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20. August 2021
Digitale Fitness-Tipps (13): Retourenflut und Avatare als Abhilfe

Digitale Fitness-Tipps (13): Retourenflut und Avatare als Abhilfe

In regelmäßigen Abständen analysiert Christoph Bubmann, CEO von digitransform.de, für AssCompact Fragen der Digitalisierung. Diesmal befasst er sich mit den unzähligen Retouren, die das Online-Shopping hervorbringt und wie diese Masse eingedämmt werden könnte.

Als ich kurz davor war, das Haus in Richtung der Frankfurter Innenstadt zu verlassen, ertönte ein nicht unbekannter Satz: „Papa, kannst Du bitte mein Paket mitnehmen und abgeben? Es ist eilig!“ Man hätte es ja auch einfach gestern dem DHL-Booten an der Tür mitgeben können – die netten Damen und Herren nehmen nämlich auch Retouren entgegen – aber in jungen Jahren kann man natürlich nicht an „alles“ denken.

Als ich in den kleinen Kiosk, der sich direkt auf meinem Weg befindet, erreichte, traf mich fast der Schlag. In dem ca. 20 m2 großen Laden stapelten sich die Pakete bekannter Modehändler buchstäblich bis zur Decke. Scheinbar setzt das Nachhaltigkeitsbewusstsein vieler Menschen aus, wenn sie auf den digitalen Warenkorb etablierter Versandhändler klicken.

Die Schuld rein bei den Konsumenten zu suchen, ist natürlich zu kurz gedacht. Während es vor wenigen Jahren noch vier bis fünf Kollektionen im Jahr gab, ist heutzutage die Fast Fashion (zu deutsch: schnelle Mode) das Maß aller Dinge – bis zu 24 Kollektionen werden pro Jahr produziert. Somit steigt natürlich auch das Angebot und das Risiko, Fehlkäufe zu tätigen, was in einer höheren Retourenquote resultiert. Eine Statista-Umfrage hat dies verdeutlicht: 32% der Kleidungsbestellungen werden in Deutschland wieder retourniert. Die häufigsten Gründe: Der Artikel passt nicht, ist defekt oder es wurde das falsche Produkt geliefert.

Um eine Reduktion der Retourenquote anzustoßen, reichen die herkömmlichen Verfahrensweisen nicht mehr aus. Es bedarf innovativer Lösungen. Einen interessanten Weg verfolgt aktuell das New Yorker Modelabel Khaite mit einem neuen Tool im Online-Shop – den sogenannten BODS. Dahinter verbirgt sich eine virtuelle Verkörperung (Avatar) von einem selbst, welcher direkt auf der Website erstellt werden kann. Hierfür lädt man Fotos von sich hoch und gibt seine genauen Maße an. Das Programm wandelt alle Informationen in eine ziemlich genaue 3D-Darstellung von einem selbst um, welche auch Oberschenkel, Unter- wie Oberarme, Brustumfang und sogar die Form des Allerwertesten abbildet.

Ist der eigene Avatar einmal erstellt, lassen sich die Kollektionsartikel durch einen Klick direkt virtuell anprobieren. Hierbei verändert sich ebenfalls die Darstellung der Passform des Kleidungsstücks, wenn unterschiedliche Größen anprobiert werden. So lässt sich direkt erkennen, ob die jeweilige Konfektionsgröße real oder eher eine sogenannte Schmeichelgröße (z. B. real 40, angegeben als 38) ist.

Khaite ist nicht der einzige Anbieter, der die virtuelle Anprobe verfolgt, um so die Retourenwelle zu reduzieren und den Shoppenden ein optimiertes, digitales Einkaufserlebnis bieten zu wollen. In H&M-Stores soll es in den nächsten Monaten möglich sein, seinen Körper einscannen zu lassen und somit einen eigenen virtuellen Avatar für das nächste Online-Shopping zu erhalten. Auch Zalando verfolgt einen ähnlichen Weg.

Es bleibt spannend, ob virtuelle Avatare wirklich das Potenzial haben, die Retourenquote zu reduzieren. Eine entgegengesetzte Richtung ist natürlich auch möglich. Werde ich durch meinen virtuellen Avatar eventuell mutiger, neue ausgefallenere Kleidungsstücke zu bestellen, die mir letztendlich doch nicht gefallen?

Ein weiterer digitaler Tipp

Wenn Ihr Kleiderschrank zu Hause mal wieder aus allen Nähten platzt und Ihnen Verkaufsapps wie Vinted oder Momox keinen wirklichen Mehrwert bieten, gehen Sie doch einmal auf die Seite der Deutschen Kleiderstiftung. Hier sehen Sie durch Eingabe Ihrer Postleitzahl direkt, wo es in Ihrer Nähe den nächsten Altkleidercontainer oder auch die nächste „Spangenberg-Sammlung“ (diakonische Kleidersammlung) gibt.

Über den Autor

Christoph Bubmann ist CEO von www.digitransform.de. Sein Ziel ist es, mit seinem Team digitale Zusammenhänge so zu vermitteln, dass jeder sofort den persönlichen Nutzen erkennt und Neugier entwickelt, selbst weiterzumachen. Denn wer einen persönlichen Nutzen erkennt, ist bereit, sein eigenes Verhalten zu verändern.

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Bild: © Leonardo Franko – stock.adobe.com