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16. Dezember 2023
Regulierung Brandschäden: Entscheidende Weichen vor Schaden stellen

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Regulierung Brandschäden: Entscheidende Weichen vor Schaden stellen

Präziser Versicherungsvertrag als Dreh- und Angelpunkt

Entscheidend ist die Qualität, mit der die Anforderungen an den Versicherungsschutz im Versicherungsvertrag festgelegt werden. Viele Konflikte zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern entstehen durch unklar formulierte oder fehlende Vertragsklauseln.

Ein praxisrelevantes Beispiel ist eine „Generalklausel“, die sich regelmäßig in Feuerversicherungsverträgen findet. Sie lautet: „Der Versicherungsnehmer hat alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten.“ Dabei handelt es sich um eine Obliegenheit, die den Versicherungsnehmer zu einem Verhalten vor Eintritt des Schadens anhält. Beachtet er die Obliegenheit nicht, gefährdet er seinen Versicherungsschutz. Wir erleben kaum einen Brandschaden, in dem diese Klausel keine Rolle spielt, wenn sie vereinbart ist.

Die Klausel ist für den Versicherungsnehmer gefährlich. Das Problem: Die Klausel verlangt vom Versicherungsnehmer die Einhaltung auch solcher Sicherheitsvorschriften, die nicht explizit im Versicherungsvertrag genannt sind („alle gesetzlichen und behördlichen Sicherheitsvorschriften“). Oft haben Versicherungsnehmer aber keine konkrete oder zutreffende Vorstellung davon, was eine Sicherheitsvorschrift eigentlich ist. Welche Vorschriften für den Versicherungsschutz in ihrer individuellen Risikosituation wirklich relevant sind, können Versicherungsnehmer der Klausel nicht entnehmen. Die unterschiedlichen Vorstellungen darüber, was Sicherheitsvorschriften sind, welche für den Betrieb des Versicherungsnehmers relevant sind und ob sie verletzt wurden, entzweit Versicherer und ihre Kunden in der Schadenregulierung. Unterschiedliche Vorstellungen existieren auch darüber, ob diese Generalklausel überhaupt wirksamer Bestandteil des Versicherungsvertrages ist. Das ist eine Rechtsfrage. Das Oberlandesgericht Schleswig beispielsweise sieht diese Klausel richtigerweise als intransparent und AGB-rechtswidrig an mit der Folge, dass diese Klausel – obwohl vereinbart – nicht Bestandteil des Versicherungsvertrages wird (Beschluss vom 18.05.2017, Az.: 16 U 14/17). Die Frage ist durch den Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Entsprechend halten Versicherer an der Klausel fest.

Die Auseinandersetzung über diese Fragen verzögert die Schadenregulierung in der Regel deutlich. Makler können durch eine präzise und vorausschauende Vertragsgestaltung Konflikte reduzieren. Soweit möglich, sollten Makler diese Klausel rausverhandeln. Ist dies nicht möglich, sollten die Sicherheitsvorschriften, die für den versicherten Betrieb nach seiner individuellen Risikosituation relevant sind und die der Versicherungsnehmer einzuhalten hat, möglichst konkret im Versicherungsvertrag benannt werden.

Dem Einwand eines Organisationsverschuldens vorbeugen

Ein verbreitetes Mittel, um die einschneidenden Konsequenzen einer Verletzung von Obliegenheiten abzumildern, ist die Vereinbarung einer sogenannten Repräsentantenklausel. Danach kommt es bei der Frage, ob der Versicherungsnehmer eine Verhaltenspflicht verletzt hat, typischerweise auf das Verhalten und die Kenntnisse allein der obersten Leitungsorgane an, also beispielsweise des Geschäftsführers einer GmbH. Damit gefährden individuelle Fehler der eigenen Mitarbeiter oder externer Dienstleister den Versicherungsschutz grundsätzlich nicht. Die Kehrseite ist, dass sich die Diskussion über eine Obliegenheitsverletzung auf die Frage eines Organisationsverschuldens verlagert. Der Einwand lautet: Der Geschäftsführer oder Vorstand habe eine mangelhafte Organisationsstruktur im Unternehmen geschaffen, indem er Aufgaben im Zusammenhang mit der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften nicht oder falsch organisierte und es versäumte, geeignete Mitarbeiter auszuwählen, sie zu instruieren, zu schulen oder ordnungsgemäß die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu überwachen. Damit hätten die Repräsentanten die Obliegenheitsverletzung zu verantworten. Der Einwand des Organisationsverschuldens bringt erneute Unsicherheiten in den Regulierungsprozess.

Diesen Aspekt sollten Makler frühzeitig mit ihren Kunden besprechen, damit diese ausreichend Vorsorge treffen können. Denn nicht selten existiert eine lediglich in der Praxis „gelebte“ Organisation, deren Nachweis im Schadenfall mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Abläufe müssen mühsam rekonstruiert werden, etwa wer wem wann welche Anweisungen erteilt hat. Zum Risikomanagement des Unternehmens sollte deshalb stets eine systematische und ausreichende schriftliche Dokumentation gehören. Sie hilft beim Nachweis, dass kein Organisationsverschulden vorliegt.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Andreas – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Cäsar Czeremuga