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Steuern & Recht
9. August 2012
„Notfallkoffer“ für die plötzliche Übergabe eines Maklerbüros

„Notfallkoffer“ für die plötzliche Übergabe eines Maklerbüros

Keineswegs ist die Übergabe eines Maklerunternehmens stets planbar, vielmehr müssen statistisch gesehen 26,3% der Büros plötzlich aufgrund eines Krankheitsfalls oder eines Todesfalls übertragen werden. Die Folgen in einem solchen Fall sind dramatisch. Ein Notfallplan für das Maklerbüro kann Schlimmes verhindern. Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann erklärt, was dabei zu beachten ist.

Fast 30% der #Maklerbüros müssen wegen #Notfall plötzlich übergeben werden. Was tun?...

von Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann, LL. M, Fachanwalt für Versicherungsrecht der Kanzlei Wolter Hoppenberg

Die meisten Maklerunternehmen verfügen über keinen Notfallplan, ein Risikomanagement in eigener Sache wird insoweit nicht betrieben. Dies ist für das Maklerunternehmen gefährlich, denn Notfälle können Folgen sowohl in zivilrechtlicher als auch in gewerberechtlicher Hinsicht haben. Gemäß § 673 BGB erlischt der Auftrag nämlich im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Darüber hinaus hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschub Gefahren verbunden sind, die Besorgung des übertragenen Geschäfts zu erledigen, bis der Auftraggeber anderweitig Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. So kann demzufolge der Erbe in die Verlegenheit kommen, ohne entsprechende Fachkenntnis das Maklergeschäft fortführen zu müssen. Dies kann zu einer Konfliktsituation mit gewerberechtlichen Vorschriften führen, denn die Gewerbeerlaubnis nach § 34 d GewO ist personengebunden. Stirbt der Gewerbetreibende, können nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 45, 46 GewO Stellvertreter eingesetzt werden. Es stellt sich aber die Frage, wer kann und soll dieser Stellvertreter sein?

Notfälle betreffen die Reechtsbeziehungen zum Kunden

Schließlich ist noch auf § 80 Abs. 1 VAG hinzuweisen, wonach Versicherungsunternehmen nur mit Versicherungsmakler zusammenarbeiten dürfen, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 34 d GewO sind. Auch diese Vorschrift zeigt, dass auch bei Vorliegen eines Notfalls ein durchgehender Geschäftsbetrieb gewährleistet sein muss. In Bedrängnis kommen kann das Maklerunternehmen selbstverständlich auch dann, wenn der Inhaber des Maklerunternehmens nicht verstirbt, aber aufgrund einer schweren Erkrankung zum Beispiel geschäftsunfähig wird. Damit lässt sich als Zwischenergebnis festhalten, dass Notfälle viele Maklerunternehmen völlig unvorbereitet treffen und existenzbedrohende Auswirkungen haben können. Notfälle betreffen die Rechtsbeziehungen des Versicherungsmaklers zum Kunden und zum Versicherer sowie den Bestand der Erlaubnis.

Der Schritt zur Notfallplanung

Der Versicherungsmakler sollte daher zunächst die Frage beantworten, welche Notfälle im Rahmen einer Notfallplanung überhaupt geregelt werden sollen. Hier kommen zum Beispiel Tod, Geschäftsunfähigkeit und eine lange Krankheit in Betracht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer von der Notfallplanung betroffen sein soll. Hier ist an die Geschäftsführung, die erste Ebene unter der Geschäftsführung oder auch an weitere Personen, deren Leistungsfähigkeit für das Unternehmen wichtig ist, zu denken. Sind die beiden vorgenannten wesentlichen Fragen beantwortet, ist zu überprüfen, wer in die Notfallplanung eingeweiht werden soll. Soll dies nur die Geschäftsführungsebene oder auch die zweite Hierarchieebene oder das gesamte Unternehmen sein? Gerade bei kleineren oder mittelständischen Unternehmen kann es wichtig sein, im Notfall für eine sachgerechte interne und externe Kommunikation zu sorgen.

Prüfung auf Machbarkeit des Plans

Ein Versicherungsmaklerunternehmen muss darüber hinaus eine einmal umgesetzte Notfallplanung sodann auf Machbarkeit überprüfen. Soll primär die Geschäftsführungsebene von der Notfallplanung betroffen sein, muss der Versicherungsmakler klären, wer die Geschäftsführung im Notfall übernehmen soll. Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ist hier zwingend erforderlich. Dazu gehört auch, den Ersatzmann / die Ersatzfrau mit geeigneten Vollmachten (Prokura, Handlungsvollmacht, Datenzugang, Bankvollmacht) auszustatten. Für die verbliebenen Mitinhaber und Gesellschafter stellt sich außerdem häufig die Frage, wer die Kosten für einen solchen Ersatzmann übernehmen soll. Sollen dies Kosten sein, die das Unternehmen als Ganzes oder nur den Betroffenen treffen? Auch dies kann und muss entsprechend geregelt werden.

Woher das verlorene Fachwissen nehmen?

Nicht immer verfügt ein Unternehmen über ausreichende Fachkompetenz, um jede Person gleichwertig zu ersetzen. In diesem Fall muss geregelt sein, ob auch externes Fachwissen, und wenn ja von wem, in Anspruch genommen werden darf. Wichtig ist, für eine adäquate interne und externe Kommunikation der Notfallplanung zu sorgen, damit nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die Mandanten und Geschäftspartner wissen, wie es mit dem Unternehmen im Notfall weitergeht. Schließlich ist an die steuerrechtlichen Auswirkungen einer Notfallplanung zu denken. Ersatzleute sind bei noch bestehender Handlungsfähigkeit in die möglicherweise auf sie zukommenden Aufgaben einzuweisen. Dazu gehört es auch, nicht abgeschottet nebeneinander herzuarbeiten, sondern Transparenz bei und gegenüber Key-Accounts herzustellen. Dies gilt nicht nur für die eigenen Mandanten, sondern auch die sonstigen Geschäftspartner, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet.

Wer in einem Notfall ein Unternehmen übernehmen muss und nichts über Courtagevereinbarungen mit den wichtigsten Versicherern weiß, über die wichtigsten Mandanten und sonstigen Geschäftspartner, wird nicht in der Lage sein, ein Unternehmen durch eine Krise zu führen. Ist ein Notfallfahrplan letztendlich nach umfassender interner und externer Beratung erstellt, so sollte er nach Art eines Notfallkoffers oder Notfallhandbuchs mit wichtigen Unterlagen und Schlüsseln bei einem Rechtsanwalt oder Steuerberater oder sonstigem Berater hinterlassen werden.

Was muss in den Notfallkoffer?

Ein Notfallkoffer besteht in der Regel aus einem Notfallfahrplan, einem Vertretungsplan, Vollmachten, wichtigen Vollmachten, Verträgen und Dokumenten, wichtigen Adressen, Versicherungsverträgen, Passwörtern und wichtigen Schlüsseln. Im Rahmen der Vollmachtsregelungen müssen Vertretungspläne erstellt werden, zu denken ist aber auch an Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten.

Zu den wichtigen Verträgen und Unterlagen, die Bestandteil eines Notfallkoffers sein sollten, gehören alle Versicherungen, die vor allen Dingen das Risiko der Arbeitsunfähigkeit absichern, wie zum Beispiel Lebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, aber auch Unternehmensversicherung, Gesellschaftsverträge, Handelsregisterauszüge, Grundbuchauszüge, Eheverträge, Kreditverträge, Testamente, wichtige Versicherungsmaklerverträge mit wichtigen Kunden sowie Courtagevereinbarungen. Der Notfallkoffer muss Unterlagen über den Status aktueller Projekte, über Vertretungspläne und persönliche Daten der Vertreter, ferner eine Liste der Schlüssel, Kunden, der Versicherer und der bestehenden Bankverbindungen, eine Vermögensaufstellung, eine aktuelle BWA, eine Bilanz der letzten drei Jahre, Patente und Schutzrechte sowie Kontaktdaten wichtiger Berater enthalten. Als zu sichernde Schlüssel kommen Schlüssel im üblichen Sinne, Passwörter, PINs und TANs in Betracht.

Loslassen ist überlebenswichtig

Die Erstellung einer Notfallplanung stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Der Unternehmensinhaber befasst sich in der Regel nicht gerne mit Beeinträchtigungen seiner Leistungsfähigkeit, in gesunden Tagen hält sich jeder für unbesiegbar. Vielen älteren Unternehmensinhabern fällt es schwer, loszulassen und in das zweite Glied zurückzutreten. Für das Unternehmen ist eine adäquate Notfallplanung aber überlebenswichtig. Zu der einem Unternehmensinhaber obliegenden Verantwortung für das Unternehmen gehört es auch, eine adäquate Notfallplanung aufzustellen. Nur so werden Kundenbeziehungen und damit Arbeitsplätze und das Unternehmen selbst erhalten. Es gibt daher keinen Grund, sich nicht zügig um eine adäquate Notfallplanung zu kümmern, sofern dies noch nicht geschehen ist.

 
Ein Artikel von
Dr. Frank Baumann