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Sonderthema Baufinanzierung
12. April 2016
WIKR: Das ändert sich

WIKR: Das ändert sich

Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, das vom Bundestag Ende Februar verabschiedet worden ist, ist ein sogenanntes Punktegesetz, mit dem zahlreiche andere Gesetze geändert und Neuerungen eingeführt werden. Unter anderem wird nun auch im Bereich der Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge die Honorarberatung eingeführt. Eine Zusammenfassung von Rechtsanwalt Hans-Ludger Sandkühler.

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 155. Sitzung am 18.02.2016 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie angenommen. Mit dem Gesetz wird die Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 04.02.2014 pünktlich umgesetzt. Darüber hinaus werden entsprechend den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zum einen eine Beratungspflicht der Darlehensgeber bei dauerhafter und erheblicher Überziehung des Kontos und zum anderen die Honorarberatung im Anwendungsbereich der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingeführt. Wie üblich handelt es sich um ein sogenanntes Punktegesetz, mit dem zahlreiche andere Gesetze, unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch, die Gewerbeordnung, das Kreditwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz, geändert werden. Hier die wesentlichen Inhalte im Überblick.

Neues Regelungskonzept für Verbraucherdarlehensverträge

Im bürgerlichen Recht werden die Vorgaben der Richtlinie im wesentlichen im Recht der Verbraucherdarlehensverträge und im Recht der Vermittlung von Verbraucherdarlehensverträgen umgesetzt. Die bisherigen Bestimmungen über Verbraucherdarlehen basieren auf der bereits erfolgten Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie. Zur Harmonisierung der unterschiedlichen Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und der Verbraucherkreditrichtlinie wird im Recht der Verbraucherdarlehensverträge ein neues Regelungskonzept eingeführt. Es besteht aus allgemeinen Bestimmungen für alle Verbraucherdarlehensverträge sowie besonderen Bestimmungen für sogenannte „Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge“ für die Verbraucherdarlehen, die der Verbraucherkreditrichtlinie unterfallen, und sogenannte „Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge“ für die Verbraucherdarlehen, die von der Wohnimmobilienkreditrichtlinie erfasst werden. Im Bereich der Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge werden nicht mehr nur grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen erfasst, sondern sämtliche grundpfandrechtlich oder durch eine Reallast besicherte Darlehen sowie sämtliche Darlehen, die auf den Erwerb einer Immobilie, eines Rechts an einer Immobilie oder eines vergleichbaren Rechtes gerichtet sind, auch wenn sie nicht durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert werden. Das neue Konzept bedingt zahlreiche redaktionelle Änderungen. Die inhaltlichen Änderungen betreffen im Wesentlichen Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.

Vorvertragliche Informationspflichten

Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag muss der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer zukünftig mitteilen, welche Informationen und Nachweise er innerhalb welches Zeitraums von ihm benötigt, um eine ordnungsgemäße Kreditwürdigkeitsprüfung durchführen zu können. Er muss Darlehensnehmer dabei darauf hinweisen, dass eine Kreditwürdigkeitsprüfung für den Abschluss des Darlehensvertrags zwingend ist und nur durchgeführt werden kann, wenn die hierfür benötigten Informationen und Nachweise richtig sind und vollständig beigebracht werden. Sobald diese Angaben vorliegen, muss der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer rechtzeitig vor der Vertragserklärung des Darlehensnehmers umfangreiche Informationen nach europäischem Standard in Textform übermitteln (ESIS-Merkblatt).

Kreditwürdigkeitsprüfung

Ferner werden Darlehensgeber zukünftig auch zivilrechtlich verpflichtet, bei Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehen Kreditwürdigkeitsprüfungen durchzuführen. Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen müssen Darlehensgeber die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers auf der Grundlage notwendiger, ausreichender und angemessener Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie anderen finanziellen und wirtschaftlichen Umständen des Darlehensnehmers eingehend prüfen. Dabei sind alle Faktoren angemessen zu berücksichtigen, die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann. Bei nicht gegebener Kreditwürdigkeit ist es dem Darlehensgeber verboten, einen Vertrag zu schließen.

Beratungsleistungen bei Immobiliar-Verbraucher­darlehensverträgen

Darüber hinaus werden Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer individuelle Empfehlungen zu Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen zu geben. Dazu muss sich der Darlehensgeber zuvor über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie über die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers informieren, soweit dies für eine passende Empfehlung eines Darlehensvertrags erforderlich ist. Auf Grundlage dieser Informationen muss der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer ein geeignetes oder mehrere geeignete Produkte empfehlen oder ihn darauf hinweisen, dass er kein Produkt empfehlen kann. Die Beratungsverpflichtung zielt darauf ab, dem Verbraucher seine Auswahlentscheidung durch eine konkrete Empfehlung zu erleichtern. Sofern Darlehensvermittler Beratungsleistungen anbieten, gelten diese Vorschriften entsprechend.

Erstmals Regulierung der Kreditvermittler

In der Gewerbeordnung werden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für die Vermittlung von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen verschärft. Dazu wird mit dem neuen § 34i GewO (Immobiliardarlehensvermittler) ein neuer Erlaubnistatbestand eingeführt, der nach dem Vorbild der Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler neben gewerberechtlicher Zuverlässigkeit und geordneten Vermögensverhältnissen insbesondere einen Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtver­sicherung verlangt. Außerdem ist eine Registrierungspflicht vorgesehen. Für Immobiliardarlehensvermittler gelten besondere Informationspflichten. Sie sind insbesondere verpflichtet, ihre Provisionen offenzulegen.

Einführung der Honorarberatung: „Honorar-­Immobiliardarlehensberater“

Mit § 34i Abs. 5 GewO wird auch im Bereich der Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge die Honorarberatung eingeführt. Gewerbetreibende, die eine unabhängige Beratung anbieten oder als unabhängiger Berater auftreten (Honorar-Immobiliardarlehensberater), müssen für ihre Empfehlung für oder gegen einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag oder eine entsprechende entgeltliche Finanzierungshilfe eine hinreichende Anzahl von entsprechenden auf dem Markt angebotenen Verträgen heranziehen und dürfen vom Darlehensgeber keine Zuwendungen annehmen und von ihm in keiner Weise abhängig sein.

Immobiliardarlehensvermittlungsverordnung

§ 34j GewO enthält eine Ermächtigung zum Erlass einer Immobiliardarlehensvermittlungsverordnung, die mit Detailregelungen zur Sachkunde, zur Berufshaftpflichtversicherung, zum Registereintrag und zur grenzüberschreitenden Verwaltungszusammenarbeit die Vorschriften der Gewerbeordnung konkretisieren soll. Die Verordnung ist noch nicht erlassen. Zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zur Beratungspflicht bei dauerhafter und erheblicher Überziehung des Kontos werden Darlehensgeber mit einem neuen § 504a BGB verpflichtet, dem Darlehensnehmer in solchen Fällen eine Beratung über kostengünstigere Alternativen zur genutzten Überziehungsmöglichkeit anzubieten.

Beschränkung des sogenannten „ewigen Widerrufsrechts“

Der Gesetzgeber hat außerdem eine Regelung zur Beendigung des sogenannten „ewigen Widerrufsrechts“ von zwischen 2002 und 2010 abgeschlossenen Immobilienkrediten beschlossen. Der Gesetzgeber reagiert damit darauf, dass das Entstehen unbefristeter „ewiger“ Widerrufsrechte gerade bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt. Für neu abgeschlossene Immobiliar-Verbraucherverträge soll durch die neuen Regelungen das Entstehen sogenannter „ewiger Widerrufsrechte“ verhindert werden. Damit soll dazu beigetragen werden, dass sich Banken bei der Vergabe von Immobiliendarlehen mit langer Zinsbindung künftig nicht zurückhalten. Gerade solche Darlehen liegen im Verbraucherinteresse, weil sie zu Planungssicherheit führen. Bei Immobiliardarlehensverträgen, die in den Jahren 2002 bis 2010 geschlossen wurden, haben Verbraucher nun nach Inkrafttreten des Gesetzes noch drei Monate Zeit, um zu prüfen, ob sie von ihrem möglicherweise bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen wollen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2016, Seite 72f.