoch regelmäßig nicht gegeben, es handelt sich vielmehr um einen intransparenten Markt. Die Fondsbörse Deutschland als „Quasi-Monopolist“ verwendet das Einheitskursverfahren: Dabei sammelt ein Makler an der Börse alle abgegebenen Kauf- und Verkaufsangebote sowie die jeweils genannten Höchst- und Mindestpreise für einen definierten Zeitraum ein. Dann wird der Kurs ermittelt, der die höchsten Stückumsätze ermöglicht, also der, zu dem die meisten Transaktionen abgewickelt werden können. Zum Zuge kommen somit Kaufangebote zu höheren und Verkaufsangebote zu niedrigeren Kursen als dem Einheitskurs.

Der Markt ist beliebt: Im Jahr 2013 wurden laut bsi-Branchenzahlen nominal rund 186 Mio. Euro auf den Plattformen umgesetzt, im ersten Halbjahr 2015 kamen Fondsbörse Deutschland und Deutsche Zweitmarkt AG zusammen auf nominal 128 Mio. Euro. Der Großteil entfällt auf Immobilienfonds, doch auch die Schiffsfonds holen wieder auf.

Man kauft nicht die Katze im Sack

Wer am Zweitmarkt einkauft, weiß, was er erwirbt. Je „älter“ der erworbene Fonds ist, desto mehr Infos gibt es bereits: Die bisherige Performance, die Finanzierungsmodalitäten, die Marktgängigkeit des Investitionsgutes lassen sich über Jahre analysieren, in die Zukunft extrapolieren und bilden so die Grundlage für ein realistisches Kaufangebot. Wer sich das selbst nicht zutraut, kann über Zweitmarktfonds in gebrauchte Beteiligungen investieren. Allerdings ist das Angebot seit dem Inkrafttreten des KAGB schmal geworden, in den ersten zwei Jahren kamen keine 50 „neuen“ Fonds auf den Markt. Grund: Nunmehr dürfen Zweitmarktfonds nur noch in nach KAGB regulierte Alternative Investmentfonds (AIFs) investieren. Das beraubt sie möglicher Investitionen. Seit Inkrafttreten des KAGB ist die Neuplatzierung nochmals eingebrochen, und nicht nur deshalb machen sogenannte „Altfonds“ fast 100% des Angebots an der Fondsbörse aus. In diesem Zusammenhang überlegt Fondsbörse-­Vorstand Alex Gadeberg, den Zweitmarkt auch für Spezial-AIFs zu öffnen: „So könnten wir uns den ‚Nachschub‘ an Beteiligungen nach Auslaufen der Altfonds in voraussichtlich fünf bis zehn Jahren sichern, müssten jedoch nicht professionelle Privatanleger vom Kauf ausschließen.“

Wie investieren Zweitmarktfonds nach dem KAGB?

Doch vorläufig ist dieses Hindernis bei Weitem nicht für alle Initiatoren von Zweitmarktfonds unüberwindlich: Die Bremer HTB löst das Problem mittels Spezial-AIFs, die quasi zwischen dem Publikumsfonds und den Zielfonds eingeschoben werden. Patrick Brinker, HTB-Geschäftsführer, ist zufrieden: „Das Konzept wird von der BaFin akzeptiert, bei unserem ersten Zweitmarktfonds nach neuem Recht genau wie bei dem Ökorenta EE 8. Natürlich würden wir es begrüßen, wenn der Umweg über die Spezial-AIFs nicht nötig wäre.“ Beim nächsten Zweitmarktfonds mit der Nummer 7 erwägt die HTB, zur Kosteneinsparung und um ein Startportfolio vorweisen zu können, einen Spezial-AIF des sechsten Fonds zu nützen. Den Mehraufwand, der im Vergleich zum Einobjektfonds für die jährliche Bewertung aufläuft, hält Brinker aufgrund bisheriger Erfahrungen für beherrschbar.

Anders urteilt Hans-Georg Acker vom Wettbewerber Asuco: „Unsere Fonds investierten in insgesamt über 300 Zielfonds und wir erwarben über 1.000 Beteiligungen jährlich, zum Teil auch Fonds mit hervorragender Performance, jedoch schleppender Berichterstattung. Dafür brauchen wir schnelle Entscheidungsprozesse, keine zeitraubende Bürokratie.“ Abgesehen davon scheut er die Kosten im Zusammenhang mit der nach KAGB regulierten Welt und beschreitet deshalb in Zukunft neue Wege: Für den Beginn des nächsten Jahres plant Asuco die Emission einer Anleihe in Form einer nachrangigen Namensschuldverschreibung – eine Tranche für private, eine Tranche für institutionelle Investoren, Gesamtvolumen bis zu 250 Mio. Euro. Damit Anleger (wenn auch nur begrenzt) am Upside-­Potential ihres Investments teilhaben können, plant Asuco jährlich einen Bonuszins von bis zu 4,5% zusätzlich zum Basiszins von 5,5% p. a. auszuzahlen.

Die Münchner BVT verzichtet auf Kniffe, um einen Publikums-Zweitmarktfonds auflegen zu können. Ihr erster Secondary Fund kommt als Spezial-AIF für (semi-) professionelle Investoren mit einer Mindesteinlage ab 200.000 Euro auf den Markt und ist damit frei, in „unregulierte“ Altfonds zu investieren. 15 Mio. Euro will die BVT einsammeln und in 20 bis 40 Immobilien-Zielfonds von 10 bis 20 Emissionshäusern investieren, schwerpunktmäßig in Deutschland. „Wir planen keine reine Buy-and-Hold-Strategie, sondern werden auf bewertungsrelevante Entwicklungen eines Zielfonds gegebenenfalls mit Verkäufen und der Möglichkeit der Reinvestition reagieren“, erklärt Tibor von Wiedebach-Nostitz, Geschäftsführer im Bereich Assetmanagement der BVT Kapitalverwaltungsgesellschaft derigo.

Die meisten Fonds kaufen auch, aber nicht nur an der Fondsbörse ein, die vor allem private Käufer und Verkäufer anzieht. Anbieter von Zweitmarktfonds setzen deshalb vielfach auf Direktkäufe, um Transaktionskosten zu sparen. Patrick Brinker schätzt den Anteil, den die HTB auf Plattformen erwirbt, auf nur noch rund 35%, bei den Asuco-Fonds betrug der Anteil im letzten Jahr 38%. Auch die BVT will verschiedene Einkaufschancen nutzen und beziffert das jährliche Angebot aussichtsreicher Zielfonds auf rund 50 Mio. Euro.

Zweitmarktfonds in Gefahr

Für Anleger bedeutet die Investition über Zweitmarktfonds zwar höhere Kosten als beim eigenhändigen Erwerb, dafür aber ungleich mehr Diversifizierung und damit Risikostreuung und verstetigte Rückflüsse. Im besten Fall profitiert er zusätzlich von professioneller Due Diligence und Fondsauswahl – wenn das KAGB diesen attraktiven Markt trockenlegen würde, wäre das ein Verlust.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2015, Seite 66f.