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15. Januar 2021
Rechtliche Rahmenbedingungen 2021: Was bleibt? Was kommt?

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Rechtliche Rahmenbedingungen 2021: Was bleibt? Was kommt?

Managen von Interessenkonflikten

Vermittler, die auf der Grund­lage von § 34d bzw. 34f GewO Versicherungsanlage- oder Finanzan­lageprodukte vermitteln oder dazu beraten, dürfen erfreulicherweise weiterhin Zuwendungen erhalten, die sich aber nicht nachteilig auf die Qualität der Beratung und Vermittlung auswirken dürfen, § 19 VersVermV, § 17 Abs. 1 Nr. 2 FinVermV. Bekannt ist, dass Vermittler ihre Mitarbeiter oder Untervermittler nicht so vergüten oder bewerten dürfen, dass Anreize mit der Verpflichtung kollidieren, im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln, § 14 Abs. 2 VersVermV, § 11a Abs. 3 FinVermV.

Praxistipp: Weniger bekannt scheint zum Teil bei Vermittlern zu sein, dass sie auch verpflichtet sind, ein internes schriftliches Regelwerk zur Erfassung von und zum Umgang mit Interessenkonflikten vorzuhalten. Sofern noch nicht vorhanden, ist das zeitnah nachzuholen und sind die geltenden Aufbewahrungs­regeln zu beachten:

Finanzanlagenvermittler sind gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1b FinVermV zu Aufzeichnungen über die Erkennung und Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese sowie weitere in § 22 Abs. 2 FinVermV gelistete Aufzeichnungen und Unterlagen sind gemäß § 23 FinVermV zehn Jahre aufzubewahren, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der letzte aufzeichnungspflichtige Vorgang für den jeweiligen Auftrag angefallen ist. Vermittler von Versicherungsan­lageprodukten finden diese Pflichten in § 18 VersVermV sowie in den Artikeln 3 bis 5 DVO 2017/2359 geregelt. Diese Aufzeichnungen sind gemäß Art. 19 DVO 2017/2359 mindestens für die Dauer der Geschäftsbeziehung zwischen dem Versicherungsvermittler und dem Kunden aufzubewahren.

§ 7 VersVermV – Weiterbildungspflicht und FAQ

Zu den Regelungen in § 7 VersVermV für die gemäß § 34d Abs. 9 GewO vorgesehene 15-stündige Weiterbildungspflicht pro Kalenderjahr haben sich in der Praxis zahlreiche Fragen ergeben wie zum Beispiel: Wer muss auf die „Schulbank“, welche Inhalte gehören auf den „Stundenplan“ und so weiter.

Praxistipp: Seit dem 15.10.2020 gibt es dazu einen Katalog mit Fragen und Antworten, der zwischen der BaFin und der IHK-Organisation abgestimmt wurde. Auch wenn eine solche FAQ-Liste keine rechtliche Bindungswirkung hat, sollte sie jeder Versicherungsvermittler gelesen haben. Das gilt erst recht für die Vermittler, die Mitarbeiter beschäftigen. So gehört nach den FAQ zum Beispiel Schadenbearbeitung und -regulierung zum Versicherungsvertrieb, und dort mitwirkende oder unterstützend tätige Mitarbeiter sollen nach den FAQ weiterbildungspflichtig sein.

Provisionsabgabeverbot/Geringwertigkeit

Das Provisionsabgabeverbot (§ 48b VAG, § 34d Abs. 1 GewO) sorgt weiterhin für Streit. Nachdem Gonetto schon 2018 in einem Eilverfahren (Beschluss vom 28.09.2018 – Az. 7 L 3307/18.F) gescheitert ist, hat das Verwaltungs­gericht Frankfurt am 05.11.2020 (Az. 7 K 2581/19) die BaFin nunmehr im Hauptsacheverfahren in deren Ansatz bestätigt, Versicherungsunternehmen dazu anzuhalten, nicht mit Gonetto zusammenzuarbeiten, da Provision von Gonetto nicht ganz oder teilweise an Kunden weitergegeben werden dürfe.

Die BaFin verweist in ihrem Merkblatt vom 21.10.2020 zur Auslegung des Sondervergütungsverbots ausdrücklich auf ein weiteres viel beachtetes Verfahren. Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 04.02.2020 (Az. 33 O 3124/19) in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren CHECK24 verboten, mit Gratismonaten bei Abschluss eines Versicherungsvertrages zu werben und dem BVK gegen CHECK24 ein weiteres Mal recht gegeben (AssCompact berichtete).

Gleichzeitig weist die BaFin in diesem Merkblatt (Rz. 21 ff.) auf ihre geänderte Rechtsauffassung zur Wertung einer Zuwendung als geringwertig bei Vertragsanbahnung/-abschluss hin: Bislang hatte sie mit der Geringwertigkeitsklausel als vereinbar angesehen, wenn bereits bei Vertragsschluss eine mit der festen Mindestvertragslaufzeit multiplizierte Zuwendung gewährt wurde. Künftig können anlässlich des Vertragsschlusses weiterhin Zuwendungen von bis zu 15 Euro pro Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr versprochen werden.

Provisionsabgabeverbot/Geringwertigkeit Praxistipps

Die Zuwendung darf aber erst in dem jeweiligen aktuellen Kalenderjahr ausgezahlt/realisiert werden und nicht im Voraus für mehrere Jahre.

Die BaFin erwartet ausweislich ihres Merkblatts unter Hinweis auf § 1a Abs. 3 VVG (keine irreführenden Informationen an Versicherungsnehmer), dass bei Werbemaßnahmen ein entsprechender deutlicher Hinweis „… dazu erfolgt, dass (soweit versprochen/gewährt) die Zuwendung erst in späteren Kalenderjahren ‚nach und nach‘ ausgezahlt wird, wenn der Versicherungsvertrag dann noch fortbesteht“ (Rz 23). Zwar ist die BaFin als Aufsicht nicht für Ver­sicherungsvermittler zuständig. Die von ihr angesprochenen Informationspflichten des § 1a Abs. 3 VVG gelten gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 VVG für Versicherungsvermittler aber entsprechend.

Um wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu vermeiden, sei eine gründliche Lektüre dieses Merkblatts und eine entsprechende Beachtung der dortigen Maßgaben empfohlen. So ist zum Beispiel auch das CHECK24-Urteil auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche in Verbindung mit § 48b VAG, § 34d Abs. 1 Satz 6 GewO gestützt worden.

Wettbewerbsrechtliche Fallstricke

Bei schwierigeren Märkten wird des Öfteren zu wettbewerbsrechtlich angreifbaren Mitteln gegriffen. So hat das Landgericht Heidelberg (Urteil vom 06.03.2020, Az. 6 O 7/19) einem Portalbetreiber untersagt, auf seiner Internetseite einen Vergleich von Privathaftpflichtver­sicherungsverträgen anzubieten, ohne den Verbraucher ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dem Vergleich nur eine eingeschränkte Auswahl von Versicherern zugrunde gelegt wird. Ein „kleiner Link“ dazu sei im Gesamtbild verschwunden.

Das entspreche nach § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) dem Verstecken von Informationen. Zudem fehle es an der Mitteilung zur Markt- und Informationsgrundlage des § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG, sodass der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch begründet war.

Ebenfalls unter Bezugnahme auf § 5a Abs. 2 UWG hat das Landgericht Leipzig (Urteil vom 09.09.2020, Az. 05 O1789/19) einem Versicherungsmakler, der auf seiner Internetseite einen Vergleich für Haftpflichtversicherungen anbot und die Angebote selbst mit bis zu fünf Sternen bewertete, eine solche Bewertung deshalb untersagt, weil für den Kunden auf der Seite keinerlei Erläuterungen zu finden waren, auf welcher Grundlage der Versicherungsmakler diese Bewertungen ermittelt hatte und auch keine Angaben zum Makler als Bewertendem enthalten waren.

 
Ein Artikel von
Dr. Michael Wurdack