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Hunter-Farmer-Modell steigert Effizienz im Maklervertrieb

Angesichts der Herausforderungen sowohl im Marktumfeld als auch im Maklermarkt unterziehen viele Versicherer ihre Betreuungskultur einem „Fitness-Check“. Eine Option für ein solches Modell ist das sogenannte Hunter-Farmer-Modell.

Ein Artikel von Fabienne Pittner, Senior Consultant, und Gregor Morin, Senior Manager bei zeb Consulting

Die Dynamik aus Marktumfeld und Maklermarkt prägt die Geschäftsmodelle der Versicherer stärker denn je. Seien es Inflation, die unter anderem die Schadenaufwendungen steigen lässt, oder Fachkräftemangel und Regulatorik, die ebenso den Druck auf eine transparente und effiziente Ausrichtung des Versicherers erhöhen.

Mit explizitem Blick auf den Maklervertrieb kommen weitere Einflüsse und Dynamiken hinzu: Konsolidierungen, beispielsweise aufseiten der Pools oder Großmakler, werden durch Private-Equity-Unternehmen beschleunigt. Damit verstärken sich die Marktmacht und Verhandlungsposition gegenüber Versicherern. Gleichzeitig treiben Makler den digitalen Wandel voran, setzen auf innovative Tools zur Optimierung ihrer Beratung und fordern nahtlose Integration seitens der Versicherer. Vor diesem Hintergrund ist es zunehmend wichtiger, die Zusammenarbeit mit Maklern aktiv zu stärken, um zum einen deren Zufriedenheit und Bindung zum Unternehmen zu erhöhen, zum anderen kann eine strategische Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Maklervertriebs dem steigenden Kostendruck entgegenwirken und zusätzliches Umsatzpotenzial schaffen.

Spannungsfeld Kostendruck und Notwendigkeit zur Umsatzsteigerung

Um sich im zuvor beschriebenen Spannungsfeld behaupten zu können und profitables Umsatzwachstum generieren zu können, setzen Versicherer verschiedene Strategien um – von der Einführung alternativer Provisionsmodelle bis hin zur Optimierung des Portfolios. Diese Maßnahmen wirken sich in der Regel zwar positiv auf die Kostenquote aus, können jedoch ebenso negative Auswirkungen auf das Neugeschäft haben.

Ein Ansatz, der immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist, die Betreuungsstruktur im Maklervertrieb einem „Fitness-Check“ zu unterziehen und bei Bedarf anzupassen.

Marktbeispiele für Neuaufstellungen

Als Beispiel zu nennen ist zum einen die Allianz Lebensversicherung, die ihren Maklervertrieb durch die Bildung von Segmenten neu ausgerichtet hat, die auf Grundlage spezifischer Anforderungen der Maklerinnen und Makler gebildet wurden. Maklerbetreuerinnen und -betreuer sind nur noch einem dieser Segmente zugeordnet, damit sie die Anforderungen und Wünsche ihrer jeweiligen Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner gezielt bedienen können.

Ebenso hat Dialog, der Maklerversicherer der Generali in Deutschland, bereits Anfang 2023 ein zielgruppenorientiertes Betreuungskonzept eingeführt. Auch AXA hat den Maklervertrieb bereits 2021 strategisch neu aufgestellt: Die Maklervertriebswege Komposit und Personenversicherung wurden zusammengelegt und ein neuer Bereich „Vertriebsangebotsmanagement und Innovation“ (VAMI) geschaffen, der unter anderem die Entwicklung vertriebswege- und spartenübergreifender Angebote sowie die Generierung moderner Vertriebs- und Verkaufsformen im Fokus hat. Diese Marktbeispiele spiegeln bereits erste Schritte einer Neuausrichtung im Maklervertrieb wider.

Dabei gilt es, eine Gratwanderung zwischen verbesserter Betreuung und schlankerer Aufstellung sicherzustellen.

Wie gelingt die Neuaufstellung der Betreuungsstruktur?

Eine Möglichkeit, die Betreuungsstruktur unter Berücksichtigung von Prozesseffizienz- und Servicegesichtspunkten neu zu gestalten, ist die Etablierung eines sogenannten Hunter-Farmer-Modells, bei dem die „Hunter“-Rolle auf klassische Neukundengewinnung fokussiert ist, während sich die „Farmer“-Rolle um Betreuung und Ausbau bestehender Kundenbeziehungen kümmert. Hierbei werden klare Funktionsschwerpunkte aus den spezifischen Anforderungen der Makler je Phase in der Vermittler-Journey identifiziert und die vertrieblichen Funktionen auf ihre Kernkompetenzen verdichtet. So stehen in der Onboarding- und Reaktivierungsphase akquisitorische Aktivitäten, persönlicher Kontakt und das Führen von Verhandlungen im Fokus. In der Produktionsphase hingegen spielen vertriebsunterstützende und administrative Aktivitäten eine übergeordnete Rolle, z. B. die zeitnahe Bearbeitung von Angebotsanfragen (ggf. mit Einbezug entsprechender Spezialisten), die Entwicklung von Verkaufskonzepten zur Steigerung des Vertriebserfolgs und die Verwaltung von Maklerverträgen.

Kern des Modells bilden die beiden Funktionsgruppen, die sogenannten Hunting-Funktionen und Farming-Funktionen:

  • Hunting-Funktionen konzentrieren sich sowohl auf die Akquise neuer Kunden als auch auf die Reaktivierung von Kundenbeziehungen in ihrem Segment und tragen durch aktive Pflege und Ausweitung ihres Netzwerks zum Ausbau von Marktanteilen bei.
  • Farming-Funktionen leisten vor allem fachliche Unterstützung und sorgen durch hohe Erreichbarkeit, schnelle Reaktionszeit und pragmatische Problemlösungskompetenz für Kundenzufriedenheit.
Was sind die Erfolgsfaktoren?

Damit das Hunter-Farmer-Modell erfolgreich etabliert werden kann und zu einer Umsatzsteigerung ebenso wie zu gesteigerter Prozesseffizienz beiträgt, sind drei wesentliche Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen:

  • Klare Definition der Rollen: Eine klare Rollendefinition hilft dabei, die jeweiligen Stärken und Fähigkeiten der Mitarbeitenden zielgerichtet einzusetzen und durch entsprechendes Schulungsangebot weiterzuentwickeln, wodurch Effizienz und Effektivität der beiden Gruppen gesteigert wird.
  • Optimierung von Prozessen und Kommunikation: Prozesse und Übergabepunkte müssen so abgestimmt sein, dass sowohl die Zusammenarbeit der Funktionen gefördert wird als auch Vermittleranliegen reibungslos bearbeitet werden (u.a. auch mithilfe eines geeigneten CRM-Systems).
  • Ausrichtung auf Zielgruppen: Sowohl Hunter- als auch Farmer-Funktionen sollen auf geeignete Zielgruppen zugeschnitten sein, um sowohl Akquise als auch Betreuung effektiv zu gestalten und Markttrends und -entwicklungen im jeweiligen Segment gezielt beobachten und nutzen zu können.

 

Hunter-Farmer-Modell steigert Effizienz im Maklervertrieb

 

Darüber hinaus sollten weitere Faktoren berücksichtigt werden wie beispielsweise die Vereinbarung von Service Level Agreements oder die klare Abgrenzung der jeweiligen Verantwortungsbereiche.

Fazit

Die Projekterfahrung von zeb zeigt, dass Versicherer mit der Etablierung des Hunter-/Farmer-Modells im Maklervertrieb nicht nur Kosteneinsparungen von bis zu 20% bei einem gleichzeitigen Umsatzwachstum von durchschnittlich 10% erzielen konnten. Ebenso wurde die Zufriedenheit ihrer Makler aufgrund der bedarfsorientierten Ausrichtung auf deren spezifische Anforderungen entlang der Vermittler-Journey gesteigert, was sich in regelmäßigen Top-Platzierungen unter „Maklers Liebling“ widerspiegelt. Erste Anbieter am Markt haben entsprechende Anpassungen ihrer Betreuungsstrukturen bereits vorgenommen und es ist zu erwarten, dass weitere folgen werden.

Lesen Sie auch: So werden die deutschen Lebensversicherer zukunftsfest

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Grafik: © zeb Consulting

 
Ein Artikel von
Fabienne Pittner
Gregor Morin

Bestandssanierung: Neodigital trennt sich von Verträgen

Der geplante Abschied von ausgewählten SHU-Verträgen bei Neodigital sorgt bei Versicherungsvermittlern für Unmut. Der Versicherer betont, nur ein kleiner Teil des Bestands sei betroffen, zugleich soll mit Tarifüberarbeitungen der Fokus wieder auf das Neugeschäft gelegt werden.

Die Neodigital Versicherung AG wird sich zum 01.01.2026 von ausgewählten Verträgen trennen. Betroffen sind sämtliche SHU-Sparten. Nach Angaben des Unternehmens soll dieser Schritt den aktuellen Markt- und Kostenentwicklungen Rechnung tragen.

„Mit dieser Maßnahme, die nur einen niedrigen einstelligen Prozentsatz unserer Verträge betrifft, stellen wir unseren Gesamtbestand zukunftssicher auf. Unsere Aufgabe ist es, immer im Sinne des Versichertenkollektivs zu handeln – dazu gehört es auch Verträge zu identifizieren, die für das Kollektiv nicht langfristig tragfähig sind. Mit der gleichzeitigen Überarbeitung unserer Neugeschäftstarife stellen wir uns zudem auch für das Neugeschäft noch zielgerichteter auf“, erklärt Stefan Wirtz, Vertriebsvorstand der Neodigital Versicherung AG.

Gegenüber AssCompact erklärt Wirtz, dass es sich bei den Vertragskündigungen um ein marktübliches Vorgehen handele. Betroffen sei lediglich ein sehr kleiner Teil des Bestands – weniger als 3% der deutlich über 400.000 bestehenden Verträge.

Trotz Vorlaufzeit wächst der Ärger bei Vermittlern

Aktuell informiert Neodigital Versicherungsvermittler über die betroffenen Verträge. Damit bleiben mehrere Monate Zeit, um Lösungen für die Versicherten zu finden. Ab Mitte September werden auch die Kunden schriftlich von den Änderungen in Kenntnis gesetzt. Dennoch könnte dieser Schritt das Vertrauen in InsurTech-Unternehmen weiter beeinträchtigen. Trotz der vorhandenen Vorlaufzeit zeigen sich viele Vermittler verärgert, insbesondere dann, wenn sie erst kürzlich Verträge auf Neodigital umgedeckt haben.

Wirtschaftliche Gründe für die Bestandssanierung

Wirtz verweist im Austausch mit AssCompact auf das aktuelle wirtschaftliche Umfeld als wesentlichen Grund für die Bestandssanierung. Neben einer allgemeinen Kostensteigerung sehe sich die Versicherungsbranche mit deutlich gestiegenen Drittkosten konfrontiert. Dies betreffe vor allem die Schadenregulierung. Hier wirkten sich Inflation, höhere Materialpreise, steigende Löhne etwa im Handwerk sowie neue gesetzliche Vorgaben spürbar aus. Eine Entwicklung, die auch andere Versicherer nur allzu gut kennen.

Die Sanierung sei vor dem Hintergrund der Marktentwicklungen notwendig, so Wirtz. Im Rahmen der Analyse auf Einzelvertragsebene hat Neodigital unter anderem auf eine Regressionsanalyse zurückgegriffen. Hierbei handelt es sich um ein komplexes datenbasiertes Verfahren, mit dem aktuariell geprüft wird, welche Merkmale eines Vertrags systematisch mit hohen Schadenaufwendungen zusammenhängen. Dabei geht es zum Beispiel um die Kombination aus Gebäudetyp, Lage, Baujahr, Nutzung, Vorschäden im Gebiet, Familienstand, Alter des Versicherungsnehmers, Gefahrengruppe, Hunderasse und anderen Daten. Das Verfahren erkennt Muster, die auf ein erhöhtes Risiko hindeuten, und zwar auch dann, wenn ein einzelner Vertrag bisher schadenfrei ist.

Strategische Weichenstellung für das Neugeschäft

Gleichzeitig betont Wirtz, dass neben der Bestandssanierung gerade auch der Weg für die künftige Ausrichtung geebnet wird. So sollen die Neugeschäftstarife demnächst überarbeitet und risikogerecht am Markt platziert werden. Und: „Selbstverständlich möchten wir in allen SHU-Sparten auch weiterhin signifikantes Neugeschäft schreiben.“ (bh)

 

Schadenfall total digital abwickeln? Was die Kunden meinen

Rund die Hälfte der Deutschen würde einen Schadenfall am liebsten komplett digital mit ihrer Versicherung regeln. Gleichzeitig besteht aber Skepsis, was eine vollständig automatisierte Bearbeitung angeht. Bei der Umfrage sollten Kunden außerdem das digitale Angebot ihres Versicherers bewerten.

Nach einem Unfall, einem Einbruch oder einem Wasserschaden würden 48% der Menschen hierzulande den Schadenfall am liebsten vollständig digital mit ihrer Versicherung abwickeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Im vergangenen Jahr war der Anteil mit 43% noch niedriger. In der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren ist der Anteil derer, die eine komplett digitale Abwicklung bevorzugen würden, am höchsten. Doch auch bei den 16- bis 29-Jährigen sowie bei den 50- bis 64-Jährigen wünscht sich mit 53% bzw. 50% noch etwa die Hälfte eine digitale Abwicklung. Bei den Älteren ab 65 Jahren sind es dagegen nur 32%. Die Befragung erfolgt übrigens unter 1.003 Personen ab 16 Jahren, darunter 912 Personen, die selbst schon eine Versicherung abgeschlossen haben. 

Skepsis in Sachen vollständige Automatisierung

Dabei heißt komplett digital aber nicht, dass Menschen bei der Schadenabwicklung komplett außen vor sein sollen, wie die Umfrage weiter zeigt. Laut Bitkom finden nämlich gleichzeitig 54% der Deutschen den Gedanken beunruhigend, dass ein Schaden von ihrer Versicherung vollständig automatisiert abgewickelt würde. Dies gilt auch dann, wenn der Vorgang dadurch beschleunigt würde. In der Altersgruppe ab 65 Jahren ist der Anteil der Skeptiker mit 67% deutlich größer als in der Gruppe zwischen 30 und 49 Jahren. Diese Altersgruppe weist mit 45% den geringsten Anteil auf.

Kunden sehen Nachholbedarf bei digitalem Angebot

Auch wenn es bei den Versicherungen in puncto Digitalisierung nach Ansicht der Kunden vorangeht, besteht Luft nach oben: Das digitale Angebot ihrer Versicherungsanbieter bewerten die Kunden in diesem Jahr im Durchschnitt mit der Schulnote 3,3. Mehr als ein Viertel (27%) der Personen mit Versicherungsabschluss beurteilt die digitalen Angebote mit „sehr gut“ oder „gut“. Zugleich vergeben 19% lediglich die Note „mangelhaft“ oder sogar „ungenügend“. Im Vorjahr wurde das Digitalangebot laut Bitkom noch etwas schlechter bewertet, nämlich 3,6. 

„Digitale Lösungen bieten Versicherern enorme Chancen – sowohl für effizientere interne Prozesse als auch für ein besseres Kundenerlebnis. Gerade in einer Zeit, in der Mobile Shopping und Banking selbstverständlich über das Smartphone laufen, erwarten Kundinnen und Kunden auch bei Versicherungen komfortable und umfangreiche digitale Services“, sagt Lukas Spohr, Bitkom-Experte für Digital Insurance und InsurTech.

Eine App für alle(s)?

Neben eigenen digitalen Angeboten bekommen die Versicherer auch Konkurrenz durch anbieterübergreifende Anwendungen: Denn 45% der Deutschen würden eine App verwenden, mit der sie alle ihre Versicherungen von verschiedenen Anbietern an einem Ort verwalten können. 

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Flottenversicherung – digitale Lösung!

Steigende Schadenkosten, Margendruck und zunehmende Unfallhäufigkeit setzen Versicherer und Flottenbetreiber gleichermaßen unter Druck. Digitale Lösungen und präventive Maßnahmen sollen Abhilfe schaffen. Der Versicherer KRAVAG und die Plattform Samsara wollen den Herausforderungen gemeinsam begegnen.

Interview mit Anja Ludwig-Möller, Leiterin des Kompetenz Center Logistik und Mobilität bei der R+V Versicherung/KRAVAG, und Gianluca Delle Donne, Insurance Partner Account Manager bei SAMSARA INC.
Frau Ludwig-Möller, Herr Delle Donne, die private Kfz-Versicherung hatte es in den letzten Jahren dank Schadeninflation und explodierenden Kosten schwer. Ist das in der Flottenversicherung ähnlich?

Anja Ludwig-Möller In mancher Hinsicht ist die Situation in der Flottenversicherung sogar noch komplexer. Nach Angaben des GDV beliefen sich die Schäden im Flottengeschäft 2023 bereits auf rund 3,2 Mrd. Euro – ein Anstieg um 7,5% gegenüber dem Vorjahr. Besonders im Transportsektor steht der Flottenbereich vor komplexen Herausforderungen: steigende Kraftstoffpreise, der akute Fahrermangel und eine zunehmende Verkehrsdichte verschärfen das Risikoprofil erheblich. Hinzu kommen höhere Reparatur- und Materialkosten, die den Schadenaufwand weiter in die Höhe treiben. Diese Faktoren zusammen üben einen erheblichen Druck auf die Margen aus, was die gesamte Branche vor erhebliche strukturelle Umbrüche stellt.

Warum sind digitale Lösungen für Versicherer heute unverzichtbar?

Gianluca Delle Donne Digitale Lösungen sind heute unverzichtbar, weil wir nicht mehr ausschließlich rückblickend agieren können. Die Herausforderungen im Flottenalltag sind akut: dichter Verkehr, Zeitdruck und wirtschaftliche Zwänge führen zu mehr Unfällen und steigenden Schadenaufwänden. Um darauf angemessen zu reagieren, brauchen wir Echtzeitdaten, nicht historische Durchschnittswerte. Unsere vernetzten Technologien wie KI-Dashcams oder Telematiksysteme geben uns die Möglichkeit, Risiken zu erkennen, bevor der Schaden überhaupt entsteht. Zentral ist dabei weniger die reine Datenerfassung als vielmehr deren smarte Nutzung. Diese Echtzeitdaten machen Risiken sichtbar und ermöglichen es sowohl Flottenmanagern als auch Versicherern, fundierte Entscheidungen zu treffen und präventiv statt reaktiv zu handeln. 

Helfen KI-gestützte Dashcams und Telematik dabei, Schadenaufwand und Unfallzahlen zu senken?

GDD Unsere Erfahrungen zeigen, dass diese Technologien einen signifikanten Einfluss haben. Nehmen wir als konkretes Beispiel unseren Kunden Dinges Logistics: Dort konnte die Unfallrate innerhalb eines Jahres um 42% gesenkt werden. Unsere KI-Dashcams erkennen in Echtzeit kritische Situationen wie Ablenkung am Steuer oder zu dichtes Auffahren – typische Unfallursachen. Die sofortige Analyse dieser Daten ermöglicht es Flottenbetreibern, gezielt gegenzusteuern, etwa durch individuelles Fahrerfeedback oder zusätzliche Schulungen. Wichtig ist aber auch zu betonen, dass es sich bei diesen Ergebnissen um Einzelfälle handelt. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir gemeinsam mit unseren Partnern – wie KRAVAG – Erfahrungen sammeln, um zu prüfen, wie sich diese Technologien flächendeckend sinnvoll einsetzen lassen. Der Nutzen zeigt sich sowohl in der Prävention als auch in der objektiven Aufklärung von Unfällen, was die Bearbeitungszeit verkürzt und unberechtigte Forderungen effizient abwehrt.

Was ist mit Datenschutz?

GDD Der Datenschutz hat für uns absolute Priorität. Wir verstehen, dass bei der Einführung von Telematik und Dashcams häufig Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre bestehen. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich hier nicht um Überwachung handelt, sondern um Unterstützung und Prävention. Wir agieren strikt innerhalb des rechtlichen Rahmens der DSGVO und stellen sicher, dass alle erhobenen Daten zweckgebunden und mit Einwilligung der Beteiligten verwendet werden. Die Systeme sind so konzipiert, dass sie primär sicherheitsrelevante Ereignisse erfassen, nicht das gesamte Fahrverhalten dauerhaft aufzeichnen. Zudem arbeiten wir mit klarer Kommunikation und Transparenz – jeder Flottenbetreiber und Fahrer weiß genau, welche Daten erhoben werden und zu welchem Zweck. Diese Balance zwischen Datenschutz und Sicherheitsgewinn ist entscheidend für die Akzeptanz der Technologie.

Welche wirtschaftlichen Vorteile ergeben sich für Versicherer und Flottenkunden?

ALM Die wirtschaftlichen Vorteile sind für beide Seiten vielversprechend. Erste Pilotprojekte zeigen positive Entwicklungen beim Schadenaufwand, allerdings ist es noch zu früh, um konkrete Prozentzahlen zu nennen. Aktuell untersuchen wir gemeinsam mit Partnern wie Samsara, wie sich diese Technologien im operativen Alltag bewähren. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das ergebnisoffen weiterentwickelt wird. Für uns als Versicherer bedeutet dies langfristig stabilere Margen, für unsere Kunden sind sinkende unfallbedingte Kosten und eine effizientere Betriebsführung möglich. Aber die Vorteile gehen weit über die reinen Versicherungskosten hinaus. Flottenbetreiber profitieren von reduzierten Ausfallzeiten ihrer Fahrzeuge, niedrigeren Reparaturkosten und einer insgesamt höheren operativen Effizienz. Unterm Strich führt dies zu einer nachhaltigen Verbesserung der Gesamtbetriebskosten. Ein echter Wettbewerbsvorteil – gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten.

Wie verändert sich das Risikomanagement durch präventive Sicherheitsmaßnahmen?

GDD Das Risikomanagement verändert sich grundlegend von einer rückblickenden zu einer vorausschauenden, datengesteuerten Strategie. Unsere Systeme erkennen Risikofaktoren in Echtzeit und ermöglichen ein proaktives Eingreifen, bevor ein Schaden entsteht. Für Versicherer bedeutet dies, dass sie nicht mehr auf historische Schadendaten angewiesen sind, sondern mit dynamischen Risikoprofilen arbeiten können, die auf Echtzeitinformationen basieren. Dies führt zu einer faireren und präziseren Risikobewertung.

Dadurch verändert sich auch die Rolle des Versicherers – vom reinen Schadenregulierer zum aktiven Risikopartner. In diesem neuen Modell wird Vertrauen zur Schlüsselressource: Nur wenn Daten sinnvoll geteilt und genutzt werden, lassen sich Prozesse wirklich optimieren und Risiken nachhaltig minimieren.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Integration der neuen Technologien in bestehende Versicherungsprozesse, sowohl bei den Versicherern als auch bei den Kunden?

ALM Die Integration neuer Technologien stellt uns tatsächlich vor einige Herausforderungen. Als Versicherer müssen wir etablierte Prozesse und Systeme auf den Prüfstand stellen, die über Jahre etabliert wurden. Das erfordert sowohl technische Anpassungen als auch ein Umdenken in der Unternehmenskultur. Wir stehen noch ganz am Anfang dieses Prozesses und sammeln mit der Kooperation mit Samsara Erfahrungen, die dann in die Entwicklung neuer Modelle münden. Bei unseren Kunden sehen wir anfänglich manchmal eine gewisse Skepsis – sei es wegen Datenschutzbedenken oder einfach aufgrund der Veränderung gewohnter Abläufe. Diese Hürden lassen sich aber durch intensive Beratung und durch den Nachweis konkreter wirtschaftlicher Vorteile bei anderen Kunden im deutschen Raum überwinden. Entscheidend ist, dass wir den Wandel als gemeinsamen Prozess gestalten und die Technologie nicht top-down implementiert wird. Wenn alle Beteiligten den Mehrwert erkennen, steigt auch die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen.

Sehen Sie neue Potenziale für Versicherungsvermittler durch die neuen Technologien?

GDD Der Vermittler erhält durch diese Entwicklung eine völlig neue Dimension. Unternehmen, die sich das nötige Know-how zu digitalen Tools und deren Mehrwert aneignen, positionieren sich als gefragte Risikomanager und Berater. Sie können ihren Kunden über den reinen Versicherungsschutz hinaus übergreifende Risiko- und Effizienzkonzepte vermitteln. Dadurch entsteht ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Diese Unternehmen werden zu strategischen Mittlern zwischen Technologieanbietern, Versicherern und Flottenbetreibern – sie erklären neue Technologien, schaffen Vertrauen in datenbasierte Produkte und helfen bei der Auswahl passender Lösungen. Diese erweiterte Rolle macht sie in der digitalen Transformation wichtiger denn je und eröffnet ihnen völlig neue Geschäftsansätze.

Lesen Sie auch: Easy Insurance setzt auf KI-gestützte Schadenbearbeitung

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Ein Interview mit
Anja Ludwig-Möller
Gianluca Delle Donne

KMU und Auslandsmärkte: Allianz setzt auf regionale Lösungen

Der Mittelstand in Deutschland steht unter Wettbewerbsdruck. Die Unternehmen setzen auf Internationalisierung, doch das birgt Risiken. Wie unterstützt die Allianz dabei Kunden und Makler? Firmenvorstand Ulrich Stephan gibt Auskunft.

Interview mit Ulrich Stephan, Firmenvorstand der Allianz Versicherungs-AG
Herr Stephan, zuletzt sanken die Prämien für Sachversicherungen weltweit, insbesondere bei Financial Lines und Cyber. Wie schneidet die Allianz Versicherungs-AG aktuell bzw. rückblickend auf 2024 ab?

Tatsächlich sind die Prämien weltweit leicht rückläufig. Trotzdem konnte die Allianz im Firmengeschäft in Deutschland 2024 wachsen, und wir möchten auch zukünftig unsere Marktposition in beiden Bereichen weiter ausbauen. Denn insbesondere Financial Lines haben wir als klares Zielsegment definiert und entsprechend unsere Produkte überarbeitet und die Prozesse verbessert. Cyber ist als Markt weitaus kompetitiver, was man auch an den günstigen Prämien sehen kann. Wir als Allianz positionieren uns hier vor allem mit unseren Services im Schadenfall und unterstützen Kundinnen und Kunden bei der Schadenprävention.

Und wie stark hat Sie die Inflation auf der Schadenseite getroffen?

Inflation, Fachkräftemangel, neue Gebührenordnungen und steigende Versicherungswerte beeinflussen unsere Schadenaufwendungen maßgeblich – wenn auch nicht alle Produkte und Sparten gleichermaßen betroffen sind. Gebäude-, Flotten- oder Transportversicherungen sind eher von Werterhöhungen und steigenden Schadenkosten betroffen, während im Rechtsschutz Gebührenordnungen und Prozesskosten eine Rolle spielen. Vor allem sind wir von politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen, Unsicherheiten und Handelskriegen betroffen, die die Inflation weltweit und in einzelnen Ländern hochtreiben.

Wie bewerten Sie aktuell die Herausforderungen für mittelständische Unternehmen, die international agieren?

Der Mittelstand in Deutschland steht unter hohem Wettbewerbsdruck: Bürokratie, Lohnkosten, steigende Immobilienpreise sowie Lager- und Transportkosten erfordern Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Viele mittelständische Unternehmen verlagern Standorte ins Ausland und setzen auf die Internationalisierung von Lieferketten und multinationale Geschäftsbeziehungen, was wiederum Risiken im Bereich Sicherheit und politische Rahmenbedingungen mit sich bringt.

Wo sehen Sie die größten Risiken?

Die Risiken in Deutschland unterscheiden sich nicht wesentlich von internationalen Risiken: Elementarschäden, Maschinenzerstörung, Cyberattacken oder Lieferkettenunterbrechungen sind global. Je intensiver ein Unternehmen international agiert, desto relevanter werden Risiken wie Verzögerungen bei der Abfertigung, neue Einfuhrbeschränkungen oder internationale rechtliche Rahmenbedingungen und Haftungsrisiken. Die Allianz Versicherungs-AG begegnet diesen Herausforderungen einerseits mit einer internationalen Aufstellung mit lokalen Ansprechpartnern sowie einfachen und übersichtlichen Versicherungslösungen, die komplexe Konstellationen und regionale Gegebenheiten abbilden und passenden Schutz, Services und Leistungen bieten. So gewährleisten wir die optimale Absicherung entsprechend regionalen Gegebenheiten wie zum Beispiel die Einhaltung lokaler Pflichtbestandteile oder die Steuerung entlang lokaler Regularien.

Ob Cyber, geopolitische Unsicherheiten oder Naturgefahren: Welche Folgen haben diese Entwicklungen für die Deckungskapazitäten und das Underwriting?

Es ist immer so: Unsicherheiten führen grundsätzlich dazu, dass Bewertung und Zeichnung von Risiken restriktiver oder zurückhaltender gehandhabt werden. Allerdings sind die Betroffenheiten und Herausforderungen in den Branchen sehr unterschiedlich. Wir beobachten diese Entwicklungen genau und verhalten uns dann auch entsprechend differenziert.

Da uns das gelingt, zeigt das sehr gute Ergebnis, das wir dieses Jahr für Firmen verzeichnen konnten. Unsere Solvency II Ratio stieg 2024 auf 242%. Damit zeigen wir bei diesen beiden wichtigen Kriterien hohe Kontinuität und Verlässlichkeit.

Wurde auch eine Verschärfung der Underwriting-Richtlinien erwogen?

Aktuell sehen wir keine Notwendigkeit, unsere Underwriting-Richtlinien zu verschärfen oder anderweitig grundsätzlich zu ändern. Dadurch, dass wir aktuelle Entwicklungen laufend genau im Blick haben, können wir auch entsprechend rasch und fokussiert reagieren und müssen eben nicht grundlegend unsere Policy ändern.

Die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten erfordert maßgeschneiderte Versicherungslösungen. Welche besonderen Anforderungen stellen mittelständische Unternehmen an einen Versicherer, wenn sie grenzüberschreitend tätig sind?

Unsere Kundinnen und Kunden benötigen einfache Versicherungskonstrukte, idealerweise über einen Ansprechpartner organisiert. Die Anforderung an uns ist, eine gesamthafte Lösung und den Versicherungsschutz aus einer Hand anzubieten. International tätige Unternehmen benötigen eine adäquate Grunddeckung für ihr in Deutschland beheimatetes Unternehmen, O die als „Mastercover-Abdeckung“ über die lokalen Auslandspolicen gelegt wird. Unternehmen haben einen gleichbleibenden Ansprechpartner und können in Schadenangelegenheiten oder komplizierten Sachfragen in der Heimatsprache und im Heimatkontext agieren. Sie können sich darauf verlassen, dass ihre Auslandspolicen berücksichtigt werden, und auf die Allianz vertrauen.

Mit Niederlassungen in mehr als 70 Ländern bietet die Allianz Gruppe eine breite internationale Präsenz. Wie gewährleisten Sie dabei eine effiziente Schadenregulierung über Ländergrenzen hinweg?

Auslandsschäden werden nach lokalem Recht vor Ort abgewickelt. Über eine Rückversicherung innerhalb der Allianz werden diese lokal abgewickelten Schäden im deutschen Vertrag „sichtbar“. Der Unternehmer erhält Kenntnis und Transparenz und kann darauf vertrauen, dass die im Ausland angefallenen Schäden nach lokalen Gegebenheiten reguliert werden. Allianz Commercial bietet mit seinem breiten Netzwerk und einer durchgängigen IT-Infrastruktur ideale Voraussetzungen dafür.

Der Maklervertrieb spielt eine zentrale Rolle in der Beratung mittelständischer Unternehmen. Wie unterstützt Allianz Commercial Versicherungsmakler dabei, ihren Kunden maßgeschneiderte internationale Versicherungslösungen anzubieten? Gibt es spezielle digitale Tools für den Maklervertrieb?

Unsere Underwriter begleiten den Maklervertrieb und unsere Maklerhäuser individuell entlang ihrer Produkt- und Beratungsbedürfnisse. Sie verfügen über breite Expertise im deutschen Versicherungsgeschäft, um grundlegende Unterstützung zu bieten. Digitale Tools ermöglichen den Austausch unserer Underwriter mit internationalen Standorten, um rasch passende Lösungen für Unternehmen anzubieten. Mit ihrer Hilfe können wir eine allumfassende, internationale Kommunikation zwischen allen Beteiligten sicherstellen – von der Vertragsabstimmung über die Policenerstellung bis hin zum Schadenmanagement. Außerdem sind lokale Gegebenheiten wie Gesetze, Verordnungen oder Steuern immer zentral und aktuell abrufbar und werden ebenfalls über die gesamte Vertragsbeziehung hinweg berücksichtigt.

Internationale Versicherungs­lösungen sind oft komplex und erklärungsbedürftig. Wie erleichtert Allianz Commercial Maklern den Zugang zu diesen Produkten und sorgt somit für eine reibungslose Vermittlung an ihre mittelständischen Kunden?

Bei Allianz Commercial arbeiten wir eng zusammen: Gemeinsam mit der AGCS haben wir unsere Prozesse, Bedingungen und Informationen optimiert und an lokale Gegebenheiten wie Regularien oder das Abführen von Steuern angepasst, um tatsächlich bedarfsorientierte Lösungen für unsere mittelständischen Kunden anbieten zu können. Unsere Maklerhäuser und deren Kunden profitieren also von einer breiten Expertise in einem speziellen Geschäftsfeld.

Blick in die Zukunft: Welche Entwicklungen erwarten Sie im Bereich internationale Firmen­versicherungen in den nächsten fünf Jahren?

Die zunehmende Internationalisierung unserer Kundinnen und Kunden bleibt ein Trend für die kommenden Jahre. Sie wird das internationale Firmengeschäft wachsen lassen, darum ist es wichtig, sich gut aufzustellen. Das haben wir mit Allianz Commercial und seinem großen Netzwerk getan. Wir erwarten kontinuierliches Wachstum in diesem Bereich, zumal es wenige Versicherer gibt, die so breit präsent sind.

Seit Jahresbeginn leiten Sie übergangsweise den Maklervertrieb Sach für den deutschen Markt. Erklärtes Ziel ist die Stärkung des Maklervertriebs angesichts der veränderten Rahmenbedingungen. Was meint die Allianz damit konkret?

Gerade das internationale Firmengeschäft ist komplex und hat seine eigenen Spielregeln. Hierfür muss man also entsprechend aufgestellt sein. Wir versuchen bei der Allianz, diejenigen Rahmenbedingungen zu gestalten und zu verbessern, die wir auch selbst beeinflussen können. Es geht schließlich darum, profitabel zu wachsen, und das schaffen wir, indem wir Prozesse optimieren, die Produktivität im Vertrieb sicherstellen, und vor allem investieren wir in die persönliche und fachliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden. All das ist unser Rahmen, um erfolgreich zu sein.

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Ein Interview mit
Ulrich Stephan

Cyber-Versicherung: Warum Makler Spezialisten brauchen

Wenn Cyber-Vorfälle zu Top-Risiken werden, wächst auch die Erwartung an maßgeschneiderte Lösungen. Vermittler, die sich spezialisieren oder starke Partner an Bord holen, können bei Kunden punkten. Wie das geht, schildern Andre Krämer von Markel und Ole Siewerding von CyberDirekt.

Ein Artikel von mit Andre Krämer, Business Development Manager bei Markel, und Ole Siewerding, Geschäftsführer bei CyberDirekt

Es war ein ganz normaler Dienstagmorgen, als der IT-Leiter eines mittelständischen Maschinenbauunternehmens seinem Geschäftsführer eine klare Empfehlung aussprach: „Wir brauchen eine Cyber-Versicherung – und zwar nicht irgendeine. Ich kenne da jemanden.“ Die Geschäftsleitung war überrascht – nicht über die Idee an sich, sondern darüber, dass dieses Thema aus der IT-Abteilung kam. Wenige Tage später saßen sie mit einem spezialisierten Versicherungsmakler zusammen, den ein befreundetes IT-Systemhaus empfohlen hatte. Keine Broschüren, keine Standardtarife. Stattdessen: Risikoanalyse, IT-Sicherheitsfragen, differenzierte Deckungskonzepte.

Der Spezialmakler vermittelte nicht nur eine Police – er vermittelte Verständnis. Und genau das war der Beginn einer Partnerschaft, die nicht über klassische Vertriebskanäle zustande kam, sondern über den wachsenden Einfluss der IT auf unternehmerische Entscheidungen. Ein Einzelfall? Keineswegs.

Vom Nischenthema zur strategischen Aufgabe

Cyber-Vorfälle gehören inzwischen zu den größten Geschäftsrisiken für Unternehmen jeder Größe. Dennoch herrscht bei vielen Vermittlern eine gewisse Zurückhaltung, wenn es um das Thema Cyberversicherung geht. Zu technisch, zu komplex, zu dynamisch – und bei der Schadenregulierung vermeintlich zu unberechenbar. Gleichzeitig registrieren IT-Dienstleister und interne IT-Verantwortliche einen starken Anstieg an Kundenanfragen rund um Cyber-Absicherung.

Das Spannende daran: Die Initiative geht häufig nicht mehr vom Unternehmer oder gar vom Versicherungsvermittler aus – sondern direkt von den IT-Abteilungen. Diese suchen gezielt nach Versicherungsmodellen, die ihre Sicherheitsarchitektur sinnvoll ergänzen. Vermittler, die diesen Trend erkennen, können eine neue Tür öffnen: nämlich die zur Zusammenarbeit mit spezialisierten Partnern – Maklern wie Versicherern –, die das Thema in der Tiefe beherrschen.

Spezialisten als Hebel: Know-how, Netzwerk und Schnelligkeit

Was unterscheidet einen Spezialmakler oder Spezialversicherer vom klassischen Anbieter? Vor allem drei Dinge:

  • Fachliche Tiefe: Spezialmakler kennen die Fallstricke und Herausforderungen in der Cyber-Versicherung aus der täglichen Praxis – von IT-Risikofragen über Incident Response bis zur Schadenregulierung. Sie können Vermittler entlasten, wenn es um die fachlich fundierte Risikoerfassung geht. Rund zwei Drittel (64%) der Anbieter prüfen mit nur einer Frage gleich mehrere Anforderungen. So stellt ein Versicherer beispielsweise sechs Risikofragen, die tatsächlich zwölf unterschiedliche technische sowie allgemeine Anforderungen an den IT-Reifegrad einer Organisation stellen. Die Anzahl der Risikofragen zeigt somit nicht, wie leicht sie zu beantworten sind.
  • Zugang zu maßgeschneiderten Produkten: Viele Spezialversicherer – etwa Markel – bieten Tarife, die auf spezifische Branchen oder IT-Konstellationen abgestimmt sind, mit modularem Aufbau oder integrierten Präventionsleistungen. Diese sind nicht immer über den klassischen Versicherer abrufbar, aber oft entscheidend für eine passgenaue Absicherung. CyberDirekt hat Zugriff auf alle relevanten Cyber-Anbieter am Markt und sieht extreme Unterschiede in den Produkten. Modulare Produkte und Bausteine bieten die Möglichkeit, den Deckungsschutz auf die individuellen Kundenbedürfnisse zuzuschneiden.
  • Schnelligkeit durch Tools: Der Markt ist dynamisch – neue Anbieter, veränderte Bedingungen, technische Innovationen. Vergleichsplattformen und digitale Tools spielen eine immer größere Rolle. Sie helfen Vermittlern, schnell fundierte Entscheidungen zu treffen und im Beratungsprozess den Überblick zu behalten – ohne selbst tief in alle Detail­fragen einsteigen zu müssen.
Vertrieb neu gedacht: Vom Risikopartner zum IT-Vernetzer

Viele Vermittler verstehen sich heute als ganzheitliche Risikoberater. Doch gerade bei neuen Themen wie Cyber zeigen sich die Grenzen des eigenen Wissens oder Portfolios. Hier liegt der Schlüssel zur Zusammenarbeit: Wer sich als Vermittler mit einem erfahrenen Spezialmakler zusammentut oder auf Tarife von Spezialversicherern zurückgreift, kann selbstbewusst und kompetent im Kundengespräch auftreten – auch ohne IT-Experte zu sein.

Ein zusätzlicher Vorteil: Die Tür zum Kunden muss nicht immer der Geschäftsführer sein. Über Netzwerke mit IT-Systemhäusern, Datenschutzberatern oder externen CISOs (Chief Information Security Officer) ergeben sich neue Gesprächsanlässe. Wer hier mit fundierten Lösungen aufwartet, schafft Vertrauen – und eröffnet sich ein dauerhaft relevantes Geschäftsfeld.

Fazit: Spezialisten als Erfolgsfaktor im Cyber-Geschäft

Für viele Vermittler ist Cyber noch ein unbekanntes Terrain. Markels Rolle als Spezialversicherer ist, nicht nur Tarife zu liefern, sondern auch das Wissen, das Vermittler im Kundengespräch stärkt.

Cyberversicherung ist längst kein Zusatzprodukt mehr – sie wird zunehmend zur Pflichtkomponente im Risikomanagement. Gleichzeitig steigt die Erwartungshaltung an Fachkompetenz, Geschwindigkeit und Individualisierung. Für Vermittler heißt das: Entweder selbst tief einsteigen – oder sich mit Partnern zusammenschließen, die bereits tief drin sind.

Die Zusammenarbeit mit Spezialmaklern und Spezialversicherern ist kein Eingeständnis von Schwäche, sondern ein Ausdruck von Kundenorientierung. Wer als Vermittler diese Brücke schlägt, kann nicht nur die Nachfrage bedienen, sondern sich auch zukunftssicher im Markt positionieren.

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Ein Interview mit
Andre Krämer
Ole Sieverding

Wann schließt die Gen Z Versicherungen ab?

Sirius Campus hat sich mit der „Gen Z im Versicherungsmarkt“ befasst und geht dabei auf Lebenswelten und Medienverhalten der jungen Generation ein. Zu welchen Gelegenheiten schließt die Gen Z eine Versicherung ab? Wo findet Werbekontakt statt? Ein besonderes Augenmerk liegt diesmal auf TikTok.

Laut der aktuellen Sirius Campus-Marktuntersuchung „Gen Z im Versicherungsmarkt“ sehen 66% der jungen Leute im Alter zwischen 16 und 30 Jahren ihre eigene Zukunft optimistisch. Das sind mehr als vor zwei Jahren, wo dies 58% taten. Als Chancen empfindet die Gen Z für sich besonders den Vermögensaufbau (54%), gesundheitliche Versorgung sowie die Gründung einer Familie mit Kindern (47%). Im Beruflichen wittern 45% gute Karrierechancen, Chancen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (44%) und die Selbstverwirklichung im Beruf (40%).

Herausforderungen für die Jugend

Als Herausforderungen gelten bei vielen hohe Wohnkosten und Immobilienpreise (65%), zu wenig Geld oder Zeit für Reisen und Freizeit (45%) sowie finanzielle Engpässe (36%). Das Thema Nachhaltigkeit nimmt laut Sirius Campus eher eine nachgelagerte Rolle ein.

Chancenorientierte Lebenseinstellung führt zu höherem Absicherungsbedürfnis

Sirius Campus betont den Zusammenhang, der zwischen dem optimistischen Blick in die eigene Zukunft und dem Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung besteht. Eine chancenorientierte Lebenseinstellung führe auch zu einem höheren Absicherungsbedürfnis. Die befragten jungen Menschen besitzen demnach bereits mehr Versicherungen und planen auch mehr Versicherungsabschlüsse.

So viele Versicherungsverträge hat die Gen Z

Für den Abschluss von Versicherungen ist das Alter in Verbindung mit Lebensereignissen ein entscheidender Faktor. 16– bis 18-Jährige haben laut dem Kölner Forschungs- und Beratungsinstitut lediglich rund zwei Verträge, die oft auch noch von ihren Eltern für sie abgeschlossen wurden. Bei den 28– bis 30-Jährigen – der ältesten Gruppe der Gen Z – sind es dann bereits rund vier Verträge. Besonders private Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Versicherungen hat diese älteste Gruppe abgeschlossen. Die erste Versicherung wird übrigens jeweils zu rund zwei Fünfteln bei einem Vermittler oder direkt inklusive Vergleichsportal abgeschlossen.

Ereignisse, die zum Versicherungsabschluss führen

Am wahrscheinlichsten ist der Versicherungsabschluss im Rahmen von Ereignissen wie Autokauf, längerer Auslandsaufenthalt oder der Geburt eines Kindes. Auch z. B. der Berufseinstieg oder die Eröffnung eines Girokontos können einen Versicherungsabschluss nach sich ziehen. Darüber hinaus erhöhen selbst erlebte Schäden und Unfälle oder solche im sozialen Umfeld die Bereitschaft, eine Versicherung abzuschließen.

Beratungsgespräche bei Vermittlern sind erfolgreicher, wenn diese mit einer ausführlichen Risiko- und Vorsorgeanalyse möglichst über zwei Termine hinweg realisiert werden, heißt es von Sirius Campus.

„Lebensereignisse sind ein Türöffner für Kommunikation. Mit Content-Marketing rund um ein Lebensereignis können Versicherer ihre besonderen Marken- und Produktvorteile wirksamer verbreiten“, so Dr. Oliver Gaedeke, Geschäftsführer von Sirius Campus.

Auf TikTok gesehen – Versicherung abgeschlossen?

Auch informative TikToks von Versicherern, die auf den Nutzen einer bestimmten Versicherung eingehen, schaffen es häufig, dass sich die jungen Leute über das Angebot genauer informieren. Erklärende Filme konnten von einer Auswahl getesteter TikToks junge Leute besonders stark aktivieren, beispielsweise R+V Versicherung zur Hausratversicherung, Allianz zur Altersvorsorge und Deutschen Familienversicherung und HUK24 beide zur Haftpflichtversicherung.

„Der Aufbau von Wissen über mögliche Risiken und wie eine Versicherung im Ernstfall hilft, verbessert die Vorstellungen über die Sinnhaftigkeit von Versicherungen. Das motiviert junge Leute für einen Versicherungsabschluss am stärksten“, sagt Gaedeke.

Humorvollere TikToks konnten die Markenpräsenz (Proven Recall) der Anbieter mithilfe einer lustigen Story ausbauen, z. B. Debeka, Nürnberger oder Zurich. Jedoch kam es aufgrund kurzer und lustiger TikToks von Versicherern eher weniger zur Kontaktaufnahme, da die Erwartungen der Gen Z an eine Versicherermarke enttäuscht wurden.

Über die Sirius Campus Marktuntersuchung „Gen Z im Versicherungsmarkt“

Für die Sirius Campus Marktuntersuchung „Gen Z im Versicherungsmarkt“ wurden 1.626 16– bis 30-Jährige (Gen Z) in einer repräsentativen Online-Befragung im April 2025 und vertiefend in zwölf qualitativen Interviews befragt. Inhaltlich geht es insbesondere um Lebenswelten, Medienverhalten, Werbekontakt, Versicherungsabschluss, Markenerwartungen, Wirkung von Werbebotschaften und TikToks. (lg)

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Die Versicherer mit den höchsten Beschwerdequoten

Die BaFin hat wieder ihre jährliche Beschwerdestatistik veröffentlicht. Darin ist die Anzahl der bearbeiteten Beschwerden der deutschen Versicherungsbranche, sortiert nach Sparten und Versicherern, gelistet. Die Beschwerdezahlen sind durchgehend niedrig.

Seit Jahren veröffentlicht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine nach Versicherungsunternehmen und -sparten aufgeschlüsselte Beschwerdestatistik. Die Statistik gibt an, wie viele Beschwerden die BaFin im Jahr 2024 für den Geschäftsbereich der Versicherungsaufsicht abschließend bearbeitet hat.

Generell sind die Beschwerdequoten in der deutschen Versicherungswirtschaft niedrig. In Relation zum Bestand geht laut BaFin-Statistik bei vielen Unternehmen der Beschwerdeanteil gegen 0% mit teilweise nur 0,001% Beschwerden. Dies gilt über alle Sparten hinweg. Um ein besseres Bild zu bekommen, sind die folgenden Verhältnisse auf die Anzahl der Beschwerden pro 100.000 Versicherungsverträge hochgerechnet.

Die Beschwerdequoten im Leben-Bereich

In der Sparte Leben ist der „Spitzenreiter“ die Entis Lebensversicherung AG mit 14,3 Beschwerden auf 100.000 Versicherte, gefolgt von der Skandia Leben mit 13,6 Beschwerden pro 100.000 Versicherte. Die Heidelberger Lebensversicherung wird dann schon einstellig mit 8,4 Beschwerden. Die Proxalto Lebensversicherung hat mit 179 Beschwerden die absolut betrachtet meisten Beschwerden im Leben-Geschäft, weist jedoch auch mit 2,87 Mio. Versicherten einen größeren Bestand auf. Auf 100.000 Versicherte kommen hier 6,23 Beschwerden. Die Gesamtzahl der Beschwerden im Leben-Bereich beläuft sich auf 1.163.

Beschwerden in der PKV

Die private Krankenversicherung hat ebenso nur 1.027 Beschwerden vorzuweisen – zieht man die 22 bei der DFV Deutschland ab, da diese keine Angaben zu ihrem Bestand gemacht hatte, so sind es nur 1.005. Das ist zwar ein Anstieg im Vergleich zu den 2023 nur 729 bearbeiteten Beschwerden, jedoch ist die Anzahl nach wie vor sehr niedrig, vor allem verglichen mit den Beschwerdezahlen zu Beginn der Statistik 2004: Damals hatte man 3.775 Beschwerden bearbeitet.

Die höchste Beschwerdequote bei den Krankenversicherern mit einem Bestand von über 100.000 Versicherten hat die INTER mit 14,6 Beschwerden pro 100.000, gefolgt von der Landeskrankenhilfe mit 7,9. Die drittmeisten Beschwerden gingen im Bereich Kranken bei der AXA ein mit einer Quote von rund 6,6.

Weiterhin hatten die SIGNAL IDUNA Krankenversicherung und die Hallesche Krankenversicherung Beschwerdequoten von 5,0 bzw. 4,6 pro 100.000 Versicherte zu vermelden.

Gut 2.000 Beschwerden im Kfz-Bereich

In der Kfz-Sparte hat die BaFin im Jahr 2024 2.320 Beschwerden abschließend bearbeitet. Die höchste Quote hatte hier die HDI Global SE mit 37 Beschwerden auf 429.507 Versicherte, also auf 100.000 Versicherte eine Quote von rund 8,6. Danach folgt die Bavaria Direkt mit 7,2 sowie die Itzehoer mit rund 5,6. Die HDI Versicherung sowie AXA Easy müssen ebenfalls eine Beschwerdequote von über 5 pro 100.000 Versicherte hinnehmen.

Die meisten Beschwerden kamen von Kunden der HUK COBURG, nämlich 310. Allerdings verfügt diese auch über einen Bestand von über 11 Millionen.

Wenig Beschwerden in der Wohngebäudeversicherung

Die höchsten Beschwerdequoten in der Sparte Wohngebäude gehen weitläufig an Versicherer mit einem kleinen Bestand, so bspw. die GVO Versicherung oder Feuersozietät. Von den größeren Versicherern hat eine vergleichsweise höhere Beschwerdequote pro 100.000 Versicherer die AXA (5,5) und die Gothaer (5,1), die hier noch eigenständig geführt wird. Insgesamt gab es in der Wohngebäude-Sparte 382 Beschwerden, die die BaFin vergangenes Jahr abschließend bearbeitet hat.

Nicht in den Statistiken aufgeführt werden Unternehmen, die zwar den entsprechenden Versicherungszweig betreiben, über die im Berichtsjahr aber keine Beschwerden eingegangen sind.

Die Ergebnisse der Beschwerdestatistik können auf der Website der BaFin eingesehen werden. (mki)

 

Embedded Insurance: Marktchancen und Kundenerwartungen

Eingebettete Versicherungen bieten der Assekuranz durch nahtlose Integration in den Kaufprozess enorme Potenziale. Um diese einzulösen, bedarf es eines differenzierten Blicks auf passende Produktsegmente, Zielgruppen, Erfolgstreiber und Hürden.

Ein Artikel von Dr. Torsten Melles, Managing Partner bei NORDLIGHT research Research, und Theodor Waber, Geschäftsführer bei Waber Consulting

Das Grundkonzept der eingebetteten Versicherung ist seit dem 19. Jahrhundert ein bewährter Klassiker. Heute, im digitalen Zeitalter, schreibt man dem Ansatz sogar das Potenzial eines Gamechangers zu. Eine weltweite Schätzung von DataHorizzon Research sieht für Embedded Insurance ab 2025 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 22,6% pro Jahr. 2033 soll das Marktpotenzial bei etwa 512 Mrd. US-Dollar liegen. Für den deutschen Markt sieht auch der GDV deutliche Wachstumsmöglichkeiten.

Für welche Produkte besteht Marktpotenzial?

Die Ergebnisse der Studie „Versicherung von Gegenständen und Embedded Insurance“ von NORDLIGHT research zeigen: 11% der deutschen Versicherungsentscheider haben 2024 in Kaufprozessen bereits Erfahrungen mit Embedded Insurance gemacht. Auf den vorderen Plätzen rangieren hier die Produktkategorien Smartphone/Tablet/Notebook (gut ein Viertel der Nennungen), gefolgt von Reise/Mietwagen, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten. Etwas seltener ist das Angebot einer Embedded Insurance beim Kauf von Produkten wie Brillen, Fahrräder/E-Bikes oder Konzertkarten aufgefallen. Die meisten, die sich an Embedded-Insurance-Angebote erinnern, haben ein entsprechendes Produkt abgeschlossen und sich bewusst dafür entschieden. Nur 7% fühlten sich dazu gezwungen, da die Versicherung mit dem Kauf fest verknüpft war.

Die Produktsegmente Fahrräder/E-Bikes, Brillen und Smartphones zählen zu denjenigen, die zukünftig das größte Potenzial bieten, wenn man die Kauffrequenz des Produktes und die Versicherungsabsicht berücksichtigt.

Für die Erschließung gänzlich neuer Zielgruppen können neue Konzepte wie Cyberschutz, Shopping-Schutz oder Social-Media-Schutz positioniert werden. Tests dieser drei Ideen zeigen moderate Zustimmungswerte, aber die neuen Konzepte werden als sehr „unique“ eingestuft.

Jüngere Zielgruppen deutlich affiner

Verbraucherseitig wird das Konzept Embedded Insurance derzeit noch ambivalent beurteilt: Während ein Drittel der Versicherungsentscheider es positiv einschätzt, lehnen es 28% ab. Viele zeigen sich bisher noch unentschieden.

Besonders hoch ist die Affinität in den jüngeren Zielgruppen 18 bis 29 Jahre und 30 bis 39 Jahre ausgeprägt (44 bis 48%). Mit zunehmendem Alter überwiegt jedoch eine ablehnende Haltung, und eine Beurteilung als „ausgezeichnet/sehr gut“ geben bei Personen ab 60 Jahren nur noch 18%.

Mehr Information und Beratung gewünscht

Offensichtlicher Bedarf besteht für eine ausführlichere Information und Beratungssupport, insbesondere im Online-Kanal: Im Gegensatz zum Versicherungsabschluss beim Kauf vor Ort (Abschlussquote: 72%) lehnen 51% der Befragten den Versicherungsabschluss beim Kauf im Internet ab.

65% waren der Meinung, dass sie keinen Versicherungsschutz für ihr Produkt benötigen. Insbesondere mit Blick auf Internetkäufe bestehen Optimierungspotenziale in puncto Abschlussstrecken und Online-Informationen/Angebote.

Lediglich 17% haben im Kaufkontext keine eingebettete Versicherung abgeschlossen, weil sie bereits eine besitzen.

Showstopper: Was besonders kritische Kundenerlebnisse sind

Vielfach fehlt Embedded-Insurance-Ansätzen noch die Kundenperspektive. Gründe für den Nicht-Abschluss liegen beispielsweise in fehlender Bedenkzeit, einem nicht ausreichenden Versicherungsumfang, zu hohen Prämien oder Unklarheiten und einem fehlenden Ansprechpartner für Fragen.

Kritisiert wird beispielsweise, „dass einem das Produkt im Rahmen des Kaufprozesses versucht wird aufzuschwatzen“ und „es gibt keine Möglichkeit abzuschätzen, ob es sich hierbei um ein faires Angebot handelt. Es fehlt die Vergleichsmöglichkeit“.

Auch eine fehlende oder schlechte Beratung, mangelndes Wissen des Verkäufers, Kleingedrucktes oder unbekannte Konditionen werden als Gründe für eine Ablehnung angeführt. Bemängelt wird zudem, dass man einen Gegenstand oft scheinbar nur zusammen mit der Versicherung erwerben kann – dies wird teilweise auch als unseriös wahrgenommen. Auch die Verärgerung über den Versicherungsabschluss im Nachhinein wird als ein Grund für negative Kunden­erlebnisse angeführt.

Erfolgstreiber und Hürden: Worauf bei der Konzeption und Vermarktung zu achten ist

Automatisierte End-to-End-Prozesse sind unabdingbar, da für Embedded Insurance aus Verbrauchersicht in erster Linie die Convenience spricht: Man muss sich nicht selbst kümmern und hat alles in einem Schritt erledigt. Wichtig ist, dass der Abschluss einfach und bequem, praktisch und schnell ist.

Auch eine hohe Transparenz kann einen deutlichen Benefit am Markt darstellen: Die Verbraucher legen viel Wert auf eine unabhängige Darstellung von Vor- und Nachteilen vor dem Abschluss. Um dem erlebten Druck eines sofortigen Abschlusses entgegenzuwirken, sollte die Möglichkeit bestehen, die Versicherung beim Händler auch nach dem Kauf noch abschließen zu können.

Eher als Hygienefaktoren sind Forderungen nach einem umfassenden Versicherungsschutz, einer angemessenen Prämie und einer Beitragsgarantie/Beitragsstabilität einzuordnen. Für einen echten Wettbewerbsvorteil könnten hingegen Angebote mit einer „Geld-zurück-Garantie“ in Verbindung mit einer Testphase oder einer „Kulanzgarantie“ sorgen.

Zum nötigen Vertrauen tragen bei vielen Verbrauchern gute Testurteile bei. Erst in zweiter Linie gilt dies auch für gute Bewertungen durch andere Käufer; diese überzeugen in erster Linie die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen.

Last, but not least gilt es, den richtigen Preispunkt zu setzen: Generell liegt die Preisbereitschaft für Produkte bis 500 Euro zwischen 10 und 39 Euro, bei hochpreisigen Produkten zeigt sich Luft nach oben. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen für eine zielgruppen- und risikoadjustierte Produktgestaltung und auskömm-liche Vertriebsprovisionen.

Die Bekanntheit des Anbieters wird zwar als vergleichsweise unwichtig beurteilt, beim Abschluss einer Embedded Insurance könnte eine bekannte Marke zusätzliches Vertrauen stiften und das Risiko einer Ablehnung des Versicherungsproduktes reduzieren. So bescheinigt man großen Versicherungsmarken mit bis zu 80% eine sehr hohe Akzeptanz – jedoch steht man einzelnen etablierten Anbietern mit in der Spitze knapp 40% teils auch ablehnend gegenüber. Im Falle der Auswahlmöglichkeit verschiedener Versicherungsanbieter im Kaufprozess wären für die Versicherungsentscheider die Allianz, HUK-Coburg und der ADAC die Top 3 der besonders bevorzugten und akzeptierten Produktgeber für Embedded Insurance.

Fazit: Kundenbrille aufsetzen!

Das Wachstumspotenzial für eingebettete Versicherungen ist enorm, da sie in einer zunehmend digitalisierten Welt eine nahtlose Integration von Versicherungslösungen in alltägliche Dienstleistungen und Produkte ermöglichen. Ein Selbstläufer ist Embedded Insurance jedoch nicht. Zur Entfachung größerer Begeisterung gilt es, in der Konzeption und Vermarktung noch stärker als bisher die Kundenbrille aufzusetzen.

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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Dr. Torsten Melles
Theodor Waber