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19. August 2021
„Makler werden sich vermehrt auf einen Intermediär konzentrieren“

„Makler werden sich vermehrt auf einen Intermediär konzentrieren“

Die VEMA eG und ihre Partnerbetriebe trotzen der Corona-Pandemie. Die Genossenschaft konnte in der Vergangenheit immer weitere Maklerbetriebe anbinden und sieht gute Chancen für die Weiterentwicklung auch in einem sich konsolidierenden Markt.

Interview mit Andreas Brunner und Hermann Hübner, Vorstände der VEMA Versicherungsmakler Genossenschaft eG
Seit einigen Monaten erleben wir, dass mittelständische Versicherungsmakler zu einer Asset-Klasse von Private-Equity-Investoren werden. Wie ordnen Sie das ein?

Hermann Hübner: Im Wesentlichen zeigt das, wie unheimlich viel Kapital am Markt in unserem Niedrigzinsumfeld nach attraktiven Anlagemöglichkeiten sucht. InsurTechs versuchen seit Jahren recht erfolglos, sich in der Versicherungsbranche durchzusetzen, und müssen immer mehr an neuem Fremdkapital einsammeln, um weitermachen zu können. Da wurde und wird so unverständlich viel Geld verbrannt, das niemals zurückfließen kann. Da sind etablierte Versicherungsmaklerbetriebe mit einer funktionierenden Maschinerie und echten Erträgen das wesentlich interessantere Investment. Da folgt die erste Rendite bereits zum Ende des nächsten Geschäftsjahrs. Wir von der VEMA sind bei den größer werdenden Maklergruppen ein gefragter Partner, weil wir die notwendigen Digitalisierungsschritte mit unseren Diensten hervorragend unterstützen können.

Sie berichten, dass VEMA-Makler gut durch die Corona-Krise gekommen sind. Trotzdem scheint Covid-19 zu einer – eigentlich schon lange erwarteten – Konsolidierung zu führen, oder?

Andreas Brunner: Die Anzahl registrierter Versicherungsmakler ist in den vergangenen Jahren immer relativ konstant geblieben. Die Umsätze der Maklerkollegen wuchsen aber immer stärker als der Markt. Das zeigt, dass das Geschäftsmodell „Versicherungsmakler“ dauerhaft funktioniert und mehr als tragfähig ist. Zu Konsolidierungen bei Versicherungsmaklern kommt es daher normalerweise auch nicht aus Gründen des Kostendrucks, sondern vielmehr im Rahmen der Betriebsnachfolge.

Ein gut laufender Maklerbetrieb mit einem gesunden Bestand kostet sein Geld – Private-Equity-Investoren fällt es oft leichter, einen angemessenen Firmenwert auch zu bezahlen. Bei kleineren und mittleren Maklerhäusern, die zumeist noch inhabergeführt sind, beobachten wir aber, dass es doch überwiegend Betriebsnachfolger aus den eigenen Reihen sind, die ihre Chance bekommen, die Firma in die Zukunft zu führen. Natürlich unterstützen wir unsere Kollegen bei der internen und externen Betriebsnachfolge auf vielfältige Weise.

Macht sich ein Maklerdienstleister an der Stelle aber nicht vielleicht doch auch Sorgen?

Hermann Hübner: Nein, Sorgen machen wir uns da in keiner Weise. Wir sehen da eher die Chancen. Bei Konsolidierungen waren wir immer gefragter Partner, insbesondere dann, wenn ein Unternehmen die VEMA aktiv genutzt hat. Überdies werden die Vorteile, die wir bieten können, weiter in die Gruppe hinein­getragen, was für uns natürlich nicht negativ ist. Wir sind davon überzeugt, dass sich Versicherungsmakler vermehrt auf einen „Intermediär“ konzentrieren, der ein weitgehendes Dienstleistungsangebot hat, das passt. Da unser Geschäftsmodell nicht auf „Pooling“ ausgerichtet ist, können wir bei Zusammenschlüssen von Maklerhäusern sehr gut punkten.

Dann schildern Sie uns doch mal: Wie ist die VEMA bisher durch die Corona-Pandemie gekommen?

Andreas Brunner: Als es so richtig losging, hatten wir in den Deckungsnoten unserer Tarifrechner schon einen deutlichen Einbruch. Das war so März und April 2020, also in der Phase der Orientierung, wie man mit der neuen Situation umgeht und sich arrangiert. Wir stellten fast sofort Hilfestellungen bereit und informierten über betriebsorganisatorische Dinge, stellten Technik zur Videoberatung – VEMA-Live – bereit und alles, was zur Kundenkommunikation nötig war. Dadurch konnten unsere Maklerkollegen schnell einen neuen Rhythmus für ihre Arbeit finden und sich wieder der Betreuung ihrer Kunden zuwenden. Bereits im Mai hatten wir bei den Deckungs­noten wieder den Stand des Vorjahres erreicht und bis Jahresende schlossen wir mit fast 10% mehr Deckungsnoten gegenüber 2019 ab. Das gilt nur für Komposit, nur direkt über unsere Tarifrechner, ohne Betrachtung Kfz.

Stornos im Lebenbereich verzeichneten wir nur vereinzelt. Man kann sagen, ab Mitte 2020 ging es wie gewohnt, wenn auch auf neuen Wegen und mit neuen Mitteln, einfach weiter. Das hält für 2021 bisher so an. Betriebsintern waren wir technisch ohnehin bereits so aufgestellt, dass nahezu alle Bereiche unserer Firma onlinebasierend arbeiteten. So war es einfach, die Belegschaft fast komplett vom Home-Office aus arbeiten zu lassen. Negative Auswirkungen auf unsere Servicestandards oder die Arbeitsleistung konnten wir dabei auch keine ausmachen.

Momentan führen wir eine betriebswirtschaftliche Auswertung unter unseren Maklern durch. Auch diese spiegelt eine positive Grundstimmung wider. So gaben 63% der Teilnehmer an, dass sich ihr Jahresumsatz 2020 gegenüber dem Vorjahr gesteigert hat. Und auch was das laufende Jahr angeht, geht bereits jetzt deutlich über die Hälfte der Kollegen von einer weiteren Steigerung aus.

Was lässt Sie hoffen, dass Sie und die Maklerbetriebe im Allgemeinen weiterhin gut bestehen können?

Hermann Hübner: Wir hoffen nicht, sondern wir wissen, dass der klassische Versicherungsmakler in Verbindung mit einem starken Intermediär wie der VEMA eine sehr erfolgreiche Zukunft haben wird. Ausschließlichkeitsvertriebe werden durch das eingeschränkte Produktangebot verlieren, rein digitale Anbieter werden sich nicht durchsetzen. Und alle brauchen persönliche Berater für spürbare Erfolge. Bankberater waren noch nie wirklich gute Versicherungsverkäufer – klammert man die Lebensversicherung mal aus. Bei den FinTechs braucht es das aktive Signal des überwiegend sehr jungen Kunden, deshalb wird sich da nicht viel tun. Bedeutende Marktplayer kann man an einer Hand abzählen. Die Zukunft für Versicherungsmakler sieht rosig aus.

Nun kommen die Bundestags­wahlen und eventuell geht damit ein Regierungswechsel einher. Sehen Sie dem entspannt entgegen oder fürchten Sie sogar bestimmte Konstellationen?

Andreas Brunner: Seit mindestens 20 Jahren gab es keine politische Entscheidung bezogen auf die Versicherungsbranche mehr, die als positiv bewertet werden kann. Dabei war es recht egal, wer die Regierung bildete. Die Branche hat immer reagiert und sich darauf eingerichtet. So wird es auch mit der nächsten Regierung sein. Natürlich können einem bei Durchsicht des ein oder anderen Wahlprogramms die Haare zu Berge stehen – aber keine Partei wird alleine regieren können und spätestens wenn Wahlprogramm auf Realität trifft, kommt alles anders als gedacht. Es bringt wenig, bereits jetzt Energien in „Was-wäre-wenn-Denkspiele“ zu investieren.

Wo sich bei uns die Stirnfalten bilden, ist, dass ein Staat, der sich auch in „guten Jahren“ immer mehr verschuldet hat und die Zinsen gedrückt halten muss, da er sie sonst nicht mehr bedienen kann, als Heils­bringer für eine eigene kapitalgedeckte Altersvorsorge aufschwingt. Die Gelder in einem Staatsfonds für die Altersvorsorge werden früher oder später auch zweckentfremdet werden.

Wir sehen den Staat zwischenzeitlich als „Raupe Nimmersatt“. Eine Kehrtwende zu mehr Eigenverantwortung und weniger staatlicher Bürokratie und Fürsorge wäre notwendig. Selbstständigkeit muss sich wieder lohnen. Da sehen wir aber leider bei keinem Regierungsbündnis einen wirklichen Trend in diese Richtung.

Die Digitalisierung ist auch so ein zweischneidiges Schwert. Es geht voran, aber schleppend und mancherorts wohl auch schmerzvoll. Wie weit sind Versicherer und Makler in der digitalen Kommunikation noch auseinander?

Hermann Hübner: Wir können nicht feststellen, dass es schleppend vorangeht. Aktuell ist ein guter Stand gegeben. Die Anträge in den Massensparten werden meist digital angeliefert und automatisiert verarbeitet – da haben unsere VEMArechner einen merklichen Anteil daran. Druckstücke landen digital in der VEMA-Postbox, um nur ein Beispiel zu nennen.

Natürlich ist noch richtig „Luft nach oben“ – da sind auch wir gut dabei. Für die Digitalisierung braucht es Intermediäre wie VEMA. Da wird nichts direkt zwischen Versicherer und kleinen oder mittelgroßen Versicherungsmaklern laufen.

Was sind hier Ihre nächsten Schritte?

Hermann Hübner: Basierend auf dem zentralen Dokumentenabruf in der VEMA-Postbox arbeiten wir derzeit weiter an der Auswertung dieser Dokumente, um Automatismen für die nächsten logischen Schritte darstellen zu können. In der Praxis kann dies dann zum Beispiel so aussehen, dass ein Makler eine Mail von uns erhält, in der mitgeteilt wird, dass bei diesen 100 Privathaftpflichtverträgen eine Bestandsaktualisierung auf den aktuellen Tarif möglich ist. Möchte der Makler das, genügt ein Klick und unser System nimmt alles Nötige vor und informiert die Kunden per Mail. Auch in Sachen Bestandsarbeit werden sich hier viele Möglichkeiten wie zum Beispiel Upselling-Aktionen auftun.

Die Weiterbildung für Makler ist ein großes Thema der VEMA. Nun hören wir stetig, dass die IHKs bei der Anerkennung von Seminaren genau hinsehen. Können Sie das bestätigen?

Andreas Brunner: Anfangs wirkte es, als ob die IHKs selbst noch nicht so genau wüssten, wie die Kontrolle der Weiterbildungspflichterfüllung dargestellt und umgesetzt werden soll. Das führte zu mehreren oft nicht nachvollziehbaren Aussagen und Entscheidungen. Inzwischen scheint man seinen Weg gefunden zu haben. Den genauen Blick auf Seminarinhalte können wir bestätigen.

Wir empfehlen den Maklern, mehr Zeit in Fortbildungen über die VEMAakademie zu investieren, dann sind sie auf der sicheren Seite und haben keine Diskussionen mit der örtlichen IHK, wenn die einen Schulungsinhalt nicht akzeptiert. Die meisten VEMA-Partner gehen so damit um.

Haben Sie denn eigene Erfahrungen damit gemacht?

Andreas Brunner: Fälle, bei denen die Akzeptanz der Weiterbildungszeit unserer Angebote angezweifelt wurden, kennen wir nur vereinzelt. In der Regel konnten solche Zweifel mit Übersendung der Schulungsinhalte dann auch ausgeräumt werden.

An die VEMA sind einige Gewerbemakler angeschlossen. Wie sehr waren diese von dem Thema der Betriebsschließungsversicherung betroffen?

Hermann Hübner: Das Thema wird medial überbewertet. Im Durchschnitt dürfte jeder Vermittler nur um die zwei Verträge im Bestand haben. Erklärt man einem betroffenen Kunden, dass die Betriebsschließungsversicherung nie für Pandemien gedacht war, und erläutert alle Hintergründe, dann entschließen sich viele, einen Vergleich anzu­nehmen und nicht zu klagen. Man wird sehen, wie der BGH entscheidet. Ich ziehe den Hut vor den Versicherern, die die Ansprüche vollständig beglichen haben. Keine Selbstverständlichkeit für mich.

Was glauben Sie, wie hoch ist der bleibende Imageschaden der Branche?

Hermann Hübner: Ich sehe keinen Imageschaden. Das Thema wird größtenteils nur innerhalb der Branche hochgespielt.

Erwarten Sie eine Eintrübung der Maklergeschäfte aufgrund möglicher Insolvenzen im Gewerbebereich oder anderer Einflüsse?

Andreas Brunner: 2020 hatten wir einen Tiefstand an Insolvenzen und auch 2021 erwarten wir keine steigenden Insolvenzen. Im Gegenteil – viele Firmen nutzten die Pandemie, um sich besser für die Zukunft aufzustellen.

2021 wird also mit Blick auf die Geschäftszahlen wieder ein gutes Jahr für die VEMA?

Andreas Brunner: Ja.

Hermann Hübner: Ja, absolut.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2021 und in unserem ePaper.

Bild oben:  © sdecoret – stock.adobe.com; Porträtfotos: © VEMA

 
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Andreas Brunner
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