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16. Dezember 2023
Regulierung Brandschäden: Entscheidende Weichen vor Schaden stellen

Regulierung Brandschäden: Entscheidende Weichen vor Schaden stellen

Die Schadenregulierung der Versicherer bei Brandschäden wird restriktiver und langwieriger – auch die juristischen Auseinandersetzungen nehmen zu. Makler können ihren Kunden bereits vor Eintritt eines Schadens dabei helfen, Konflikte zu vermeiden. Der vorliegende Beitrag behandelt ausgewählte Weichenstellungen.

Ein Artikel von Cäsar Czeremuga, LL.M., Rechtsanwalt und Partner bei NORDEN Rechtsanwälte

Unsere Praxiserfahrung zeigt, dass eine erfolgreiche Regulierung eines Brandschadens nicht erst mit der Anzeige des Versicherungsfalls beim Versicherer beginnt. Wichtige Weichenstellungen für eine erfolgreiche Schadenregulierung finden bereits vor Eintritt des Schadens statt.

Vermittler sollten die Erwartung der Führungsebene steuern

Das beginnt mit richtigem Erwartungsmanagement. Makler müssen der Führungsebene ihrer Kunden eine realistische Vorstellung darüber vermitteln, was die eingekaufte Versicherung leistet und was nicht. Fehlvorstellungen führen im Schadenfall schnell zu Konflikten zwischen Unternehmensleitern, Maklern und Versicherern. Geschäftsführern und Vorständen muss klar sein, dass ein beachtlicher Teil des wirtschaftlichen Schadens infolge eines Brandes nicht versichert ist – etwa Reputationsschäden oder die Folgen von Marktanteilsverlusten.

Versicherungsvertragliche Verhaltenspflichten als Teil des Risikomanagements verstehen

Der Einkauf von Versicherungsschutz gehört zum betrieblichen Risikomanagement. Das Risikomanagement sollte darüber hinaus alle nach dem Versicherungsvertrag bestehenden Verhaltenspflichten berücksichtigen, deren Missachtung den Versicherungsschutz gefährden könnten. Das ist häufig nicht der Fall. Ein praxisrelevantes Beispiel ist die Anzeige von Gefahrerhöhungen. Betriebliche Veränderungen nach dem Abschluss des Versicherungsvertrages, etwa die Nutzungsänderung eines Gebäudes, können dazu führen, dass sich das versicherte Schadenrisiko erhöht. Werden solche Gefahrerhöhungen dem Versicherer nicht angezeigt und kommt es zum Schadenfall, kann das dazu führen, dass der Versicherer nicht leisten muss. Bei der systematischen Implementierung solcher Verhaltenspflichten in das Risikomanagement können Makler wertvolle Hilfe leisten.

Präziser Versicherungsvertrag als Dreh- und Angelpunkt

Entscheidend ist die Qualität, mit der die Anforderungen an den Versicherungsschutz im Versicherungsvertrag festgelegt werden. Viele Konflikte zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern entstehen durch unklar formulierte oder fehlende Vertragsklauseln.

Ein praxisrelevantes Beispiel ist eine „Generalklausel“, die sich regelmäßig in Feuerversicherungsverträgen findet. Sie lautet: „Der Versicherungsnehmer hat alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten.“ Dabei handelt es sich um eine Obliegenheit, die den Versicherungsnehmer zu einem Verhalten vor Eintritt des Schadens anhält. Beachtet er die Obliegenheit nicht, gefährdet er seinen Versicherungsschutz. Wir erleben kaum einen Brandschaden, in dem diese Klausel keine Rolle spielt, wenn sie vereinbart ist.

Die Klausel ist für den Versicherungsnehmer gefährlich. Das Problem: Die Klausel verlangt vom Versicherungsnehmer die Einhaltung auch solcher Sicherheitsvorschriften, die nicht explizit im Versicherungsvertrag genannt sind („alle gesetzlichen und behördlichen Sicherheitsvorschriften“). Oft haben Versicherungsnehmer aber keine konkrete oder zutreffende Vorstellung davon, was eine Sicherheitsvorschrift eigentlich ist. Welche Vorschriften für den Versicherungsschutz in ihrer individuellen Risikosituation wirklich relevant sind, können Versicherungsnehmer der Klausel nicht entnehmen. Die unterschiedlichen Vorstellungen darüber, was Sicherheitsvorschriften sind, welche für den Betrieb des Versicherungsnehmers relevant sind und ob sie verletzt wurden, entzweit Versicherer und ihre Kunden in der Schadenregulierung. Unterschiedliche Vorstellungen existieren auch darüber, ob diese Generalklausel überhaupt wirksamer Bestandteil des Versicherungsvertrages ist. Das ist eine Rechtsfrage. Das Oberlandesgericht Schleswig beispielsweise sieht diese Klausel richtigerweise als intransparent und AGB-rechtswidrig an mit der Folge, dass diese Klausel – obwohl vereinbart – nicht Bestandteil des Versicherungsvertrages wird (Beschluss vom 18.05.2017, Az.: 16 U 14/17). Die Frage ist durch den Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Entsprechend halten Versicherer an der Klausel fest.

Die Auseinandersetzung über diese Fragen verzögert die Schadenregulierung in der Regel deutlich. Makler können durch eine präzise und vorausschauende Vertragsgestaltung Konflikte reduzieren. Soweit möglich, sollten Makler diese Klausel rausverhandeln. Ist dies nicht möglich, sollten die Sicherheitsvorschriften, die für den versicherten Betrieb nach seiner individuellen Risikosituation relevant sind und die der Versicherungsnehmer einzuhalten hat, möglichst konkret im Versicherungsvertrag benannt werden.

Dem Einwand eines Organisationsverschuldens vorbeugen

Ein verbreitetes Mittel, um die einschneidenden Konsequenzen einer Verletzung von Obliegenheiten abzumildern, ist die Vereinbarung einer sogenannten Repräsentantenklausel. Danach kommt es bei der Frage, ob der Versicherungsnehmer eine Verhaltenspflicht verletzt hat, typischerweise auf das Verhalten und die Kenntnisse allein der obersten Leitungsorgane an, also beispielsweise des Geschäftsführers einer GmbH. Damit gefährden individuelle Fehler der eigenen Mitarbeiter oder externer Dienstleister den Versicherungsschutz grundsätzlich nicht. Die Kehrseite ist, dass sich die Diskussion über eine Obliegenheitsverletzung auf die Frage eines Organisationsverschuldens verlagert. Der Einwand lautet: Der Geschäftsführer oder Vorstand habe eine mangelhafte Organisationsstruktur im Unternehmen geschaffen, indem er Aufgaben im Zusammenhang mit der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften nicht oder falsch organisierte und es versäumte, geeignete Mitarbeiter auszuwählen, sie zu instruieren, zu schulen oder ordnungsgemäß die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu überwachen. Damit hätten die Repräsentanten die Obliegenheitsverletzung zu verantworten. Der Einwand des Organisationsverschuldens bringt erneute Unsicherheiten in den Regulierungsprozess.

Diesen Aspekt sollten Makler frühzeitig mit ihren Kunden besprechen, damit diese ausreichend Vorsorge treffen können. Denn nicht selten existiert eine lediglich in der Praxis „gelebte“ Organisation, deren Nachweis im Schadenfall mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Abläufe müssen mühsam rekonstruiert werden, etwa wer wem wann welche Anweisungen erteilt hat. Zum Risikomanagement des Unternehmens sollte deshalb stets eine systematische und ausreichende schriftliche Dokumentation gehören. Sie hilft beim Nachweis, dass kein Organisationsverschulden vorliegt.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Andreas – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Cäsar Czeremuga