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17. August 2022
Zum Umgang mit Quarantäne während der Urlaubszeit
Man wishing to travel in coronavirus season lying in bed pensive with the suitcase prepared lying on the bed.

Zum Umgang mit Quarantäne während der Urlaubszeit

Wie soll mit bewilligtem Urlaub umgegangen werden, der dann mit einer behördlich angeordneten Quarantäne zusammenfällt, sodass der Arbeitnehmer die Tage nicht frei gestalten kann, obwohl er selbst nicht krank ist? Dazu hat das Bundesarbeitsgericht nun den Gerichtshof der Europäischen Union angerufen.

Das Bundesarbeitsgericht (BArbG) hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet, um die Frage klären zu lassen, ob aus dem Unionsrecht die Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten ist, einem Arbeitnehmer bezahlten Erholungsurlaub nachzugewähren, der zwar während des Urlaubs selbst nicht erkrankt ist, in dieser Zeit aber eine behördlich angeordnete häusliche Quarantäne einzuhalten hatte.

Urlaubsantrag wird bewilligt

Im konkreten Fall ist ein Schlosser bereits seit 1993 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Auf seinen Antrag hin bewilligte ihm der Arbeitgeber acht Tage Erholungsurlaub für die Zeit vom 12. bis zum 21.10.2020. Mit Bescheid vom 14.10.2020 ordnete seine Heimatstadt aber die Absonderung des Schlossers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 09. bis zum 21.10.2020 an, weil er zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person Kontakt gehabt hatte. Für die Zeit der Quarantäne war es dem Schlosser also untersagt, seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen.

Der Arbeitgeber belastete das Urlaubskonto des Schlossers mit den beantragten acht Tagen und zahlte ihm sein Urlaubsentgelt.

Arbeitnehmer muss in Quarantäne und fordert Urlaubstage zurück

Der Schlosser klagte in der Folge auf Wiedergutschrift der Urlaubstage auf seinem Urlaubskonto und stützte seine Klage darauf, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, seinen Urlaub selbstbestimmt zu gestalten. Die Situation bei einer Quarantäneanordnung sei vielmehr mit derjenigen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar. Der Arbeitgeber müsse ihm deshalb entsprechend § 9 BUrlG, dem zufolge ärztlich attestierte Krankheitszeiten während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden dürfen, den Urlaub nachgewähren. Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) ist dieser Auffassung erstinstanzlich gefolgt und hat der Klage stattgegeben.

Rückforderung rechtens, wenn Arbeitnehmer selbst nicht erkrankt ist?

Für das BArbG ist es nun jedoch entscheidungserheblich, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Einklang zu bringen ist, wenn vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst eben nicht krank war. (ad)

BArbG, Beschluss vom 16.08.2022 – 9 AZR 76/22 (A)

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