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15. April 2019
Vergleichsportale: Bundeskartellamt identifiziert sieben Problemfelder

Vergleichsportale: Bundeskartellamt identifiziert sieben Problemfelder

Nicht nur in der Versicherungsbranche stoßen Vergleichsportale, die dem Verbraucher ja eigentlich sein Leben erleichtern sollen, auf Gegenwind – Stichworte Transparenzkritik oder Rechtsstreitigkeiten BVK vs. CHECK24. Das Bundeskartellamt hat eine branchenübergreifende Untersuchung eingeleitet, deren Abschlussbericht nun vorliegt. Auf sieben Problemfelder wird darin hingewiesen.

Vor allem in der Finanz- und Versicherungsbranche ist das Thema „Vergleichsportale“ zu einem Reizwort geworden. Man denke etwa an die Transparenzkritik vonseiten der Marktwächter oder die zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem BKV und CHECK24.

Branchenübergreifende Sektoruntersuchung seit Oktober 2017

Im Oktober 2017 hatte auch das Bundeskartellamt auf Basis seiner neuen, seit Mitte 2017 bestehenden verbraucherrechtlichen Kompetenzen eine branchenübergreifende Sektoruntersuchung zu Vergleichsportalen im Internet eingeleitet und vom Verdacht auf Verbraucherrechtsverstöße gesprochen. Im Dezember 2018 war ein Konsultationspapier veröffentlicht worden, zu dem die betroffenen Unternehmen bis Anfang Februar 2019 hatten Stellung nehmen können. Rund 30 Stellungnahmen von Vergleichsportalen, Anbietern, Verbänden, Behörden und Verbrauchern gingen daraufhin beim Bundeskartellamt ein und wurden ausgewertet. Die grundsätzlichen Feststellungen und Bewertungen, die das Bundeskartellamt in seinem Konsultationspapier getroffen hatte, seien dabei weitgehend unbestritten geblieben. Einzelne Portale hätten auch bereits Änderungen auf ihren Seiten vorgenommen, die den Kritikpunkten des Bundeskartellamtes Rechnung tragen.

Am vergangenen Donnerstag hat das Bundeskartellamt nun den Abschlussbericht der Sektoruntersuchung vorgelegt. Daraus gehen sieben verschiedene Problemfelder hervor, wobei sich die Ergebnisse je nach Branche und Portal unterscheiden. Die Versicherungsbranche ist konkret von folgenden Problemfeldern betroffen:

Mangelnder Marktabdeckungsgrad, Kooperationen bei Datenbasis und Tarifrechner

Während in einigen Bereichen der Marktabdeckungsgrad der Portale sehr hoch ist, werden dem Bundeskartellamt zufolge insbesondere in den Bereichen Versicherungen und Hotels teilweise wichtige Anbieter nicht in den Vergleich mit einbezogen. Diese wesentliche Information wird nur von einigen Portalen – beispielsweise mit einer Negativliste – für den Verbraucher hinreichend transparent gemacht. Zudem existieren laut Abschlussbericht in sämtlichen Branchen Kooperationen zwischen verschiedenen Vergleichsportalen bei Datenbasis und Tarifrechner. Diese können zwar zur Verbreitung von Vergleichsmöglichkeiten beitragen, aber auch dazu führen, dass gleiche Suchergebnisse bei vermeintlich eigenständigen Portalen vom Verbraucher irrtümlicher Weise als Bestätigung der Empfehlungen interpretiert werden. Zum Teil kommt es hier dem Bundeskartellamt zufolge zu verbraucherschädigenden Irreführungen, Transparenzverstößen oder Schleichwerbung.

Missverständliche Hinweise auf Exklusivangebote, eingeschränkte Bewertungsbreite

Des Weiteren sind Hinweise der Portale auf Knappheiten, Vorteile oder Exklusivangebote teilweise missverständlich formuliert und können Verbraucher vor allem im Reisebereich aber auch in anderen Branchen unter Druck setzen bzw. falsche Erwartungen wecken. Bewertungen stammen in den untersuchten Branchen in der Regel nur von Nutzern, die erfolgreich über das Portal einen Abschluss getätigt haben, sodass Fälschungen erschwert werden, aber gleichzeitig die Bewertungsbreite eingeschränkt ist, so der Abschlussbericht des Bundeskartellamts.

Problemfelder außerhalb der Versicherungsbranche

Weitere Probleme, von denen die Vergleichsportale anderer Branchen betroffen sind, beschreibt das Bundeskartellamt folgendermaßen: Bei Hotels wird die Reihenfolge des Rankings auch von der Höhe der von den verschiedenen Anbietern gezahlten Provision mitbeeinflusst. Vor allem im Bereich Energie blenden einige Portale beim Erstranking bestimmte Angebote aus, weil diese für den Verbraucher nachteilig sein könnten oder aber – ohne dass dies für den Verbraucher deutlich wird – weil das Portal hierfür keine Provision erhält. Beim Vergleich von Energie- und Telekommunikationstarifen stellen viele Portale einzelne Angebote vor dem eigentlichen Ranking dar („Position 0“) und erhalten hierfür teilweise Zahlungen von den Anbietern, ohne dass der Verbraucher darüber informiert wird, dass es sich hierbei um Werbung bzw. eine Anzeige handelt.

Von verschiedenen Anbietern sowie Verbrauchern seien in ihren Stellungnahmen zudem weitere Probleme benannt worden, die seitens des Bundeskartellamtes untersucht werden sollten. Sofern diese Probleme eher kartellrechtlicher Natur waren, seien sie unmittelbar hausintern an den Kartellrechtsbereich weitergeleitet worden. Außerdem hätten Vertreter der Anbieterseite kritisiert, dass die Objektivität und die Transparenz der Portale unzureichend seien und der Verbraucher zu Fehlentscheidungen verleitet werde. Seitens der Portale sei hingegen davor gewarnt worden, Online-Vertriebskanäle strengeren Vorgaben zu unterwerfen als den vergleichbaren Offline-Vertrieb.

Über die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts

Im Rahmen der Sektoruntersuchung hatte das Bundeskartellamt ab Dezember 2017 in zwei Ermittlungsrunden zunächst 150 und dann die 36 relevantesten Vergleichsportale aus den Branchen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen befragt. Die Befragungen umfassten die Themenkomplexe Kooperationen zwischen verschiedenen Portalen, Marktabdeckung der einzelnen Portale, Zustandekommen des Rankings der Suchergebnisse, sonstige Faktoren zur Beeinflussung der Auswahl der Verbraucher sowie den Umgang mit Nutzerbewertungen.

Den vollständigen Bericht zur Sektoruntersuchung Vergleichsportale finden Sie hier.

Lesen Sie auch: Bundeskartellamt: Verdacht auf Rechtsverstöße bei Vergleichsportalen