AssCompact TV Experten-Talk: „Rechtsfragen rund ums Vermittlerbüro“
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<p>Das Oberlandesgericht Celle hat durch rechtskräftiges Urteil vom 05.11.2015 einem Unterlassungsbegehren eines Versicherungsmaklers eine klare Absage erteilt. Der Versicherungsmakler hatte moniert, dass der verklagte Versicherer auf dem an den von ihm betreuten Versicherungsnehmer gerichteten Schreiben die Telefon- und Telefaxnummern seines Servicecenters angab. Das OLG Celle führt aus, ein solches Vorgehen sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, weil es üblich und zulässig sei, dass der Ersteller eines solchen Schreibens seine Kontaktdaten angebe. Dies werde weder von einem verständigen Versicherungsnehmer noch von den mitversicherten Personen dahingehend verstanden, dass für die Beratung und Betreuung allein die genannten Stellen des Versicherers zuständig seien. Wichtig sei, dass eine weitergehende Personalisierung nicht stattgefunden habe. Es sei demzufolge nicht zulässig, wenn der Versicherer zum Beispiel die Kontaktdaten eines mit ihm verbundenen Versicherungsvertreters angebe. Ein solches Vorgehen sei entgegen der Rechtsauffassung des Versicherungsmaklers auch nicht unlauter, weil der Versicherer nicht in fremde Vertragsbeziehungen eindringe mittels irreführender Angaben. </p><p>Das Urteil ist insoweit bemerkenswert, als sich die Rechtsprechung in der Vergangenheit vornehmlich mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob es wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist, wenn der Versicherer als Ansprechpartner des Versicherungsnehmers statt des von diesem beauftragten Versicherungsmaklers einen Versicherungsvertreter angibt, mit dem der Versicherer durch einen Handelsvertretervertrag verbunden ist. Nunmehr hat das OLG Celle in der Entscheidung zu Recht klargestellt, dass die Angabe der reinen Kontaktdaten des Versicherers wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. </p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/C7471748-415E-42C0-B24C-D357C03472A5"></div>
<p>Gelegentlich kommt es vor, dass ein potenzieller Versicherungsnehmer mit dem Antrag auf Abschluss einer Versicherung (beispielsweise Krankheitskostenvollversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung etc.) seine Krankenakte beim Versicherer einreicht, obwohl dieser im Rahmen der Risikoprüfung nur nach Vorerkrankungen der letzten Jahre fragt. Es stellt sich die Frage, ob der Versicherer bei einer zeitlich begrenzten Rückfrage berechtigt ist, die ihm darüber hinaus vom Versicherungsnehmer zur Verfügung gestellten Informationen im Rahmen der Antragsprüfung zu berücksichtigen.</p>
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Gesetzliche Grundlage</h3>
<p>Wenn Versicherer in Antragsformularen nach Vorerkrankungen etc., beispielsweise während der letzten fünf Jahre, gerechnet ab Antragstellung, fragen, so trägt dies der gesetzlichen Regelung des § 21 Abs. 3 S. 1 VVG Rechnung, wonach die Rechte des Versicherers aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG nach Ablauf von fünf Jahren nach Vertragsschluss erlöschen, sofern nicht vor Ablauf dieser Frist Versicherungsfälle eingetreten sind. Für den Fall eines vorsätzlichen oder arglistigen Verhaltens wird diese Frist gemäß § 21 Abs. 3 S. 2 VVG auf zehn Jahre verlängert. Regelmäßig kommt es daher vor, dass ein Fünf-Jahres-Zeitraum und ein Zehn-Jahres-Zeitraum im Rahmen der Antragsfragen abgefragt werden. So werden zum Beispiel stationäre Aufenthalte und damit einhergehende Behandlungen häufig über einen Zehn-Jahres-Zeitraum abgefragt.</p>
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Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrags ist noch nicht schutzwürdig</h3>
<p>Von der Frage, ob ein Versicherer im Rahmen einer Leistungsprüfung berechtigt ist, Vorerkrankungen zu berücksichtigen, die außerhalb des abgefragten Zeitraums liegen, ist aber die Beantwortung der Frage zu trennen, ob der Versicherer auch im Rahmen der Antragsprüfung bezüglich der abgefragten Zeiträume limitiert ist. Das ist nicht der Fall, da der Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrags grundsätzlich noch keine schutzwürdige Rechtsposition erlangt hat. Es steht ihm frei, die Fragen des Antragsformulars wahrheitsgemäß zu beantworten oder dem Versicherer darüber hinausgehende Umstände, nach denen der Versicherer nicht gefragt hat, mitzuteilen. Teilt er sie aber mit, dann kann der Versicherer auf Basis der ihm ungefragt mitgeteilten Informationen auch Konsequenzen für die Frage ziehen, ob der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages angenommen werden soll oder nicht.</p>
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Versicherer darf alle Informationen berücksichtigen</h3>
<p>So ist zum Beispiel durchaus denkbar, dass der Versicherungsnehmer wegen einer Erkrankung, die häufig zu einer Berufsunfähigkeit führt, während des abgefragten Fünf-Jahres-Zeitraums nicht behandelt worden ist, davor aber sehr engmaschig, und der Versicherer im Rahmen der Antragsprüfung deshalb von dem Abschluss eines Versicherungsvertrags absieht, weil ihm das Risiko, dass der Versicherungsnehmer wieder erkrankt, zu hoch erscheint. Die ihm ungefragt vom Versicherungsnehmer im Rahmen der Antragsprüfung mitgeteilten Umstände darf der Versicherer deshalb durchaus im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigen, ob er den Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrags annehmen will oder nicht.</p>
<p>Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2016, Seite 50.</p>
<p>Mehr zum Thema Biometrie erfahren Sie beim AssCompact TV Thementag "Biometrie" auf <a href="http://www.asscompact.de/tv-thementag/biometrie">www.asscompact.de/tv-t…;
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<p>Die Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers folgt aus § 61 Abs. 1 Satz 2 VVG, wonach der Versicherungsvermittler „dies“ unter Berücksichtigung der „Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags“ nach § 62 VVG zu dokumentieren hat. § 62 VVG regelt dann zwar die Einzelheiten, wie zu dokumentieren ist, nämlich vor allen Dingen in Textform. Unklar ist allerdings, was der Gesetzgeber unter dem Wort „dies“ verstanden hat, denn nähere Ausführungen im Gesetzestext zum Inhalt der Dokumentation fehlen.</p>
<p>So ist nach dem Gesetzeswortlaut schon unklar, ob von einem Beratungsprotokoll oder dem Dokumentieren eines Ergebnisses auszugehen ist. Die Gesetzesbegründung, die von „Beratungsprotokollen“ spricht, scheint allerdings eher die Dokumentierung des gesamten Beratungsprozesses und nicht nur des Beratungsergebnisses im Auge gehabt zu haben. Auch Versicherungswissenschaft und Praxis scheinen von diesem Verständnis einer Dokumentation auszugehen, wie die Kommentierungen zu den §§ 61, 62 VVG und die in der Branche entwickelten Dokumentationen unterschiedlichen Inhalts zeigen.</p>
<p>Für den Rechtspraktiker und auch den Versicherungsvermittler selbst ist aber natürlich wichtig, wie denn die Rechtsprechung den Begriff „dies“ konkretisiert. Sie hat in der Vergangenheit erfreulicherweise mehr und mehr Klarheit geschaffen, was den Inhalt der Dokumentation betrifft.</p>
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Gesamte Beratung im Fokus</h3>
<p>So verlangt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in seinem Urteil vom 15.09.2011 (Az.: 12 U 56/11) einen nachvollziehbaren und geordneten Überblick über alle wesentlichen leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede der bestehenden und angebotenen Versicherung, wenn ein Versicherungsmakler empfiehlt, eine bestehende Rentenversicherung zu kündigen, um einen neuen Lebensversicherungsvertrag abzuschließen. Ausdrücklich betont das OLG Karlsruhe, die Dokumentationspflicht erstrecke sich nicht lediglich auf den erteilten konkreten Versicherungsrat, sondern auch auf den wesentlichen Inhalt der gesamten Beratung. Das wird man auf die Dokumentationspflicht eines Versicherungsvertreters übertragen können.</p>
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Vorsicht vor Dokumentationshilfen</h3>
<p>Für Versicherungsvermittler liegt nahe, sich bei der Erfüllung der Dokumentationspflicht vorformulierter Dokumentationshilfen zu bedienen, um sicherzustellen, dass der Beratungsprozess weitgehend standardisiert werden kann. Der Einsatz derartiger Formulare kann gewährleisten, dass in einem Beratungsgespräch üblicherweise abzuarbeitende Punkte nicht übersehen werden. Diese Hilfen bergen aber auch die Gefahr, dass der konkrete Einzelfall übersehen wird, weil sich der Vermittler sozusagen „sklavisch“ an den Vorgaben des Musters orientiert und zum Beispiel gar nicht überprüft, ob dieses zu dem konkreten Einzelfall passt.</p>
<p>Das OLG München hat in seinem Urteil vom 22.06.2012 (Az.: 25 U 3343/11) klargestellt, dass die Verwendung einer vorgefertigten Dokumentation allein nicht ausreicht, wenn sich das Dokumentieren in einem schematischen Ankreuzen nach bestimmten Themenbereichen erschöpft und unter anderem jegliche Angaben fehlen, welche konkrete Motivation der Beratung zugrunde lag und was die wesentlichen Gründe für den erteilten Rat waren. Ausdrücklich hat das OLG München moniert, dass in der vom OLG zu beurteilenden Dokumentation noch nicht einmal die Eckdaten des gewählten Produkts angegeben und Themenbereiche abgearbeitet worden waren, die ersichtlich mit dem konkreten Beratungsvorgang nichts zu tun hatten. Die Kundenwünsche waren nicht konkret festgehalten worden, sodass die Motivation des Versicherungsnehmers, seinen Versicherer zu wechseln, völlig unklar war. Auch fehlte jegliche Dokumentation der Aufklärung über die mit einem Wechsel verbundenen erheblichen Risiken. Eine solche Dokumentation ist aus Sicht der Rechtsprechung unbrauchbar.</p>
<p>Diese Rechtsauffassung haben das OLG Naumburg in seinem Urteil vom 05.12.2013 (Az.: 4 U 27/13), das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 30.01.2014 (Az.: 12 U 146/12) und auch der BGH in seinem Urteil vom 13.11.2014 (Az.: III ZR 544/13) ausdrücklich geteilt. Auch das OLG Frankfurt kritisierte in seinem Urteil, dass eine Angabe zu den wesentlichen Gründen der Entscheidung, insbesondere eine Darstellung der Gründe für und gegen die Erteilung einer Empfehlung fehlte. Der BGH führt in seinem Urteil ausdrücklich aus: „Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt.“</p>
<p>Dieser kursorische Überblick über die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Verwendung einer reinen Checkliste nicht ausreicht, um der Dokumentationspflicht gerecht zu werden. Damit stellt sich natürlich die Frage, mit welchen Folgen ein Versicherungsvermittler rechnen muss, der die Dokumentationspflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt.</p>
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Beweislastumkehr zulasten des Versicherungsvermittlers</h3>
<p>Genügt die Dokumentation den Anforderungen der Rechtsprechung nicht, so hat dies nach der Gesetzesbegründung eine Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers zur Folge, die bis hin zu einer Beweislastumkehr bei völligem Fehlen der Dokumentation oder schweren Mängeln der Dokumentation führen kann. In diesen beiden Fällen wird zulasten des Versicherungsvermittlers vermutet, dass er den Kunden auch unzureichend beraten hat.</p>
<p>Die bisherige Rechtsprechung tendiert durchaus dazu, sehr häufig eine Beweislastumkehr zulasten des Versicherungsvermittlers anzunehmen. Dieser kann sich gegen den Vorwurf einer Pflichtverletzung dann zwar mithilfe anderer Beweismittel, zum Beispiel einer Zeugenaussage, wehren. Gerade wenn der Beratungsvorgang aber eine lange Zeit zurückliegt, erweisen sich Zeugenaussagen häufig als unzuverlässig. Liegt demzufolge eine Dokumentation mit erheblichen Mängeln vor oder fehlt die Dokumentation gar vollständig, so wird sich der Versicherungsvermittler in vielen Fällen nicht erfolgreich gegen den Vorwurf einer Beratungspflichtverletzung wehren können. Ob dann daraus tatsächlich auch ein Schadenersatzanspruch des Auftraggebers resultiert, hängt von der weiteren Prüfung des Schadenfalls, insbesondere der Kausalität der Schlechtberatung für einen konkreten Schaden des Kunden ab. Die Verteidigung des Versicherungsvermittlers gegen einen geltend gemachten Schadenersatzanspruch ist bei vollständigem Fehlen einer Beratungsdokumentation oder Verwenden einer mangelhaften Beratungsdokumentation aber deutlich erschwert. Ob der Versicherungsvermittler auch im Verhältnis zu seinem Berufshaftpflichtversicherer Folgen zu befürchten hat, wird unter anderem von dem Inhalt seines Versicherungsvertrags abhängen.</p>
<p>Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass vorformulierte Checklisten nur ein Hilfsmittel bei der Erstellung einer korrekten Dokumentation darstellen können. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Qualität der Dokumentation verschärfen sich. Sollte sich dies nicht auf die Qualität der Dokumentation auswirken, ist eine Reaktion des Gesetzgebers spätestens im Rahmen der Umsetzung der IDD (Insurance Distribution Directive) zu erwarten.</p>
<p>Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2015, Seite 154f.</p>
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<h5>Beantwortet von Dr. Frank Baumann, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB</h5><p>Unterlief dem Einfirmenvertreter des Versicherers im Rahmen der Vermittlung des streitgegenständlichen Versicherungsvertrags ein Fehler, so führt dies zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Einfirmenvertreter gemäß §§ 63, 61 VVG, 280 BGB. Darüber hinaus besteht ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer gemäß §§ 6 Abs. 5, 6 Abs. 1 VVG, 280, 278 BGB, denn der Versicherer muss sich das pflichtwidrige Verhalten seines Versicherungsvertreters zurechnen lassen.</p><h5>Haftung des Versicherungsmaklers kann in Betracht kommen</h5><p>Der Umstand, dass sich der Versicherungsnehmer zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Versicherungsmakler betreuen lässt, ändert an dem Vorliegen einer schadenersatzbegründenden Pflichtverletzung des Einfirmenvertreters nichts. Ob daneben eine Haftung des Versicherungsmaklers in Betracht kommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hatte der Versicherungsmakler nach der Akquisition ausreichend Zeit, den vorgefundenen Versicherungsbestand zu überprüfen und hätte er darüber hinaus ausreichend Zeit gehabt, die vorgefundene Deckungslücke zu schließen, so läge sicher ein pflichtwidriges Unterlassen und damit auch eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers vor, wenn er nicht für die Vermittlung neuen, passenden Versicherungsschutzes sorgen würde. </p><h5>Einzelfallbetrachtung</h5><p>Trat der Schadenfall allerdings so kurz nach der Akquisition ein, dass der Versicherungsmakler noch keine Möglichkeit hatte, den Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer zu optimieren, so dürfte es schon an einer Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers, zumindest aber an einem Verschulden fehlen. Der Versicherungsnehmer müsste sich dann an den Einfirmenvertreter und dessen Versicherer halten. Letztendlich kommt auch hier keine Lösung in Betracht, die für alle Schadenfälle passt. </p><h5>Empfehlung</h5><p>Für den Versicherungsmakler empfiehlt es sich daher, mit dem Kunden explizit zu regeln, welche Versicherungsverträge zunächst überprüft werden sollen, wobei es auch aus Sicht des Versicherungsmaklers naheliegend ist, zunächst für eine Absicherung der existenzbedrohenden Risiken zu sorgen. Bekommt der Versicherungsmakler schon nach einer ersten summarischen Überprüfung Zweifel an dem Vorliegen eines passenden Versicherungsschutzes, hat er unverzüglich das Gespräch mit dem Versicherer zu suchen und sich um eine Lösung zu bemühen. Unterlässt er dies, haftet er neben Versicherer und Versicherungsvermittler. </p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/FB7D8482-3274-49BC-B797-2502B5C0D9FE"></div>
<p>Fast 30% der #Maklerbüros müssen wegen #Notfall plötzlich übergeben werden. Was tun?...</p><p>von Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann, LL. M, Fachanwalt für Versicherungsrecht der Kanzlei Wolter Hoppenberg</p><p>Die meisten Maklerunternehmen verfügen über keinen Notfallplan, ein Risikomanagement in eigener Sache wird insoweit nicht betrieben. Dies ist für das Maklerunternehmen gefährlich, denn Notfälle können Folgen sowohl in zivilrechtlicher als auch in gewerberechtlicher Hinsicht haben. Gemäß § 673 BGB erlischt der Auftrag nämlich im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Darüber hinaus hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschub Gefahren verbunden sind, die Besorgung des übertragenen Geschäfts zu erledigen, bis der Auftraggeber anderweitig Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. So kann demzufolge der Erbe in die Verlegenheit kommen, ohne entsprechende Fachkenntnis das Maklergeschäft fortführen zu müssen. Dies kann zu einer Konfliktsituation mit gewerberechtlichen Vorschriften führen, denn die Gewerbeerlaubnis nach § 34 d GewO ist personengebunden. Stirbt der Gewerbetreibende, können nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 45, 46 GewO Stellvertreter eingesetzt werden. Es stellt sich aber die Frage, wer kann und soll dieser Stellvertreter sein? </p><p>Notfälle betreffen die Reechtsbeziehungen zum Kunden</p><p>Schließlich ist noch auf § 80 Abs. 1 VAG hinzuweisen, wonach Versicherungsunternehmen nur mit Versicherungsmakler zusammenarbeiten dürfen, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 34 d GewO sind. Auch diese Vorschrift zeigt, dass auch bei Vorliegen eines Notfalls ein durchgehender Geschäftsbetrieb gewährleistet sein muss. In Bedrängnis kommen kann das Maklerunternehmen selbstverständlich auch dann, wenn der Inhaber des Maklerunternehmens nicht verstirbt, aber aufgrund einer schweren Erkrankung zum Beispiel geschäftsunfähig wird. Damit lässt sich als Zwischenergebnis festhalten, dass Notfälle viele Maklerunternehmen völlig unvorbereitet treffen und existenzbedrohende Auswirkungen haben können. Notfälle betreffen die Rechtsbeziehungen des Versicherungsmaklers zum Kunden und zum Versicherer sowie den Bestand der Erlaubnis.</p><p>Der Schritt zur Notfallplanung</p><p>Der Versicherungsmakler sollte daher zunächst die Frage beantworten, welche Notfälle im Rahmen einer Notfallplanung überhaupt geregelt werden sollen. Hier kommen zum Beispiel Tod, Geschäftsunfähigkeit und eine lange Krankheit in Betracht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer von der Notfallplanung betroffen sein soll. Hier ist an die Geschäftsführung, die erste Ebene unter der Geschäftsführung oder auch an weitere Personen, deren Leistungsfähigkeit für das Unternehmen wichtig ist, zu denken. Sind die beiden vorgenannten wesentlichen Fragen beantwortet, ist zu überprüfen, wer in die Notfallplanung eingeweiht werden soll. Soll dies nur die Geschäftsführungsebene oder auch die zweite Hierarchieebene oder das gesamte Unternehmen sein? Gerade bei kleineren oder mittelständischen Unternehmen kann es wichtig sein, im Notfall für eine sachgerechte interne und externe Kommunikation zu sorgen. </p><p>Prüfung auf Machbarkeit des Plans</p><p>Ein Versicherungsmaklerunternehmen muss darüber hinaus eine einmal umgesetzte Notfallplanung sodann auf Machbarkeit überprüfen. Soll primär die Geschäftsführungsebene von der Notfallplanung betroffen sein, muss der Versicherungsmakler klären, wer die Geschäftsführung im Notfall übernehmen soll. Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ist hier zwingend erforderlich. Dazu gehört auch, den Ersatzmann / die Ersatzfrau mit geeigneten Vollmachten (Prokura, Handlungsvollmacht, Datenzugang, Bankvollmacht) auszustatten. Für die verbliebenen Mitinhaber und Gesellschafter stellt sich außerdem häufig die Frage, wer die Kosten für einen solchen Ersatzmann übernehmen soll. Sollen dies Kosten sein, die das Unternehmen als Ganzes oder nur den Betroffenen treffen? Auch dies kann und muss entsprechend geregelt werden. </p><p>Woher das verlorene Fachwissen nehmen?</p><p>Nicht immer verfügt ein Unternehmen über ausreichende Fachkompetenz, um jede Person gleichwertig zu ersetzen. In diesem Fall muss geregelt sein, ob auch externes Fachwissen, und wenn ja von wem, in Anspruch genommen werden darf. Wichtig ist, für eine adäquate interne und externe Kommunikation der Notfallplanung zu sorgen, damit nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die Mandanten und Geschäftspartner wissen, wie es mit dem Unternehmen im Notfall weitergeht. Schließlich ist an die steuerrechtlichen Auswirkungen einer Notfallplanung zu denken. Ersatzleute sind bei noch bestehender Handlungsfähigkeit in die möglicherweise auf sie zukommenden Aufgaben einzuweisen. Dazu gehört es auch, nicht abgeschottet nebeneinander herzuarbeiten, sondern Transparenz bei und gegenüber Key-Accounts herzustellen. Dies gilt nicht nur für die eigenen Mandanten, sondern auch die sonstigen Geschäftspartner, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet. </p><p>Wer in einem Notfall ein Unternehmen übernehmen muss und nichts über Courtagevereinbarungen mit den wichtigsten Versicherern weiß, über die wichtigsten Mandanten und sonstigen Geschäftspartner, wird nicht in der Lage sein, ein Unternehmen durch eine Krise zu führen. Ist ein Notfallfahrplan letztendlich nach umfassender interner und externer Beratung erstellt, so sollte er nach Art eines Notfallkoffers oder Notfallhandbuchs mit wichtigen Unterlagen und Schlüsseln bei einem Rechtsanwalt oder Steuerberater oder sonstigem Berater hinterlassen werden.</p><p>Was muss in den Notfallkoffer?</p><p>Ein Notfallkoffer besteht in der Regel aus einem Notfallfahrplan, einem Vertretungsplan, Vollmachten, wichtigen Vollmachten, Verträgen und Dokumenten, wichtigen Adressen, Versicherungsverträgen, Passwörtern und wichtigen Schlüsseln. Im Rahmen der Vollmachtsregelungen müssen Vertretungspläne erstellt werden, zu denken ist aber auch an Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten. </p><p>Zu den wichtigen Verträgen und Unterlagen, die Bestandteil eines Notfallkoffers sein sollten, gehören alle Versicherungen, die vor allen Dingen das Risiko der Arbeitsunfähigkeit absichern, wie zum Beispiel Lebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, aber auch Unternehmensversicherung, Gesellschaftsverträge, Handelsregisterauszüge, Grundbuchauszüge, Eheverträge, Kreditverträge, Testamente, wichtige Versicherungsmaklerverträge mit wichtigen Kunden sowie Courtagevereinbarungen. Der Notfallkoffer muss Unterlagen über den Status aktueller Projekte, über Vertretungspläne und persönliche Daten der Vertreter, ferner eine Liste der Schlüssel, Kunden, der Versicherer und der bestehenden Bankverbindungen, eine Vermögensaufstellung, eine aktuelle BWA, eine Bilanz der letzten drei Jahre, Patente und Schutzrechte sowie Kontaktdaten wichtiger Berater enthalten. Als zu sichernde Schlüssel kommen Schlüssel im üblichen Sinne, Passwörter, PINs und TANs in Betracht. </p><p>Loslassen ist überlebenswichtig</p><p>Die Erstellung einer Notfallplanung stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Der Unternehmensinhaber befasst sich in der Regel nicht gerne mit Beeinträchtigungen seiner Leistungsfähigkeit, in gesunden Tagen hält sich jeder für unbesiegbar. Vielen älteren Unternehmensinhabern fällt es schwer, loszulassen und in das zweite Glied zurückzutreten. Für das Unternehmen ist eine adäquate Notfallplanung aber überlebenswichtig. Zu der einem Unternehmensinhaber obliegenden Verantwortung für das Unternehmen gehört es auch, eine adäquate Notfallplanung aufzustellen. Nur so werden Kundenbeziehungen und damit Arbeitsplätze und das Unternehmen selbst erhalten. Es gibt daher keinen Grund, sich nicht zügig um eine adäquate Notfallplanung zu kümmern, sofern dies noch nicht geschehen ist. </p><p/><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/75FC68C9-AA92-4031-BCE9-5878542C48D2"></div>
<p>Rechtsanwalt Dr.Frank Baumann ist ausgewiesener Experte auf den Gebieten des Versicherungsrechts und des Versicherungsvertriebsrechts.</p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/28CDF89B-0D4D-49EB-9A0B-06B3604891CB"></div>