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13. August 2025
Bestandssanierung: Neodigital trennt sich von Verträgen
Bestandssanierung: Neodigital trennt sich von Verträgen

Bestandssanierung: Neodigital trennt sich von Verträgen

Der geplante Abschied von ausgewählten SHU-Verträgen bei Neodigital sorgt bei Versicherungsvermittlern für Unmut. Der Versicherer betont, nur ein kleiner Teil des Bestands sei betroffen, zugleich soll mit Tarifüberarbeitungen der Fokus wieder auf das Neugeschäft gelegt werden.

Die Neodigital Versicherung AG wird sich zum 01.01.2026 von ausgewählten Verträgen trennen. Betroffen sind sämtliche SHU-Sparten. Nach Angaben des Unternehmens soll dieser Schritt den aktuellen Markt- und Kostenentwicklungen Rechnung tragen.

„Mit dieser Maßnahme, die nur einen niedrigen einstelligen Prozentsatz unserer Verträge betrifft, stellen wir unseren Gesamtbestand zukunftssicher auf. Unsere Aufgabe ist es, immer im Sinne des Versichertenkollektivs zu handeln – dazu gehört es auch Verträge zu identifizieren, die für das Kollektiv nicht langfristig tragfähig sind. Mit der gleichzeitigen Überarbeitung unserer Neugeschäftstarife stellen wir uns zudem auch für das Neugeschäft noch zielgerichteter auf“, erklärt Stefan Wirtz, Vertriebsvorstand der Neodigital Versicherung AG.

Gegenüber AssCompact erklärt Wirtz, dass es sich bei den Vertragskündigungen um ein marktübliches Vorgehen handele. Betroffen sei lediglich ein sehr kleiner Teil des Bestands – weniger als 3% der deutlich über 400.000 bestehenden Verträge.

Trotz Vorlaufzeit wächst der Ärger bei Vermittlern

Aktuell informiert Neodigital Versicherungsvermittler über die betroffenen Verträge. Damit bleiben mehrere Monate Zeit, um Lösungen für die Versicherten zu finden. Ab Mitte September werden auch die Kunden schriftlich von den Änderungen in Kenntnis gesetzt. Dennoch könnte dieser Schritt das Vertrauen in InsurTech-Unternehmen weiter beeinträchtigen. Trotz der vorhandenen Vorlaufzeit zeigen sich viele Vermittler verärgert, insbesondere dann, wenn sie erst kürzlich Verträge auf Neodigital umgedeckt haben.

Wirtschaftliche Gründe für die Bestandssanierung

Wirtz verweist im Austausch mit AssCompact auf das aktuelle wirtschaftliche Umfeld als wesentlichen Grund für die Bestandssanierung. Neben einer allgemeinen Kostensteigerung sehe sich die Versicherungsbranche mit deutlich gestiegenen Drittkosten konfrontiert. Dies betreffe vor allem die Schadenregulierung. Hier wirkten sich Inflation, höhere Materialpreise, steigende Löhne etwa im Handwerk sowie neue gesetzliche Vorgaben spürbar aus. Eine Entwicklung, die auch andere Versicherer nur allzu gut kennen.

Die Sanierung sei vor dem Hintergrund der Marktentwicklungen notwendig, so Wirtz. Im Rahmen der Analyse auf Einzelvertragsebene hat Neodigital unter anderem auf eine Regressionsanalyse zurückgegriffen. Hierbei handelt es sich um ein komplexes datenbasiertes Verfahren, mit dem aktuariell geprüft wird, welche Merkmale eines Vertrags systematisch mit hohen Schadenaufwendungen zusammenhängen. Dabei geht es zum Beispiel um die Kombination aus Gebäudetyp, Lage, Baujahr, Nutzung, Vorschäden im Gebiet, Familienstand, Alter des Versicherungsnehmers, Gefahrengruppe, Hunderasse und anderen Daten. Das Verfahren erkennt Muster, die auf ein erhöhtes Risiko hindeuten, und zwar auch dann, wenn ein einzelner Vertrag bisher schadenfrei ist.

Strategische Weichenstellung für das Neugeschäft

Gleichzeitig betont Wirtz, dass neben der Bestandssanierung gerade auch der Weg für die künftige Ausrichtung geebnet wird. So sollen die Neugeschäftstarife demnächst überarbeitet und risikogerecht am Markt platziert werden. Und: „Selbstverständlich möchten wir in allen SHU-Sparten auch weiterhin signifikantes Neugeschäft schreiben.“ (bh)