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Steuern & Recht
28. Oktober 2016
Bundesgerichtshof über Zulässigkeit eines Entgelts für Überziehungen

Bundesgerichtshof über Zulässigkeit eines Entgelts für Überziehungen

Ein pauschales „Mindestentgelt“ für geduldete Überziehungen von Konten zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher sind unwirksam. Das hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in zwei Revisionsverfahren entschieden.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Revisionsverfahren entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein pauschales „Mindestentgelt“ für geduldete Überziehungen von Konten zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind. In dem ersten Verfahren (XI ZR 9/15) heißt es in den von der beklagten Bank verwendeten „Bedingungen für geduldete Überziehungen“ auszugsweise wie folgt:

„Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50% p. a.. Die Sollzinsen für geduldete Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung nicht übersteigen. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen.“

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist der Ansicht, dass die Regelung Verbraucher unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel in Anspruch. Während die Klage in erster Instanz keinen Erfolg hatte, hat ihr das Berufungsgericht stattgegeben.

Im zweiten Verfahren (XI ZR 387/15) begehrt der klagende Verbraucherschutzverein von der Beklagten, einer Geschäftsbank, die Unterlassung der Verwendung folgender Klausel:

„[Die Bank] berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 Euro, es sei denn, die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 Euro. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 Euro unterschreiten.“

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Klausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung von Verbrauchern unwirksam sei. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in dem Verfahren XI ZR 9/15 die Revision der beklagten Bank zurückgewiesen. In dem Verfahren XI ZR 387/15 hat er auf die Revision des Klägers der Klage stattgegeben.

Unangemessene Benachteiligung von Kunden

Die jeweils in Streit stehenden Bestimmungen über das pauschale „Mindestentgelt“ für eine geduldete Überziehung unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sie halten dieser nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei den Klauseln handelt es sich um Preisnebenabreden, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. Denn in den Fällen, in denen das Mindestentgelt erhoben wird, wird mit diesem unabhängig von der Laufzeit des Darlehens ein Bearbeitungsaufwand der Bank auf den Kunden abgewälzt. Die angegriffenen Klauseln weichen damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn der Preis für eine geduldete Überziehung, bei der es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt, ist dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag) folgend ein Zins und damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der Kapitalüberlassung, in die der Aufwand für die Bearbeitung einzupreisen ist.

Die Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten auch in unangemessener Weise, zumal sie gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu unverhältnismäßigen Belastungen führen.

BGH, Urteil 25.10.2016, Az.: XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15