AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
17. November 2022
Kein Kindergeldanspruch während Vorbereitung zur Fachärztin
Young female medical student working at the hospital and medical staff, she is holding medical records

Kein Kindergeldanspruch während Vorbereitung zur Fachärztin

Eine Kindergeldgewährung wegen eines Dienstverhältnisses, das als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient, ist grundsätzlich nicht mehr möglich. Das hat der BFH entschieden.

Eine im Mai 1997 geborene Frau hat im Dezember 2020 ihr Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen. Zum 01.01.2021 begann sie ihre mindestens 60 Monate umfassende Vorbereitungszeit zur Erlangung der Qualifikation als Fachärztin. Das hierzu mit einer Klinik abgeschlossene Dienstverhältnis umfasste eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden.

Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende des Medizinstudiums Kindergeld, lehnte eine Weitergewährung des Kindergelds während der Vorbereitung auf die Facharztqualifikation jedoch mit der Begründung ab, dass es sich hierbei nicht mehr um eine Berufsausbildung handele. Die Mutter der Ärztin klagte dagegen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Volljährige Kinder unter 25 Jahren in Berufsausbildung erhalten unter bestimmten Umständen Kindergeld

Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Revision der Klägerin für unbegründet. Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden kindergeldrechtlich u. a. dann berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Insoweit dienen der Vorbereitung auf ein Berufsziel zwar alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Erwerbscharakter steht im Vordergrund, Ausbildungscharakter tritt zurück

Werden die Ausbildungsmaßnahmen allerdings innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Erlangung beruflicher Qualifikationen – d. h. der Ausbildungscharakter – und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen – d. h. der Erwerbscharakter – im Vordergrund steht.

Vergütung als Ärztin spricht gegen Kindergeld

Im Streitfall überwog allerdings der Erwerbscharakter. Denn das FG hatte festgestellt, dass die Tochter der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Klinik bereits ihre Qualifikation als Ärztin einsetzte. Im Vergleich mit ihrer praktischen Tätigkeit als Ärztin hatte die theoretische Wissensvermittlung im Rahmen der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Umfang. Zudem stand die Erbringung der Arbeitsleistung in der Klinik im Vordergrund und die Tochter erhielt auch keine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin angemessenes Entgelt. (ad)

BFH, Urteil vom 22.09.2022 – III R 40/21

Bild: © stokkete – stock.adobe.com