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1. August 2019
FinVermV: Ungenau, unverständlich, unüberschaubar

FinVermV: Ungenau, unverständlich, unüberschaubar

Die überarbeitete Fassung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) liegt endlich vor. Doch die größte Hoffnung, nämlich dass sie ein aus sich heraus verständliches Regelwerk bleibt, ist weiter unerfüllt. Ein Kommentar von Rechtsanwalt Dr. Martin Andreas Duncker.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat die überarbeitete Fassung der FinVermV endlich vorgelegt. Doch ein zentraler Wunsch an sie bleibt unerfüllt: Der Wunsch nach einem aus sich heraus verständlichen Regelwerk. Auch der nachgebesserte Entwurf enthält eine Fülle von Verweisen auf Regelungen in anderen Gesetzen und die Delegierten-Verordnung. Das BMWi hat den Kreis der relevanten Dokumente sogar noch erweitert. So heißt es in der Begründung (Seite 26) zu § 13 FinVermV-neu nun explizit, von den Gewerbetreibenden seien zur Auslegung der Artikel 46, 47 Abs. 1, 48 und 50 bis 53 der Delegierten Verordnung auch „die jeweiligen Erwägungsgründe sowie die von der ESMA veröffentlichten Q&A (Fragen und Antworten) heranzuziehen.“

Regel-Patchwork FinVermV

Schon für Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter dem WpHG ist dieses Regel-Patchwork eine Herausforderung, für freie Vermittler ist es eine Zumutung. Selbst Juristen werden in den nächsten Jahren trefflich darüber streiten, was sich etwa konkret dahinter verbirgt, wenn „hinsichtlich der Geeignetheit“ die auf Wertpapierdienstleister zugeschnittenen, umfangreichen Artikel 54 und 55 der Delegierten-Verordnung „entsprechend anzuwenden“ sind. Die Verweisungstechnik kann zwar helfen, Regelwerke schlank und übersichtlich zu halten. Im Fall der FinVermV gefährden die Verweise Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Das Prinzip der Rechtssicherheit verlangt, dass der Normadressat den Inhalt der Norm versteht.

Einzelgewerbetreibende sind nicht mit WpHG-Instituten vergleichbar

Von der FinVermV sind überwiegend Einzelgewerbetreibende betroffen, die über keine eigene Rechtsabteilung und keinen Compliance-Beauftragten verfügen. Sie sind von der Unternehmensstruktur mit WpHG-Instituten nicht vergleichbar und haben nicht die Kapazitäten, sich selbst mit komplexen rechtlichen Vorschriften auseinanderzusetzen. Sie werden ohne externe Unterstützung durch Haftungsdächer, Verbände oder Rechtsberater kaum in der Lage sein, die an sich gerichteten Verhaltensappelle vollständig zu finden, zu verstehen und umzusetzen.

Leidtragende: Mittelständische Unternehmen

Das BMWi hat die Chance vertan, die FinVermV als „Regelwerk aus einem Guss“ zu erhalten. Das ist deshalb besonders schade, weil das Ministerium weiß, an wen es diese Verhaltensregeln richtet: an überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen sowie Einzelgewerbetreibende, deren Belange durch die Regelungen insgesamt erheblich berührt werden.

Bild: © Bildwerk – stock.adobe.com

Lesen Sie auch: FinVermV: Übergangsfrist kommt, Taping bleibt

 
Ein Artikel von
Dr. Martin Andreas Duncker

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Andreas Grünewald am 01. August 2019 - 09:55

Die Überregulierung nimmt leider weiter ihren Lauf. Einziger Widerspruch bzw. Ergänzung zu diesem sehr guten Artikel: Auch viele Finanzportfolioverwalter und somit WpHG-Instituten sind sehr kleine Institute (sogenannte "Nanos") im Vergleich zur Bankenwelt und somit treffen durchaus auch die in diesem Artikel sehr gut herausgearbeiteten Punkte hier zu - eigentlich sogar noch stärker, da sie noch grotesker überreguliert werden...

Gespeichert von Heinrich Bockholt am 01. August 2019 - 10:42

Es geht bei der FinVermV um die Existenz der von Banken, Haftungsdächern, Finanz- und Strukturvertrieben unabhängigen Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater. Wenn die letzteren sich nicht organisieren und gemeinsam ihre Stimme erheben, werden sie aus dem Markte herausreguliert. Das ist aber bei dem Stand der Dinge leider zu befürchten.
MfG Prof. H. Bockholt, Koblenz