Hunter-Farmer-Modell steigert Effizienz im Maklervertrieb
Ein Artikel von Fabienne Pittner, Senior Consultant, und Gregor Morin, Senior Manager bei zeb Consulting
Die Dynamik aus Marktumfeld und Maklermarkt prägt die Geschäftsmodelle der Versicherer stärker denn je. Seien es Inflation, die unter anderem die Schadenaufwendungen steigen lässt, oder Fachkräftemangel und Regulatorik, die ebenso den Druck auf eine transparente und effiziente Ausrichtung des Versicherers erhöhen.
Mit explizitem Blick auf den Maklervertrieb kommen weitere Einflüsse und Dynamiken hinzu: Konsolidierungen, beispielsweise aufseiten der Pools oder Großmakler, werden durch Private-Equity-Unternehmen beschleunigt. Damit verstärken sich die Marktmacht und Verhandlungsposition gegenüber Versicherern. Gleichzeitig treiben Makler den digitalen Wandel voran, setzen auf innovative Tools zur Optimierung ihrer Beratung und fordern nahtlose Integration seitens der Versicherer. Vor diesem Hintergrund ist es zunehmend wichtiger, die Zusammenarbeit mit Maklern aktiv zu stärken, um zum einen deren Zufriedenheit und Bindung zum Unternehmen zu erhöhen, zum anderen kann eine strategische Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Maklervertriebs dem steigenden Kostendruck entgegenwirken und zusätzliches Umsatzpotenzial schaffen.
Spannungsfeld Kostendruck und Notwendigkeit zur Umsatzsteigerung
Um sich im zuvor beschriebenen Spannungsfeld behaupten zu können und profitables Umsatzwachstum generieren zu können, setzen Versicherer verschiedene Strategien um – von der Einführung alternativer Provisionsmodelle bis hin zur Optimierung des Portfolios. Diese Maßnahmen wirken sich in der Regel zwar positiv auf die Kostenquote aus, können jedoch ebenso negative Auswirkungen auf das Neugeschäft haben.
Ein Ansatz, der immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist, die Betreuungsstruktur im Maklervertrieb einem „Fitness-Check“ zu unterziehen und bei Bedarf anzupassen.
Marktbeispiele für Neuaufstellungen
Als Beispiel zu nennen ist zum einen die Allianz Lebensversicherung, die ihren Maklervertrieb durch die Bildung von Segmenten neu ausgerichtet hat, die auf Grundlage spezifischer Anforderungen der Maklerinnen und Makler gebildet wurden. Maklerbetreuerinnen und -betreuer sind nur noch einem dieser Segmente zugeordnet, damit sie die Anforderungen und Wünsche ihrer jeweiligen Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner gezielt bedienen können.
Ebenso hat Dialog, der Maklerversicherer der Generali in Deutschland, bereits Anfang 2023 ein zielgruppenorientiertes Betreuungskonzept eingeführt. Auch AXA hat den Maklervertrieb bereits 2021 strategisch neu aufgestellt: Die Maklervertriebswege Komposit und Personenversicherung wurden zusammengelegt und ein neuer Bereich „Vertriebsangebotsmanagement und Innovation“ (VAMI) geschaffen, der unter anderem die Entwicklung vertriebswege- und spartenübergreifender Angebote sowie die Generierung moderner Vertriebs- und Verkaufsformen im Fokus hat. Diese Marktbeispiele spiegeln bereits erste Schritte einer Neuausrichtung im Maklervertrieb wider.
Dabei gilt es, eine Gratwanderung zwischen verbesserter Betreuung und schlankerer Aufstellung sicherzustellen.
Wie gelingt die Neuaufstellung der Betreuungsstruktur?
Eine Möglichkeit, die Betreuungsstruktur unter Berücksichtigung von Prozesseffizienz- und Servicegesichtspunkten neu zu gestalten, ist die Etablierung eines sogenannten Hunter-Farmer-Modells, bei dem die „Hunter“-Rolle auf klassische Neukundengewinnung fokussiert ist, während sich die „Farmer“-Rolle um Betreuung und Ausbau bestehender Kundenbeziehungen kümmert. Hierbei werden klare Funktionsschwerpunkte aus den spezifischen Anforderungen der Makler je Phase in der Vermittler-Journey identifiziert und die vertrieblichen Funktionen auf ihre Kernkompetenzen verdichtet. So stehen in der Onboarding- und Reaktivierungsphase akquisitorische Aktivitäten, persönlicher Kontakt und das Führen von Verhandlungen im Fokus. In der Produktionsphase hingegen spielen vertriebsunterstützende und administrative Aktivitäten eine übergeordnete Rolle, z. B. die zeitnahe Bearbeitung von Angebotsanfragen (ggf. mit Einbezug entsprechender Spezialisten), die Entwicklung von Verkaufskonzepten zur Steigerung des Vertriebserfolgs und die Verwaltung von Maklerverträgen.
Kern des Modells bilden die beiden Funktionsgruppen, die sogenannten Hunting-Funktionen und Farming-Funktionen:
- Hunting-Funktionen konzentrieren sich sowohl auf die Akquise neuer Kunden als auch auf die Reaktivierung von Kundenbeziehungen in ihrem Segment und tragen durch aktive Pflege und Ausweitung ihres Netzwerks zum Ausbau von Marktanteilen bei.
- Farming-Funktionen leisten vor allem fachliche Unterstützung und sorgen durch hohe Erreichbarkeit, schnelle Reaktionszeit und pragmatische Problemlösungskompetenz für Kundenzufriedenheit.
Was sind die Erfolgsfaktoren?
Damit das Hunter-Farmer-Modell erfolgreich etabliert werden kann und zu einer Umsatzsteigerung ebenso wie zu gesteigerter Prozesseffizienz beiträgt, sind drei wesentliche Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen:
- Klare Definition der Rollen: Eine klare Rollendefinition hilft dabei, die jeweiligen Stärken und Fähigkeiten der Mitarbeitenden zielgerichtet einzusetzen und durch entsprechendes Schulungsangebot weiterzuentwickeln, wodurch Effizienz und Effektivität der beiden Gruppen gesteigert wird.
- Optimierung von Prozessen und Kommunikation: Prozesse und Übergabepunkte müssen so abgestimmt sein, dass sowohl die Zusammenarbeit der Funktionen gefördert wird als auch Vermittleranliegen reibungslos bearbeitet werden (u.a. auch mithilfe eines geeigneten CRM-Systems).
- Ausrichtung auf Zielgruppen: Sowohl Hunter- als auch Farmer-Funktionen sollen auf geeignete Zielgruppen zugeschnitten sein, um sowohl Akquise als auch Betreuung effektiv zu gestalten und Markttrends und -entwicklungen im jeweiligen Segment gezielt beobachten und nutzen zu können.
Darüber hinaus sollten weitere Faktoren berücksichtigt werden wie beispielsweise die Vereinbarung von Service Level Agreements oder die klare Abgrenzung der jeweiligen Verantwortungsbereiche.
Fazit
Die Projekterfahrung von zeb zeigt, dass Versicherer mit der Etablierung des Hunter-/Farmer-Modells im Maklervertrieb nicht nur Kosteneinsparungen von bis zu 20% bei einem gleichzeitigen Umsatzwachstum von durchschnittlich 10% erzielen konnten. Ebenso wurde die Zufriedenheit ihrer Makler aufgrund der bedarfsorientierten Ausrichtung auf deren spezifische Anforderungen entlang der Vermittler-Journey gesteigert, was sich in regelmäßigen Top-Platzierungen unter „Maklers Liebling“ widerspiegelt. Erste Anbieter am Markt haben entsprechende Anpassungen ihrer Betreuungsstrukturen bereits vorgenommen und es ist zu erwarten, dass weitere folgen werden.
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Grafik: © zeb Consulting

