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30. September 2022
Fragen rund um die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland

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Fragen rund um die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland

Die Altersvorsorge stellt Gesellschaft und Politik vor große Herausforderungen. An welchen Stellschrauben kann und sollte man jetzt drehen, um auch in Zukunft eine gesetzliche Rente zu gewährleisten? Könnte die Riester-Rente eine neue Chance erhalten? Welche Rolle sollte der Staat spielen?

3. Stärkung existierender kapitalgedeckter Systeme

Gerade weil Kapitaldeckung viel Zeit benötigt, ist ein kapitalgedecktes System wie beispielsweise die Riester-Rente, in welchem bereits über viele Jahre Kapital angespart wurde, ein sehr wertvolles Gut. Dieses Argument wird in der Diskussion bisher nicht ausreichend beachtet. Darüber hinaus verringert die Ausgestaltung der staatlichen Förderung bei der Riester-Rente die Schere zwischen Arm und Reich. Die aktuelle Diskussion um die Riester-Rente führte leider bei vielen Menschen zu einem Verlust des Vertrauens in diese Form der Altersvorsorge, welches dringend wiederhergestellt werden muss. Eine Stärkung der Riester-Rente wäre mit wenigen einfachen Maßnahmen möglich. Die wichtigste Maßnahme ist die Abschaffung der Beitragsgarantie. In einer anderen Arbeit (ifa-ulm.de/Studie-Inflation.pdf) haben wir gezeigt, dass ein Absenken der Beitragsgarantie das Renditepotenzial im aktuellen Umfeld stark erhöhen würde. Da ein Absenken der Garantie eine höhere Aktienquote zulässt und Aktien über lange Zeiträume einen gewissen Inflationsschutz bieten, würde ein maßvolles Absenken der Garantie das für Verbraucher relevante inflationsbereinigte (!) Risiko kaum (wenn überhaupt) erhöhen. Unterm Strich bliebe also deutlich mehr Chance bei ungefähr gleicher Sicherheit. Dass die Politik dennoch an der 100%-Beitragsgarantie bei der Riester-Rente festhält, ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar.

Auch die bAV, deren Bedeutung so groß ist, dass sie bei allen Überlegungen zwingend eine zentrale Rolle spielen muss, kann im Übrigen mit einfachen Maßnahmen aktiv gestärkt werden, auch wenn sie keinen ähnlich dringenden Reformbedarf aufweist wie die Riester-Rente.

4. Rolle des Staats bei der Kapitaldeckung

Wenn der Staat bei der Altersvorsorge als „Spieler“ und nicht nur als „Schiedsrichter“ auftritt, so geht dies mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen einher, die wir in unserer Studie ausführlich erläutern. Da manche dieser Risiken und Nebenwirkungen außerhalb der ersten Säule besonders stark ausgeprägt sind, sollte er sich dort auf die Rolle als „Schiedsrichter“ beschränken. Mehr Kapitaldeckung sollte daher außerhalb der gesetzlichen Rente durch eine Stärkung existierender, privatwirtschaftlich organisierter kapitalgedeckter Systeme erreicht werden. Privatwirtschaftlich wegen der Risiken und Nebenwirkungen staatlicher Lösungen. Existierende Systeme, weil ein neues System „bei Null anfängt“ und deshalb sehr viel Zeit benötigt, die wir inzwischen nicht mehr haben.

5. Bedeutung der Auszahlphase

Im Gegensatz zu vergangenen Rentenreformen spielt die Auszahlphase in der aktuellen Diskussion kaum eine Rolle. Auch in Zukunft muss aber durch geeignete Anreize sichergestellt werden, dass zumindest diejenigen Bürger, deren gesetzlicher Rentenanspruch absehbar unter einem gewissen Mindestniveau liegt, ihre lebenslangen Ausgaben durch ein lebenslanges Einkommen absichern. Dies ist in existierenden Systemen (Riester-Rente, bAV) bereits umgesetzt.

Fazit: Leitplanken für anstehende Reformen

Insgesamt sollte man bei der Reform der Alters­vorsorge in Deutschland folgende Leitplanken unbedingt im Blick haben:

Die Einrichtung eines Kapitalstocks zur langfristigen Stabilisierung der gesetzlichen Rente ist sinnvoll. Fragen, wie die teilweise Kapitaldeckung konkret ausgestaltet werden sollte, welche Volumina im weiteren Zeitverlauf aufgebaut werden und wie man deren Finanzierung (möglichst generationengerecht) plant, müssten zeitnah beantwortet werden. Und man muss sich bewusst sein, dass man die Herausforderungen der 2030er-Jahre hierdurch nicht bewältigen kann.

Um die Herausforderungen der 2030er-Jahre ohne eine Überforderung der öffentlichen Finanzen zu bewältigen, ist eine Abkehr von der doppelten Haltelinie sowie eine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze (idealerweise automatisiert gekoppelt an die Entwicklung der Lebenserwartung) erforderlich. Da dies bereits heute offenkundig ist, sollte es den Bürgern auch transparent kommuniziert werden.

Außerhalb der gesetzlichen Rente müssen vorrangig existierende kapitalgedeckte Systeme gestärkt werden, statt neue, staatlich organisierte einzuführen.

Und bei allen Überlegungen sollte auch an die „zweite Halbzeit der Altersvorsorge“, also an die Rentenphase, gedacht werden. Denn in der zweiten Halbzeit entscheidet sich, wer das Spiel gewinnt.

Den Artikel lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Betriebliche Versorgung (09/2022), S. 6 ff. und in unserem ePaper.

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Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 04. Oktober 2022 - 13:31

v

Ein sehr guter, dringend notwendiger Artikel. Dauernde Beschönigungen verhindern realistische, ausreichende Versorgungen. Ich habe schon öfters  moniert das selbst ein Rentenbeginn im 75. Lebensjahr nicht finanzierbar und ausreichend ist.

Weshalb bei Verträgen die generell als Altersversorgung dringend benötigt werden und 20 bis 50 Jahre angespart werden, gefördert oder ungefördert, eine GARANTIE?

Selbst mit niedrigerer Garantie, aber auch mit Mischfonds und höheren Kosten reduziert sich der Ablaufertrag schnell um 50% bis 80%.

Bei einem Selbständigen der Unterschied von € 5000,00 zu € 1000,00 ist keine Kleinigkeit, sondern EXISTENZGEFÄHRDEND.

Meine Kunden realisieren seit einigen Jahren bestimmt 9% Rendite bei Rentenbeginn. Diese hohe Rendite ist enorm wichtig, weil leichter die gewollte Lebensqualität angespart werden kann und jede/r 2. bald über 95 Jahre alt wird.

Leider wahrscheinlich auch jede/r 2. mit hohen Pflegekosten. Früher Beginn ermöglicht mit hoher Rendite-Zinseszinseffekt, für fast alle finanzierbare Vorsorge.

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