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Steuern & Recht
8. September 2017
Fahrradfahren entgegen der Fahrtrichtung des Radweges

Fahrradfahren entgegen der Fahrtrichtung des Radweges

Darf man den Fahrradweg entgegen der Fahrtrichtung nutzen? Ist ein Mitverschulden gegeben, wenn es dadurch zu einem Verkehrsunfall kommt? In einem Streitfall zu diesem Thema hatte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm zu entscheiden.

Eine Radfahrerin kollidierte beim Befahren eines Radweges entgegen der Fahrtrichtung mit einem wartepflichtigen Pkw. Durch das Fahren entgegen der Fahrtrichtung entsteht ein Eigenhaftungsanteil der Radlerin, sodass sie ein Drittel ihres Schadens selbst tragen muss. Unerheblich hierbei war, dass sie keinen Schutzhelm trug. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in einem vorangegangen Urteil vom 17.06.2014 (Az. VI ZR 281/13) ist der Schadensersatzanspruch des Fahrradfahrers nicht aufgrund dessen zu mindern, dass er durch das Tragen eines Schutzhelms Kopfverletzungen nicht verhindert, jedoch möglicherweise abgemildert hätte.

Was sich zugetragen hat

Im vorliegenden Sachverhalt fuhr die Klägerin auf einem Radweg auf der linken Straßenseite, der ausschließlich für Radfahrer aus der entgegengesetzten Fahrtrichtung freigegeben war. Als sie beim Linksabbiegen mit einem rechtsabbiegenden Pkw zusammenstieß, stürzte sie auf die Motorhaube, rutsche mit ihrem Rad über die Straße und schlug mit dem unbehelmten Kopf auf die Fahrbahn. Sie erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, einen Schädel-Basis-Bruch und eine Kniefraktur. Die Fahrradfahrerin klagte gegen den Pkw-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz, u.a. Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro, eine monatliche Schmerzensgeldrente von 300 Euro, materiellen Schadensersatz von etwa 16.000 Euro sowie einen vierteljährlich mit 252 Euro auszugleichenden Haushaltsführungsschaden. Das vorinstanzliche Gericht sprach der Klägerin 80% ihres Schadens zu. Bei der Überprüfung des Eigenhaftungsanteils durch das Oberlandesgerichts (OLG) Hamm wurde das Mitverschulden der Klägerin mit einem Drittel bewertet. Die Klägerin hätte das Fahrrad auf dem Gehweg schiebend fortbewegen müssen. Der beklagte Autofahrer trägt am Vorfall in erheblichem Umfang ein Verschulden, da er gegenüber der Fahrradfahrerin wartepflichtig gewesen sei. Prinzipiell steht Radfahrern ein Vorrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen zu, auch, wenn verbotswidrig der linke von zwei vorhandenen Radwegen benutzt wird. (kk)

OLG Hamm, Urteil vom 04.08.2017, Az.: 9 U 173/16